Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Wachstumsschwäche: Deutschland nicht von Japan angesteckt

(Köln) - Der jüngst von britischen Finanzmarktexperten gezogene Schluss, die japanische Krankheit hätte auch Deutschland befallen, ist zu oberflächlich. Zwar ist das deutsche reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1992 bis 2002 im Schnitt nur um jährlich 1,4 Prozent gestiegen – und damit nur wenig stärker als in Japan, wo die Wirtschaftsleistung im gleichen Zeitraum lediglich um 0,9 Prozent pro Jahr zulegte. Doch im Gegensatz zum asiatischen Patienten musste die Bundesrepublik nicht mit dem Platzen einer Spekulationsblase an den Aktien- und Immobilienmärkten fertig werden: In Japan summieren sich die dadurch entstandenen Vermögensverluste auf das Doppelte des dortigen BIP – hierzulande haben die Kursrückgänge die Vermögen nur um den Wert des halben BIP reduziert. Außerdem kann in Deutschland trotz aller schlechten Nachrichten aus dem Finanzsektor keineswegs von einer Bankenkrise die Rede sein. Ebenso wenig gibt es Anzeichen für eine Deflation, und die Staatsverschuldung liegt mit rund 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts deutlich unter dem japanischen Wert von etwa 130 Prozent.

Ähnlichkeiten bestehen zwischen beiden Ländern allerdings in der Scheu vor tief greifenden Reformen – der harmonische Ausgleich der verschiedenen Interessen im Wirtschaftssystem gilt mehr als eine leistungsorientierte, wachstumsfördernde Wirtschaftsordnung. Dies ist eine der wesentlichen Ursachen dafür, dass die deutsche Volkswirtschaft auf konjunkturelle Störungen so empfindlich reagiert. Gerade deshalb kommt es jetzt darauf an, die verhärteten Marktinflexibilitäten, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, aufzubrechen, die Steuer- und Abgabenlast zurückzuführen und die Staatsfinanzen zu konsolidieren.

Quelle und Kontaktadresse:
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Gustav-Heinemann-Ufer 84-88 50968 Köln Telefon: 0221/49811 Telefax: 0221/4981592

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