vbw fordert verbindliche Standards für mehr Bildungsqualität in Bund und Bayern
(München) - Für die Verbesserung der Bildungsqualität in Bund und Freistaat braucht es mehr Verbindlichkeit, also die abgestimmte, verantwortungsvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten vom Staat über Bildungsinstitutionen bis zu jedem Einzelnen. Im Bildungssystem muss jedem Akteur klar sein, welche Pflichten er zu erfüllen hat und wann Anstrengung erforderlich ist. Um Bildungserfolg überprüfbar zu machen, müssen handfeste Daten erhoben und verlässliche, verbindliche Qualitätsstandards eingeführt werden. Das geht aus dem aktuellen Gutachten „Bildungsleistung durch mehr Verbindlichkeit“ des von der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. initiierten Aktionsrats Bildung hervor.
„Deutlich zielführender als freundliche Unverbindlichkeit ist Klartext. Denn das Problem mit der Unverbindlichkeit ist, dass sie zu vieles offen lässt und sie keine Transparenz schafft über Erfolge und Misserfolge. Darum brauchen wir für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes zwingendermaßen Verbindlichkeit. Es muss jedem Bildungsakteur klar sein, welche Pflichten zu erfüllen sind und wann Anstrengung erforderlich ist. Die Schülerinnen und Schüler sind unsere Fachkräfte von morgen. Wir müssen sie zu mehr Eigenverantwortung beim Lernen motivieren und gleichzeitig dabei unterstützen, ihre Basiskompetenzen zu entwickeln und zu verbessern“, machte vbw Präsident Wolfram Hatz im Rahmen der Veranstaltung klar und ergänzte: „Momentan erreichen 15 Prozent der Neuntklässler nicht den Mindeststandard für den ersten Schulabschluss im Lesen. Im Freistaat sieht die Lage mit zwölf Prozent etwas besser aus, es herrscht aber Handlungsbedarf. Oft bleibt die grundlegende Kompetenzförderung auf der Strecke, gleichzeitig fehlen verbindliche Standards, um den Bildungserfolg sicherzustellen. Die Bayerische Staatsregierung hat nach dem neuerlichen PISA-Schock wichtige Weichen gestellt. Was den Bund betrifft, sollte der PISA-Bundesländervergleich wieder aufgenommen werden, um eine evidenzbasierte Weiterentwicklung des Bildungssystems zu ermöglichen.“
Im Freistaat trägt die PISA-Offensive der Bayerischen Staatsregierung mit verbindlichen Sprachtests eineinhalb Jahre vor der Einschulung und der verstärkten Förderung der Kernkompetenzen in der Grundschule bereits zu einer gesteigerten Bildungsqualität bei. „Ausgehend davon brauchen wir nun einen Maßnahmenplan, der alle weiteren Bildungsphasen systematisch in den Blick nimmt. Die Heterogenität der Lernenden ist gestiegen. Indem wir Lernzeiten flexibilisieren, können wir auf unterschiedliche Lerngeschwindigkeiten besser eingehen“, führte Hatz aus und fordert, in dem Zuge, auch die dritte und vierte Klasse sowie den Übertritt in die weiterführenden Schulen beweglicher zu gestalten. „Wir müssen sicherstellen, dass ein grundlegendes Kompetenzniveau erreicht wird. Im Zuge des demografischen Wandels sind unsere Unternehmen auf jede junge Nachwuchskraft angewiesen. Wir können es uns nicht leisten, dass Kinder und Jugendliche im Bildungssystem den Anschluss verlieren.“
Prof. em. Dr. Rudolf Tippelt, ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Pädagogik und Bildungsforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Mitglied des Aktionsrats Bildung, erklärte die Idee zum Gutachten: „Gibt es eine Erklärung für das Versagen des deutschen Bildungssystems trotz zahlloser Empfehlungen und Reformen Bemühungen? - Der Aktionsrat Bildung prüft die Hypothese, ob deren Verbindlichkeit und Angemessenheit zur Vermeidung von Anstrengung und zum Erhalt von Entscheidungsspielräumen ignoriert wurde."
Zum Aktionsrat Bildung: Der AKTIONSRATBILDUNG ist ein politisch unabhängiges Expertengremium renommierter Bildungswissenschaftler*innen, das sich 2005 auf Initiative der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. konstituiert hat. Das gemeinsame Interesse liegt vor allem darin, die gegenwärtige Situation im deutschen Bildungssystem zu bewerten und zentrale Herausforderungen zu identifizieren. Dabei stehen insbesondere Schlüsselthemen wie z. B. soziale Selektion, Übergangs- und Durchlässigkeitsdefizite im Bildungsverlauf und Lehrpersonalentwicklung im Zentrum der Diskussion. In seinen Gutachten bewertet der Aktionsrat Bildung politische Entscheidungen vor dem Hintergrund empirischer Befunde und legt der Politik konkrete Handlungsempfehlungen vor.
Quelle und Kontaktadresse:
vbw - Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V., Max-Joseph-Str. 5, 80333 München, Telefon: 089 55178-100