Pressemitteilung | Stiftung Deutsche Krebshilfe

Tabaklobby hat Deutschlands Jugend im Visier / Wie die Zigarettenindustrie um Kinder und Jugendliche wirbt

(Bonn) - „Wir müssen Kinder und Jugendliche noch besser vor den Einflüssen der Tabakindustrie schützen“, sagte Gerd Nettekoven, Geschäftsführer der Deutschen Krebshilfe, am 15. Januar. „Obwohl Tabakwerbung in Rundfunk und Fernsehen verboten ist und wir ein Abgabeverbot für Jugendliche unter 16 Jahren haben, rauchen immer mehr junge Leute.“ Hauptgrund dafür dürfte die kontinuierliche Erhöhung der Werbeetats der Tabakindustrie seit 1987 sein und die zunehmende Fokussierung auf Frauen und Kinder.

„Es darf nicht sein“, so Gerd Nettekoven, „dass sich die Tabakindustrie aller Werbeverbote zum Trotz immer wieder neue Betätigungsfelder sucht und ihre Werbeausgaben erhöht.“ Offenbar mit Erfolg: Heute rauchen rund 70 Prozent der 12- bis 17-Jährigen regelmäßig oder gelegentlich. Das durchschnittliche Einstiegsalter liegt inzwischen bei 13,5 Jahren. Aus diesem Grund fordert die Deutsche Krebshilfe ein entschiedeneres Vorgehen von allen Beteiligten in Gesellschaft, Industrie und Politik. Inzwischen werden per Internet Kinder und Jugendliche durch Online-Gewinnspiele der Zigarettenindustrie in kindgerechtem Design und in Chat-Rooms angesprochen. Parallel dazu bemühen sich die Unternehmen angeblich um seriöse Aufklärung auf ihren offiziellen Homepages. Groß angelegte Sponsoringaktivitäten bei Musik- und Sportveranstaltungen verknüpfen das unbeschwerte Lebensgefühl mit einer Zigarettenmarke.

Auch wenn 2005 das EU-weite Tabakwerbeverbot in Kraft tritt, werden die Einflüsse der Tabakindustrie nicht aus öffentlichen Räumen wie Kinosälen verbannt. Viele Kinofilme zeigen rauchende Schauspieler, wie der Pneumologe Dr. Konrad Pumpe von der Medizinischen Klinik der Vincentius-Kliniken in Karlsruhe in der Zeitschrift Pneumologie (56, 2002) schreibt. Außerdem berichtet er, dass mehr als die Hälfte der US-Video-Trickfilme für Kinder mindestens eine Szene enthalte, in der Tabak konsumiert werde. Hinzu komme ein ausgeklügeltes Merchandising mit Werbegeschenken, Preisausschreiben und Kleidungsstücken.

Um in Zeitungsanzeigen und auf Plakatwänden speziell Kinder und Jugendliche anzusprechen, werden aktionsreiche Szenen angeboten, Neugierde geweckt oder mit pfiffigen Bemerkungen Aufmerksamkeit erzielt. Die Jugendlichen werden mit interessanten und „coolen“ Persönlichkeiten aus der Welt der Erwachsenen konfrontiert. Bei kleineren Kindern setzt man auf die Atmosphäre von Kuscheltieren (siehe Camel). Die älteren Kinder und Jugendlichen werden insbesondere auf neue Körpererfahrungen neugierig gemacht – auf Sex, Body-Painting und -Building, Piercing, veränderte Ausstrahlung mit ausgefallener Frisur oder Kleidung.

Eine gezielte Ansprache von Kindern und Jugendlichen durch Werbung wird jedoch von Vertretern der Tabakindustrie geleugnet. Unter dem wachsenden öffentlichen Druck reagierten die Tabakunternehmen: So unterstützt zum Beispiel Philip Morris finanziell die Initiative „Starke Kids rauchen nicht“ des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein. Über offizielle Verlautbarungen im Internet stellen einige Konzerne ihre weltweiten Bemühungen dar, Kinder und Jugendliche vom Rauchen fernzuhalten.

Dennoch ist klar: Zigarettenwerbung ist – wie das Rauchen auch – allgegenwärtig. Die 830.000 Zigarettenautomaten in Deutschland erinnern laut Dr. Konrad Pumpe stets an die Werbebotschaften und bieten Zugriff auf Tabakprodukte wie sonst nirgendwo in Europa. Hinzu komme, dass das Rauchen als soziale Norm flächendeckend akzeptiert werde.

Angesichts von rund 140.000 Toten, die in Folge des Tabakkonsums hierzulande jährlich sterben – das sind 380 Personen pro Tag – fordert die Deutsche Krebshilfe:

1. Keine Beeinflussung der Politik durch die Tabakindustrie.
2. Die Abschaffung aller Zigarettenautomaten.
3. Eine deutliche Erhöhung der Tabaksteuer.
4. Die Abschaffung der Subventionen für den Tabakanbau.
5. Wirksame Maßnahmen gegen den Tabakschmuggel.
6. Wirksame Maßnahmen zur Kontrolle des Tabakgebrauchs.
7. Anerkennung der Folgen des Passivrauchens als Berufskrankheit.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Krebshilfe e.V. Thomas-Mann-Str. 40 53111 Bonn Telefon: 0228/729900 Telefax: 0228/7299011

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