Unzureichende Finanzierung der Hygienekosten - HNO-Berufsverband beteiligt sich an Protestaktion
(Neumünster) - Der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte ruft seine Mitglieder auf, die Patientinnen und Patienten über die unzureichende Finanzierung der Hygienekosten in den Arztpraxen zu informieren. "Wir werden den Menschen erklären, dass sich die Krankenkassen seit Jahren weigern, die steigenden Hygieneausgaben der Praxen zu erstatten", kündigt HNO-Präsident Dr. Dirk Heinrich an. Im schlimmsten Fall komme man nicht umhin, einzelne Leistungen nicht mehr im gewohnten Umfang anbieten zu können. Konkret gehe es um die Kehlkopfspiegelung, die von den Kassen nicht kostendeckend bezahlt werde.
Mit der Aktion beteiligt sich der Berufsverband der HNO-Ärzte an der vom Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) koordinierten Kampagne für eine angemessene Finanzierung der Hygienekosten. Unter dem Dach des SpiFa nehmen neben den Hals-Nasen-Ohren-Ärzten weitere Fachgruppen, wie Urologen und Frauenärzte, an dem Protestbündnis teil. Die Kampagne starte am 16. August 2021 und laufe über mehrere Wochen, erklärt Verbandspräsident Heinrich. "Wir werden unseren Patienten sagen, dass selbst einfache Standarduntersuchungen, wie die Kehlkopfspiegelung, unter Hygienevorgaben nicht ausreichend von den Kassen bezahlt werden und bald nicht mehr erbracht werden können. Die Mehrkosten zahlen die HNO-Ärztinnen und -Ärzte im Moment aus eigener Tasche. Laut einer Erhebung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) aus dem Jahr 2018 belaufen sich die Hygienekosten pro HNO-Praxis auf durchschnittlich 28.915 Euro im Jahr. Das ist unzumutbar und wird von uns nicht länger akzeptiert", so Heinrich.
Um sich in der Sache Gehör zu verschaffen, werde man im Zuge der Kampagne gezielt auf die Patienten zugehen und sie bitten, sich in Protestschreiben an die Krankenkassen zu wenden. Heinrich: "Um es klipp und klar zu sagen: Es ist nicht unser Ziel, die Missstände auf dem Rücken der Patienten auszutragen. Werden die Leistungen nicht ausreichend finanziert, bedeutet dies bei steigenden Hygieneanforderungen jedoch zwangsläufig, dass es in Zukunft weniger dieser Untersuchungen in der Praxis geben kann. Die Patienten müssen dann selbst für einfache diagnostische Verfahren, wie die Kehlkopfspiegelung, eine Klinik aufsuchen und mit teils langen Wartezeiten rechnen." Besonders dringende Fälle werden selbstverständlich weiterhin untersucht, versichert Heinrich. So zum Beispiel Patienten mit Verdacht auf eine Tumorerkrankung oder Notfälle.
Dass Wartelisten kein wünschenswertes Szenario für die Zukunft seien, liege auf der Hand, so der in Hamburg niedergelassene HNO-Facharzt. Es sei allerdings nicht länger hinnehmbar, die Hygieneanforderungen ohne Gegenfinanzierung immer weiter hochzuschrauben. "Gerade in der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig Hygienevorkehrungen sind. Die Praxen haben sich in Rekordgeschwindigkeit und Eigeninitiative den neuen Umständen angepasst. Nach Geld hat dabei erstmal niemand gefragt. Die allgemein steigenden Hygienevorgaben fallen aber nicht vom Himmel, sondern sind dokumentiert und stellen die Praxen vor strukturelle, wirtschaftliche Probleme." Dass es dennoch keine Fortschritte bei den Verhandlungen über die Bezahlung gebe, sei nichts anders als Verweigerungshaltung der Krankenkassen, die das Patientenwohl gefährde. Zuletzt hatten die Kassen lediglich einen Pauschalbetrag für den pandemiebedingten Hygienemehraufwand gewährt. Dies sei nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein, kritisiert Heinrich. Statt Einmalzahlungen brauche man eine nachhaltige Finanzierung der Ausgaben. Heinrich: "Eine Lösung des Problems könnten Hygienezuschläge auf einzelne Leistungen sein."
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