Wahlprogramme Umweltpolitik: Nicht nur in Kernfragen gespalten
(Köln) - Zwar können die Parteien mit dem Umweltschutz im Wahlkampf nicht mehr so punkten wie in den achtziger Jahren. Die Hochwasserkatastrophe katapultierte das Thema jedoch unerwartet wieder auf die Agenda. Politiker quer durch den Bundestag haben sich auf das Leitbild der Nachhaltigkeit geeinigt. Allerdings füllen die Parteien in ihren Wahlprogrammen den Begriff mit ganz unterschiedlichem Inhalt. Vorbei sind die Zeiten, in denen Slogans wie Kernkraft, nein danke die Diskussionen im Wahlkampf dominierten. Der Umweltschutz, das einstige Reizthema der achtziger Jahre, ist durch die anhaltend hohen Arbeitslosenzahlen und die drängenden Probleme der Sozialversicherungen von den ersten Plätzen des Prioritätenrankings der Wähler verdrängt worden, bekommt durch die Elb- und Donaufluten aber neue Bedeutung.
Alle Partei-Programme bieten Ideen für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlage an. Im Vordergrund steht das Bemühen um eine nachhaltige Entwicklung. Was jedoch darunter zu verstehen ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Die Regierungsparteien und die PDS setzen vor allem auf die naturschützende Wirkung von Gesetzen und Verordnungen. Dagegen fordern CDU/CSU sowie die FDP, dass sich die besten Lösungen für die Umwelt am Markt durchsetzen müssen. Das unterschiedliche ordnungspolitische Vokabular zieht sich durch sämtliche zentralen Felder der Umweltpolitik:
Ökosteuer. Kaum eine Überraschung dürfte es sein, dass Sozialdemokraten und Grüne an der Ökosteuer festhalten wollen. Allerdings droht bei einer Fortsetzung der Koalition Ungemach: Während die SPD den Steuersatz nach 2003 nicht mehr anheben will, fordern die Grünen weitere Erhöhungen wann und wie viel draufgesattelt werden soll, lässt die Ökopartei aber offen. Bei der Opposition ruft das nur Kopfschütteln hervor. Die FDP plant, sich im Zuge einer baldigen Rentenreform für die Abschaffung der Ökosteuer einzusetzen. Als Alternative schlägt sie einen weltweiten Handel mit CO2-Emissionsrechten vor, der marktwirtschaftlich konforme Anreize geben soll, den Kohlendioxidausstoß zu reduzieren.
Von einem sofortigen Gnadenstoß für die Besteuerung an der Zapfsäule und an der Steckdose ist auch im Unions-Programm keine Rede. Mittelfristig will die CDU mit einer aufkommensneutralen, europaweiten und schadstoffbezogenen Abgabe aber für Ersatz der Ökosteuer sorgen.
Alternative Energien. Das Regierungslager will der herkömmlichen Energie-Erzeugung den Rücken kehren. Regenerative Energiequellen, wie Windkraft, Biomasse oder Sonnenlicht, sollen stattdessen für den nötigen Saft sorgen. Dafür hat die Koalition im Jahr 2000 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verabschiedet, an dem beide Parteien auch über die kommende Wahl hinaus festhalten wollen. Das EEG garantiert den Produzenten von Öko-Strom die Abnahme zu festgelegten Preisen. Dies sei reine Subventionierung von Energie, die nicht kostendeckend produziert werden kann, kritisieren die Liberalen und fordern die Abschaffung des Gesetzes. Sie wollen lieber die Erforschung von wirtschaftlich rentablen Stromquellen fördern.
Kernkraft. Das Kernenergie-Ausstiegsgesetz bewerten die Regierungs- und Oppositionsparteien völlig unterschiedlich: Während die Sozialdemokraten und ihre grünen Junior-Partner an dem Gesetz festhalten und weiter Atomkraftwerke abschalten wollen, planen Union und Liberale bereits den Ausstieg aus dem Ausstieg. Die Laufzeiten sicherer Atommeiler könnten nach Ansicht von CDU und FDP verlängert werden. Auch die Möglichkeit, neue Werke zu beantragen, solle weiter bestehen.
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