Pressemitteilung | Amnesty International Deutschland e. V.

Türkei: Trotz Reformen / unfaire Gerichtsverfahren dauern an

(Berlin) - Unfaire Prozesse und unter Folter erpresste „Geständnisse“ bleiben das große Problem der türkischen Justiz. Besonders betroffen sind Personen, die unter dem türkischen Anti-Terrorgesetz angeklagt sind. So lautet das Fazit eines heute (6. September 2006) von amnesty international (ai) veröffentlichten Berichts. „Trotz Reformen haben die neuen Gerichte für schwere Straftaten die Verfahrensfehler der ehemaligen Staatssicherheitsgerichte bis heute nicht korrigiert“, so Amke Dietert, Türkei-Expertin der deutschen Sektion von ai. „Die Angeklagten haben kaum eine faire Chance auf Verteidigung. Außerdem werden unter Folter erpresste Aussagen weiterhin als Beweismittel zugelassen.“

ai dokumentiert in dem neuen Türkei-Bericht Verfahren, die teilweise seit mehr als zehn Jahren dauern. „Turgay Ulu sitzt seit Mai 1996 in Untersuchungshaft“, so ai-Expertin Dietert. „Der stark sehbehinderte Mann wurde der Mitgliedschaft in zwei ideologisch konkurrierenden Organisationen beschuldigt. Außerdem wurde ihm die Teilnahme an einer bewaffneten Aktion vorgeworfen. Dafür wurde er zum Tode verurteilt – obwohl die als Zeugen geladenen Polizisten ihn nicht als Täter identifizieren konnten.“ Das Todesurteil ist mittlerweile in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt worden. Das Berufungsverfahren läuft. „Obwohl keinerlei Beweise gegen Turgay Ulu vorliegen, wurden bisher sämtliche Haftentlassungsanträge abgelehnt“, kritisiert Dietert.

ai fordert die türkischen Behörden auf, endlich internationale Rechtsstandards zu wahren. Jeder Foltervorwurf muss gründlich untersucht und die Verwendung unter Folter erpresster Geständnisse unterbunden werden. Darüber hinaus muss die Türkei dafür Sorge tragen, dass die Verfahren auf der Basis umfassender und effektiver Ermittlungen geführt werden, damit die Untersuchungshaft nicht endlos hinausgezögert wird.

Quelle und Kontaktadresse:
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