Steuerreform: Pauschale Kürzung aller Subventionen um 10 Prozent / Staatliche Personalausgaben begrenzen
(Köln) - Wenn die dritte Stufe der Steuerreform statt 2005 schon 2004 kommt, fehlen dem Staat zunächst knapp 18 Milliarden Euro in der Kasse. Deshalb müssen alle öffentlichen Ausgaben auf den Prüfstand. Mit etwas gutem Willen und einer Portion Durchsetzungsvermögen etwa bei der Kürzung von Finanzhilfen könnten mehr als 24 Milliarden Euro eingespart werden; der Reform stünde zum Jahreswechsel nichts mehr im Wege. Das geht aus dem in Kürze erscheinenden IW-Dossier Nr. 23 zum Thema "Steuerreform" hervor.
Falls die Steuerreform vorgezogen wird, haben die Steuerzahler Unternehmen wie Privatleute im Jahr 2004 nicht nur 17,8 Milliarden Euro mehr in den Taschen. Hinzu kommen die 6,6 Milliarden Euro aus dem Flutopfersolidaritätsgesetz, das ohnehin zum Jahresende ausläuft. Der Körperschaftsteuersatz wird wieder von 26,5 auf 25 Prozent gesenkt, und die zweite Stufe der Steuerreform, die für 2003 vorgesehen war, tritt nun in Kraft.
Zusammengerechnet würden die Haushalte und Unternehmen im Jahr 2004 um rund 24,4 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr entlastet dies sind gut 5 Prozent des gesamten Steueraufkommens.
Eine solche Geldschwemme wäre in der Tat geeignet, die pessimistischen Erwartungen aufzuhellen und die Investitions- wie die Konsumnachfrage zu beleben. So würde ein Lediger ohne Kinder mit einem Jahresbruttolohn von 30.000 Euro im kommenden Jahr 567 Euro mehr in der Tasche haben als 2003. Bei einem Verheirateten mit zwei Kindern wären es sogar 612 Euro.
Doch bekanntlich wird keine Rechnung ohne den Wirt gemacht, und der heißt in diesem Fall nicht nur Eichel. Er, die Finanzminister der Länder und die Kämmerer der Gemeinden sind klamm. Schon das Haushaltsjahr 2002 wurde mit einem Defizit von 3,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts abgeschlossen, und auch in diesem Jahr dürfte das Maastricht-Kriterium verfehlt werden. Eine weitere Erhöhung der Neuverschuldung, um damit die Steuerreform zu finanzieren, ist von daher kaum machbar.
Selbst wenn Brüssel ein Auge zukneift und nicht auf die Einhaltung des Defizitkriteriums pocht, wäre die Reform auf Pump auch ökonomisch nicht zu vertreten. Denn die künftige Handlungsfähigkeit des Staates würde immer weiter eingegrenzt. Schon jetzt können viele Gemeinden aufgrund des Schuldendienstes nicht mehr in die Infrastruktur investieren.
Doch es gibt andere Möglichkeiten, die vorgezogene Stufe der Steuerreform zu finanzieren durch Ausgaben-Kürzungen. Die Sache hat aber einen Haken. Nach dem Motto Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass möchte niemand etwas von seinen Privilegien abgeben. Gleichwohl bieten sich einige Felder an, wo gespart werden kann, ohne gleich den Effekt der Steuerreform, die Konjunktur anzuschieben, wieder aufs Spiel zu setzen:
Staatliche Personalausgaben
Sie machten 2002 mit 171 Milliarden Euro ein gutes Viertel der Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden aus und waren damit der zweitgrößte Ausgabenposten. Würde man z.B. das Weihnachts- und Urlaubsgeld der Staatsdiener und -beschäftigten streichen, hätte man bereits 9 Milliarden Euro gespart. Der Öffentliche Dienst, der nach wie vor sichere Arbeitsplätze bietet, könnte das verschmerzen.
Pauschale Kürzung aller Subventionen um 10 Prozent
Dabei kämen mehr als 5 Milliarden Euro zusammen. Beschränkte man sich auf eine entsprechende Reduzierung der Finanzhilfen, blieben immerhin mehr als 2 Milliarden Euro übrig. Solche Hilfen sind die direkt ausbezahlten Subventionen, angefangen vom sozialen Wohnungsbau (2002: 675 Millionen Euro allein beim Bund) bis hin zu den Zuschüssen für die Landwirtschaftliche Unfallversicherung (250 Millionen Euro). Die sonstigen Subventionen werden in Form von Steuervergünstigungen gewährt. Auch hier kann grundsätzlich gekürzt werden. So würde z.B. die Streichung der Agrardieselbegünstigung rund 300 Millionen Euro bringen.
Privatisierungen
Weil die dritte Stufe der Steuerreform ja nur um ein Jahr vorgezogen wird, d.h. die Mindereinnahmen ab 2005 ohnehin im Etat einkalkuliert sind, könnte auch eine weitere Privatisierung das in 2004 entstehende Finanzloch vorübergehend auffüllen. Durch Veräußerungen im staatlichen Bankensektor, also bei Landesbanken und Sparkassen, ließen sich Einnahmen von bis zu 13 Milliarden Euro erzielen.
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