Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Studienabbrecher: Jeder Vierte ohne Uni-Abschluss / Abbrecherquote an Fachhochschulen bei 20 Prozent

(Köln) - Nicht alle, die sich zu einer wissenschaftlichen Ausbildung berufen fühlen, beenden sie mit dem Diplom oder Examen. In Deutschland verlässt rund jeder Vierte eines Studienjahrgangs die Hochschule ohne Abschluss. Wenn angehende Akademiker nach wenigen Semestern das Handtuch werfen, fehlt es nicht immer an Fleiß oder Grips. Häufig tragen die unübersichtliche Struktur eines Studiums oder unklare Berufsvorstellungen zum frühzeitigen Ausbildungsende bei. Das ist doppelt ärgerlich: Die Gesellschaft muss die Kosten für die ungenutzte Studiendauer tragen, der Abbrecher verliert Zeit und hängt vielleicht seine Hochschulpläne ganz an den Nagel. Dabei ist der Anteil der Studienanfänger hierzulande ohnehin sehr niedrig. Nur jeder Dritte eines Schulabgänger-Jahrgangs startet nach OECD-Berechnungen eine Hochschulausbildung, international liegt der Schnitt bei 45 Prozent.

Die Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) hat im Auftrag des Bundesbildungsministeriums untersucht, wie vielen Studierenden die Puste ausgegangen ist. Das traurige Resultat:

Knapp ein Viertel der Uni-Erstsemester hört vor dem Abschluss auf. An den Fachhochschulen liegt die Abbrecherquote bei 20 Prozent. Allerdings ist die Quote nicht mehr als eine rechnerisch gestützte Vermutung. Um die tatsächlichen Abbrecherzahlen zu ermitteln, müsste der Weg jedes Studierenden von der Immatrikulation bis zum Examen in einer Studienverlaufsstatistik erfasst werden. Dagegen legen aber die Datenschützer ein Veto ein.

Die HIS-Studie stützt sich deshalb auf eine Krücke. Sie nimmt ein Examensjahr und bildet mit Hilfe der durchschnittlichen Studiendauer einen „fiktiven Studienanfängerjahrgang“. Dieser wird mit den tatsächlichen Anfängerzahlen ein paar Jahre zuvor verglichen. Der Haken an der Sache ist, dass die durchschnittliche Studiendauer um bis zu zehn Semester schwankt.

Aufschlussreich sind die Ergebnisse trotzdem, weil sie deutliche Differenzen zwischen den Hochschulformen, aber auch den Geschlechtern zutage fördern:

Von 100 Erstsemester-Studentinnen verlassen nur 13 die FH ohne Examen – bei den FH-Kommilitonen verfehlt fast jeder Vierte das Ziel. An den Unis ist die Quote ausgeglichener – 23 von 100 Frauen und 26 von 100 Männern geben auf.
Gründe für die relativ geringe Abbrecherquote an den Fachhochschulen sind die stärkere Verschulung und der intensivere Praxisbezug. Günstig wirkt sich zudem der höhere Anteil von Studienanfängern mit Arbeitserfahrung oder Berufsausbildung aus, weil diese häufig zielstrebiger an die Sache herangehen.
Große Unterschiede gibt es aber nicht nur zwischen den Hochschulformen, sondern auch zwischen Fächern, wie sich etwa an den Unis zeigt:

Sozialwissenschaften, Sozialwesen. Sie verzeichnen mit 42 Prozent die höchste Abbrecherquote. Der Lehrplan ist unübersichtlich, die Auswahl groß. Das verunsichert die angehenden Sozialwissenschaftler. Dazu kommt, dass sie oft kein klares Berufsziel haben.

Sprach- und Kulturwissenschaften. Hier streichen 41 Prozent vorzeitig die Segel
– und zwar aus den gleichen Gründen wie die Sozialwissenschaftler.
Informatik. Dass mit 37 Prozent überdurchschnittlich viele EDVler den Hörsaal gegen einen Arbeitsplatz tauschen, ist nicht nur die Folge schwerer Klausuren. Der Arbeitsmarkt war lange so günstig, dass es Jobs ohne Diplom gab.
Medizin. Die Auswahl der Studierenden, transparente Strukturen und klare Jobperspektiven sorgen für eine niedrige Abbrecherquote von 8 Prozent.

Doch nicht jeder kehrt der Alma Mater ganz den Rücken. Viele stellen fest, dass das Fach nicht das richtige war:

Im Schnitt wechselt jeder sechste Uni-Student das Studienfach. Die FH-ler sind viel konstanter, nur 5 Prozent probieren etwas Neues. Wechsler und Abbrecher zusammen ergeben den gesamten Schwund – und belegen, wie erfolgreich die Fachbereiche darin waren, ihre Studenten zum Examen zu führen: Die meisten Abgänge hatten mit 73 Prozent die Sprach- und Kulturwissenschaften, die wenigsten die Medizin mit 12 Prozent.

Quelle und Kontaktadresse:
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Gustav-Heinemann-Ufer 84-88 50968 Köln Telefon: 0221/49811 Telefax: 0221/4981592

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