Weber: Schwierigeres Umfeld für die Geldpolitik
(Berlin) - Die Beschleunigung des Wirtschaftswachstums im dritten Quartal sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die konjunkturellen Aussichten in Deutschland für die Wintermonate etwas eingetrübt haben, erklärt Prof. Dr. Manfred Weber, Geschäftsführender Vorstand des Bankenverbandes, anlässlich der Vorstellung des Konjunkturberichts für den Monat November. Die Stimmungsindikatoren haben sich abgeschwächt, und auch die Dynamik bei den Auftragseingängen lässt nach. Hinzu kommen die kräftige Aufwertung des Euro sowie die hohen Energiepreise, die ebenfalls den wirtschaftlichen Ausblick belasten.
Gleichwohl sieht Weber keinen Anlass, in konjunkturellen Pessimismus zu verfallen: Trotz eines geringeren Export- und Investitionswachstums wird in Deutschland der private Konsum dank der guten Arbeitsmarktentwicklung Auftrieb erhalten. Zudem dürfte die Industriekonjunktur aufgrund der umfassenden Umstrukturierungen in den Unternehmen und des moderaten Anstiegs der Lohnstückkosten in einer guten Verfassung bleiben. Im kommenden Jahr sei daher nach wie vor mit einem Wirtschaftswachstum von 2 Prozent zu rechnen, wenngleich die konjunkturellen Risiken nicht zuletzt wegen der Wechselkursentwicklung und der hohen Rohstoffpreise zugenommen hätten. Für das laufende Jahr halte der Bankenverband die Wachstumsprognose von 2 1/2 Prozent inzwischen aber für gut abgesichert.
Die Inflationsrate sei sowohl in Deutschland als auch im Euro-Raum zum Herbstbeginn spürbar gestiegen. Bis zur Jahreswende könnte sich der Preisauftrieb sogar noch weiter erhöhen. Im nächsten Jahr werde die Inflationsrate insbesondere in Deutschland aber wieder nachlassen.
Der Teuerungseffekt aus der Anhebung der Mehrwertsteuer, der die Preissteigerungsrate 2007 immerhin um fast einen Prozentpunkt erhöht hat, fällt dann aus dem Vorjahresvergleich heraus, erläutert Weber. Für die mittelfristige Preisstabilität liege allerdings eine große Verantwortung bei den Tarifpartnern. Die Orientierungsmarke der Lohnpolitik sollten keinesfalls kurzfristige Spitzen in der Inflationsrate, sondern der längerfristige Preistrend sein. In den Jahren 2001 und 2002, in denen die Preissteigerungsrate ebenfalls zeitweise kräftig anzog, sei dies erfolgreich gelungen. Bei einer weiterhin stabilitätsorientierten Lohnpolitik dürfte die Inflationsrate in Deutschland im Jahresdurchschnitt 2008 ähnlich wie im laufenden Jahr bei rund 2 Prozent liegen, für den Euro-Raum nur geringfügig höher.
Die gestiegene Inflationsrate und das kräftige Geldmengenwachstum würden für sich genommen für eine weitere Leitzinserhöhung der Europaeischen Zentralbank (EZB) sprechen. Weber weist aber darauf hin, dass eine zusätzliche Zinserhöhung den ohnehin bereits überbewerteten Euro weiter in die Höhe treiben würde. Wachsende Konjunkturrisiken sowie eine größere Unsicherheit an den Finanzmärkten wären die Folge. Die Entscheidung der EZB, den Zinserhöhungsprozess zu unterbrechen, ist daher völlig richtig, lobt Weber, zumal die Aufwertung des Euro und die Verspannung am Geldmarkt zurzeit wie eine Leitzinserhöhung wirken. Klar sei aber auch, dass aus heutiger Sicht kein Anlass für eine Zinssenkung bestehe. Eine auch nur vorübergehend deutlich anziehende Inflationsrate führe nicht zu längerfristigen Stabilitätsproblemen, wenn die Geldpolitik glaubwürdig sei. Weber: Die EZB genießt ein hohes Vertrauen. Dies erleichtert ihr die Arbeit und ist letztlich auch die Voraussetzung dafür, dass die Lohnpolitik auf eine längerfristig moderate Preisentwicklung bauen kann. Damit dies auch zukünftig so bleibt, muss die Geldpolitik allerdings wachsam sein und darf sich nicht von außen zu konjunkturpolitischen Maßnahmen drängen lassen, zu denen die geldpolitischen Instrumente ohnehin nicht gut geeignet sind.
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