Pressemitteilung | Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH)

Weniger Lebertransplantationen bei Neugeborenen durch zentralisierte Gallengangtherapie

(Berlin) - Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) hat fünf medizinische Zentren in Deutschland benannt, die sie für die Therapie einer sogenannten Gallengangsatresie, einem angeborenen Verschluss der Gallenwege, empfiehlt. Diese Diagnose ist in vielen Ländern die häufigste Ursache für eine Lebertransplantation bei Neugeborenen oder Säuglingen. "Vor allem in Großbritannien hat sich gezeigt, dass eine Zentralisierung der Therapie auf wenige Institutionen die Überlebenschancen mit der eigenen Leber deutlich erhöht", sagt Prof. Dr. Udo Rolle, Präsident der DGKCH und Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Frankfurt/Main.

Prof. Dr. Peter Schmittenbecher, stellvertretender DGKCH-Präsident und Direktor der kinderchirurgischen Klinik am Städtischen Klinikum Karlsruhe, ergänzt: "Jeder Leiter einer kinderchirurgischen Einrichtung soll entscheiden, mit welchem Zentrum er zusammenarbeiten und die konkreten Behandlungsschritte abstimmen möchte."

Ermittelt wurden die fünf Zentren über eine Ausschreibung und eine Bewertung anhand verschiedener Kriterien durch eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe. Besetzt war diese Arbeitsgruppe mit Vertretern der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE) und der DGKCH. Hauptkriterien waren die operative Expertise in hepatobiliärer Chirurgie (fünf bis zehn Kasai-Operationen im Jahr über fünf Jahre) und das Vorhandensein eines pädiatrischen Lebertransplantationsprogramms (fünf bis zehn Lebertransplantationen pro Jahr über fünf Jahre) sowie einige strukturelle Aspekte. Die fünf benannten Zentren sind:

- Die Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie der Universitätskinderklinik Hamburg-Eppendorf
- Die Kinderchirurgische Klinik, Zentrum Chirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover
- Die Abteilung für Kinderchirurgie der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie des Universitätsklinikums Essen zusammen mit der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie des Kinderkrankenhauses, Kliniken Köln
- Die Abteilung Kinderchirurgie und Kinderurologie der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Tübingen
- Die Kinderchirurgische Klinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital, Klinikum der Universität München zusammen mit der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderorthopädie, Klinik St. Hedwig, Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg

Diese Zentren haben sich zum Benchmark auf der Basis der Dateneingabe in das Register BARD (Biliary Atresia and Related Diseases) beziehungsweise das Register des European Reference Network (ERN) "RARE-LIVER" bereiterklärt. Eine erste Evaluation hinsichtlich von Fallzahlen, Zuweiserspektrum, Qualität der Dokumentation sowie Akzeptanz und Effizienz der Zentralisation soll Ende 2022 erfolgen.

Das System der Gallengänge transportiert den in der Leber produzierten Gallensaft an alle Stellen im Körper, die ihn benötigen. Für die Verdauung beispielsweise gelangt die Galle so direkt in den Zwölffingerdarm. Dort zersetzt der Gallensaft die aufgenommenen Fette und macht sie für die Bauchspeicheldrüse verwertbar.

Bei einer Gallengangsatresie handelt es sich um eine seltene Erkrankung mit einem Verschluss (Atresie) der Gallenwege. Sie betrifft ausschließlich Neugeborene oder Säuglinge. Die Ursachen dafür sind noch weitgehend unklar. Ihre Inzidenz liegt in Deutschland bei 1:19.000, das entspricht etwa 40 Neuerkrankungen pro Jahr. Unbehandelt verläuft die Erkrankung tödlich.

In der Europäischen Union (EU) gilt eine Erkrankung als selten, wenn sie von 10.000 Menschen maximal fünf betrifft (das heißt 1:2000 Neugeborene). Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) gibt es mehr als 6.000 unterschiedliche seltene Erkrankungen. Daher sei die Gesamtzahl der Betroffenen trotz der Seltenheit der einzelnen Erkrankungen hoch. In Deutschland lebten etwa vier Millionen Menschen mit einer Seltenen Erkrankung, in der EU seien es etwa 30 Millionen, so das BMG.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) Dr. med. Joachim Suß und Holger Wannenwetsch - Pressestelle Luisenstr. 58/59, 10117 Berlin Telefon: (030) 28 00 43-60, Fax: (030) 28 00 43-69

(sf)

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