Selten hat sich eine gesetzliche Rechtsfigur so schnell in ihr Gegenteil verkehrt wie der in § 54 BGB (bisheriger Fassung) geregelte „nichtrechtsfähige Verein“. Der war nämlich alles andere als „nichtrechtsfähig“, sondern im Laufe der Zeit zum voll rechtsfähigen Verein mutiert, nur eben nicht im Vereinsregister eingetragen und daher nicht für jedermann sichtbar.
Der „nichtrechtsfähige“ Verein: ein paradoxes Gebilde Der historische Gesetzgeber des Jahres 1900 hat den „nichtrechtsfähigen Verein“ in vollem Bewusstsein repressiv geregelt, um die Vereine zu zwingen, sich in das Vereinsregister eintragen zu lassen und sich damit einer gewissen staatlichen Kontrolle auszusetzen. Vereine, die dieser Kontrolle entgehen wollten, wurden als BGB-Gesellschaften behandelt, mit der Folge, dass alle Vereinsmitglieder für die Schulden des Vereins haften. In dieser Fassung hat der besagte § 54 BGB mehr als 120 Jahre Bestand gehabt. Allerdings hat die Rechtsprechung aller Gerichtszweige diesen repressiven Zahn des alten § 54 BGB im Laufe der Jahrzehnte nahezu völlig gezogen, indem sie die „nichtrechtsfähigen“ Vereine sukzessiv dem Recht der rechtsfähigen Vereine (§§ 21 ff. BGB) unterstellt haben. So kam es, dass zuletzt der „nichtrechtsfähige“ Verein in vollem Umfang rechtsfähig wurde, ein Widerspruch, der einem außenstehenden Beobachter kaum zu vermitt