Verbändereport AUSGABE 2 / 2013

Besser tagen: Wie Verbände und Kongressagenturen erfolgreich zusammenarbeiten

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Veranstaltungen – ob für die eigenen Mitglieder oder andere wirtschaftliche, politische oder gesellschaftliche Zielgruppen – sind oft zentraler Bestandteil der Verbandsarbeit. Wenn es um die Organisation von Seminaren, Mitgliederversammlungen, Tagungen oder Kongressen geht, lautet die Gretchenfrage oft: „Eigenregie oder Dienstleister?“ Hier muss jeder Verband den besten Weg für sich finden.

Häufig planen Verbände ihre Veranstaltungen zunächst selbst – zumeist mit dem Argument, dass sie Programm-inhalte und Qualität dann besser kontrollieren können. Aber je mehr eigene Veranstaltungen im Kalender stehen und je höher der inhaltliche Anspruch, desto stärker werden die verbandsinternen Ressourcen strapaziert. Andere Kernaufgaben kommen dann zu kurz. Wenn die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Geschäftsstelle neben ihren Hauptaufgaben auch noch professionelle Veranstaltungen organisieren sollen, wird ihre Motivation auf eine harte Probe gestellt. Oft sinkt dann nicht nur die inhaltliche Qualität der Angebote. Die Bewerbung der Veranstaltungen kommt zu kurz, die Akquisition von Partnern und Sponsoren leidet und die Teilnehmerzahlen sinken. Mit der Folge, dass Verbandsveranstaltungen oft zu lästigen Terminen verkommen, statt Highlights zu sein, die einen Mehrwert bieten.

Spätestens jetzt ist die Zeit gekommen, wo Verbände sich fragen: „Make or buy?“ Oft bauen sie dann eigene Veranstaltungsabteilungen auf oder gründen Servicegesellschaften. Oder sie begeben sich auf die Suche nach einer passenden Agentur, die entweder einzelne Module oder aber die gesamte Leistungskette der Veranstaltungsplanung und -umsetzung bedient. Um Enttäuschungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, die gegenseitigen Erwartungen von Verband und Agentur rechtzeitig vor Auftragserteilung sorgfältig abzustimmen.

Was wollen wir, was bietet die Agentur?

Verbände erwarten viel von Agenturen, denen sie ihre Veranstaltungen anvertrauen. Manchmal zu viel. Der Dienstleister und sein Team sollen die Geschäftsstelle entlasten, sie sollen Qualität und Niveau der Veranstaltung heben, Teilnehmerzahlen, Sponsorings und Umsatz steigern, Zeit sparen sowie Image und Wahrnehmung des Verbandes und seiner Veranstaltungen auf Hochglanz polieren. Tatsache ist: Gute Veranstaltungen brauchen eine detaillierte Abstimmung. Es lohnt sich, diese Zeit einzuplanen. Die Erwartungshaltung einiger Verbände ist: „Wir beauftragen eine Agentur für unseren Kongress – damit sind wir aus dem Schneider.“ Doch dieser Idealzustand lässt sich kaum von heute auf morgen erreichen. Ein guter Anfang ist gemacht, wenn sich beide Partner gleich zu Beginn der Zusammenarbeit ausreichend Zeit für einen intensiven Austausch nehmen. Die Agentur kann nur dann den Qualitätsanspruch des Verbandes erfüllen – und übertreffen –, wenn sie genauestens informiert ist, die Vorstellungen des Vorstands und die Standards des Verbandes kennt und sich schnell mit den „Dos and Don’ts“ im Umgang mit der Mitgliedschaft vertraut machen kann.

Aber auch Agenturen haben Erwartungen. Eine Agentur wird nur dann eine erstklassige Performance liefern können, wenn sich ihr Verbandskunde auf eine echte Partnerschaft einlässt. Dazu gehört eine von gegenseitigem Respekt getragene offene und ehrliche Kommunikation, insbesondere in Krisenzeiten. Das bedeutet, dass sich Vorstand und Geschäftsstelle konsequent an getroffene Vereinbarungen halten, den vereinbarten Gestaltungsfreiraum zulassen, sich von der Agentur beraten lassen und sich bei Kritik von außen oder aus der Mitgliedschaft nötigenfalls schützend vor die Agentur stellen.

Rhythm is it!

Zu einer guten Partnerschaft gehört aus Agentur-Sicht ein gemeinsamer Rhythmus. Manche Agenturen agieren wie Rennboote, manche Verbände eher wie schwere Tanker. Agenturen brauchen schnelle Entscheidungen. Sie sind dazu da, effizient zu arbeiten und Projekte konzentriert voranzutreiben. Verbandsvorstände – zumal ehrenamtliche – benötigen Zeit für interne Abstimmung und Entscheidungen. Sie sind gehalten, Kontakte zu pflegen, Interessen und Meinungen der Mitgliedschaft zu erfahren und bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen. Diese unterschiedlichen „Beats“ gilt es zu synchronisieren. In dieser Hinsicht haben sich gut vorbereitete, regelmäßige Treffen bewährt, bei denen die dringendsten Entscheidungen konzentriert abgearbeitet werden.

Wo hapert’s? – Probleme und Fragen Schnittstellen

Häufig sind die kommunikativen Schnittstellen ungeklärt. Wer ist auf Verbands- und Agenturseite der richtige Ansprechpartner? Wer ist verantwortlich und wofür? Wer ist beim Verband für Freigaben zuständig, darf Nachbesserungen beauftragen, Sonderwünsche äußern? Nichts ist kontraproduktiver, als wenn Verbandsvorstände oder Mitarbeiter der Geschäftsstelle gegensätzliche Meinungen oder Entscheidungen in die Agentur tragen und dort für Verwirrung sorgen. Um Zuständigkeiten und kommunikative Zusammenarbeit von vornherein zu klären, sollte daher möglichst bald nach Beauftragung der Agentur ein ausführliches Kick-off-Meeting mit allen Verantwortlichen durchgeführt werden. Neben den Zuständigkeiten werden die Projektplanung und erkennbare Engpässe frühzeitig geklärt.

Inhalte

Wer trägt die inhaltliche Verantwortung für die Veranstaltung, Verband oder Agentur? Oft ist dies nicht eindeutig geregelt. Dabei ist Klarheit bei Dramaturgie, Inszenierung, Struktur, Programm und Referenten der Tagung sowie Veranstaltungsmedien ein entscheidender Erfolgsfaktor. Gibt es einen Programmbeirat oder Tagungspräsidenten? Sollen offiziell nominierte oder informelle Berater und Kompetenzträger des Verbandes bei der inhaltlichen und medialen Ausgestaltung der Veranstaltung mitreden? Vieles hängt hier von der Fähigkeit der Geschäftsstelle ab, etwa ehrenamtliche Vorstände in die Entscheidungsprozesse einzubinden. Zu viele „Schleifen“ für die inhaltliche Abstimmung können leicht zu projektgefährdenden Terminkonflikten führen.

Finanzielles

Verbände sollen die Interessen ihrer Mitglieder durchsetzen. Sie arbeiten nicht gewinnorientiert, freuen sich aber auch über Kongresseinnahmen. Anders Agenturen: Um im freien Wettbewerb bestehen zu können, müssen sie Überschüsse erwirtschaften. Aus diesem Gegensatz zwischen Verband und Agentur entstehen Konflikte – sofern nicht alle Fragen der finanziellen Verantwortung, Gewinn- und Kostenverteilung von Anfang an vertraglich geregelt werden. Falls die Agentur das finanzielle Risiko trägt und der Verband über eine pauschale Lizenzgebühr oder prozentual festgelegte Umsatzbeteiligung honoriert wird, kann ein Interessenkonflikt hinsichtlich Qualität und Wirtschaftlichkeit der Veranstaltung entstehen. Möglicherweise stellt der Verband dann teure Forderungen, die aus Sicht der Agentur den wirtschaftlichen Erfolg der Veranstaltung gefährden. Oder die Agentur gerät unter den Verdacht, die Veranstaltung aus eigenem Gewinn-interesse „kaputtzusparen“. Die von beiden Vertragspartnern angestrebte Win-win-Situation wird so einer harten Probe ausgesetzt. Das kann vermieden werden, indem z. B. beide Partner am Gewinn beteiligt werden. Oder indem von Anfang an ein ausführliches und klares Budget geplant und beauftragt wird, in dem alle vorgesehenen Leistungen bis ins Kleinste bepreist sind. Falls Zusatzleistungen benötigt werden, erstellt die Agentur transparente Nachtragsangebote mit den zuvor vereinbarten Honorarsätzen und eindeutigen Nachweisen über Fremdkosten. Werden die Umsatzerwartungen verfehlt, so können die Partner gemeinsam überlegen, an welchen Stellen sinnvoll gekürzt wird.

Besser gemeinsam – Tools für erfolgreiche Veranstaltungen

Schnittstellen klären: Im Verband und bei der Agentur gibt es eindeutige Ansprechpartner. Sie haben die Befugnis, zu allen Entscheidungen kurzfristig und verbindlich Stellung zu beziehen. Unerlässlich sind verbindliche Freigaberegelungen und -fristen. Zum Beispiel nach dem Muster: „Wenn innerhalb von sieben Tagen kein Feedback erfolgt, gilt der Vorschlag als angenommen.“

Verantwortungsbereiche präzisieren: Wer ist zuständig, und wo wird die Zuarbeit des Verbandes benötigt? Jedes Aufgabenfeld wird detailliert beschrieben und als Anlage in den Projektvertrag aufgenommen werden: von der Konzeption bis zur abschließenden Evaluation.

Meilensteine planen: Neben Projektstart- und Enddatum enthält der Meilensteinplan weitere wichtige Ereignisse –
in angemessenen Zeitabständen. Dies erlaubt eindeutige Aussagen darüber, wer bis wann welche Aufgaben mit welcher Priorität erledigt. Falls nicht geliefert wird, können die Verantwortlichen bei Agentur oder Verband sanktioniert werden.

Finanzen regeln: Wie wird abgerechnet? Komponenten wie Pauschal- oder Mindesthonorare, Umsatz- oder Gewinnbeteiligungen, Lizenzgebühren und deren Abrechnungsmodalitäten, Fakturierung und Zahlungsziele sind so spezifisch wie möglich auszuformulieren. Insbesondere wenn Umsatz- oder Überschussbeteiligungen vereinbart sind, muss der Vertrag eindeutig regeln, wie diese zu berechnen sind. Es empfiehlt sich, eine Dokumentationspflicht der Agentur hinsichtlich des Budget-Controllings zu vereinbaren und das aktualisierte Budget in regelmäßigen Abständen durchzusprechen.

„Kaffee muss fließen“

So banal es ist – nichts sorgt so schnell für Unmut auf Tagungen wie ein zu knapp gehaltenes Catering. Programm und Rahmen der Veranstaltung können noch so gut sein – kommt das leibliche Wohl zu kurz, ist das Gezeter groß. Zu Recht, denn die menschliche Bedürfnispyramide fußt nun mal auf körperlichen Ansprüchen. Da das Catering einen großen Teil des Kostenblocks ausmacht, wird hier gern zuerst gespart. Und hier sollten sich Verband und Agentur unbedingt einig sein: Lässt das Budget kein Fünf-Sterne-Menü zu, ist das nicht weiter dramatisch: Lieber einen Gang weniger als zu wenig Kaffee!

Fazit

Gute Veranstaltungen sind wie Kunstwerke, die Menschen inspirieren und bewegen. Wenn Verband und Agentur sich den nötigen gegenseitigen Respekt erweisen und eine Partnerschaft auf Augenhöhe begründen, können sie diese Kunstwerke gemeinsam erschaffen.  

Wie geht’s konkret? – Praxistipps für die Zusammenarbeit

  • Fakten schaffen: Vereinbarte Entscheidungen sofort umsetzen und den Partner informiert halten. Das sorgt für Vertrauen in die Leistungsfähigkeit, zeigt den Fortgang des Projekts und sorgt dafür, dass der Zeit- und Maßnahmenplan im Takt bleibt.
  • Transparenz: Regelmäßige, in den heißen Phasen der Veranstaltungsvorbereitung z. B. wöchentliche persönliche Gespräche oder Telefonkonferenzen beugen Missverständnissen vor. Die Ergebnisse der Besprechungen werden protokolliert und allen Beteiligten kurzfristig zur Verfügung gestellt. Zusätzlich liefert die Agentur regelmäßig schriftliche Statusberichte über den Projekt-Fortgang.
  • Probleme sofort klären: „Wir müssen reden!“ sollte ein wichtiges Prinzip in der Beziehung zwischen Verband und Agentur sein – nicht erst, wenn Unstimmigkeiten und Reibungen aufkommen. Im direkten persönlichen Gespräch erweisen sich schon viele vermutete „Elefanten“ als harmlose „Mücken“.
  • Risiken verteilen, Belohnungen vereinbaren: Wer Ziele erreicht, wird belohnt. Das gilt für beide Seiten. Wird die Agentur mit in das wirtschaftliche Risiko genommen, muss sie dafür belohnt werden. Lässt der Verband seine Kontakte spielen und wirbt zahlende Sponsoren an, erhält er eine angemessene Provision.
  • Mindestvergütung festlegen: Viele Verbände verfügen nicht über das Budget, bei Projektstart gleich feste Agenturhonorare zu vereinbaren. Sie machen die Vergütung von Umsatz oder Ertrag der Veranstaltung abhängig. Eine Risikobeteiligung der Agentur sollte aber mit einer vorher festgelegten Mindestvergütung und einer erfolgsabhängigen Komponente einhergehen. Insbesondere bei eingeführten Veranstaltungen, deren Organisation in die Hände einer Agentur gelegt wird, lassen sich die Umsatz- und Ertragserwartungen gut planen. Das erleichtert die Vergütungsregelung. Risikoreicher sind Neuprojekte. Hier sollten Umsätze und Erträge daher betont nüchtern und konservativ geplant werden. In jedem Fall werden stets Budgetpuffer für Unvorhergesehenes eingestellt.
  • Zeitbudgets im Verband: Egal wie zuverlässig und erfahren die Agentur ist – Verband und Geschäftsstelle sollten von Anfang an, Zeit für Auftragsklärung, laufende Kommunikation und regelmäßige Treffen einplanen. Nur mit der unbedingten Unterstützung des Verbandes wird die Agentur einen optimalen Job machen können.

Achtung! Was kann, muss aber nicht schiefgehen?

Schwierig wird es, wenn Dritte ins Spiel kommen. Vereinbart der Verband z. B. mit seinen Sponsoren Leistungen, die im Rahmen der Veranstaltung zu erbringen sind, dann berührt das direkt die Interessen der Agentur. Denn sie kann diese Leistungen nun nicht mehr an weitere Sponsoren verkaufen und muss auf fest eingeplante Einnahmen verzichten. Entweder sollten diese Leistungen – wie mit allen anderen Sponsoren auch – grundsätzlich nur direkt zwischen Verbandssponsor und Agentur vereinbart und abgerechnet werden. Oder der Verband kompensiert die Agentur dafür.

Auch die „Hotelzimmerfrage“ kann zu einem Zankapfel zwischen Verbänden, Agenturen und Hotels werden. Dann nämlich, wenn die Agentur beim Kongresshotel Zimmerkontingente zu einem festen Preis abnehmen muss, das Hotel weitere Zimmer aber – z. B. über Anbieter wie hrs.de – zu wesentlich günstigeren „Special“-Preisen auf den Markt wirft. Bei den Kongressteilnehmern entsteht dann leicht der Verdacht, dass die Agentur überzogene Preise nimmt – ein Verdacht, der dem Image von Kongress und Verband schaden kann. Für die Agentur hingegen kann es existenzgefährdend sein, wenn sie auf unvermietet gebliebenen Zimmern sitzen bleibt.

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Autor/in

Oliver Panne

berät Verbände und Unternehmen bei der Kongressplanung, -vermarktung, -organisation und -revitalisierung. Sein besonderes Interesse gilt interaktiven, partizipativen und hybriden Veranstaltungsformaten. 2004 gründete er die SWOP. Medien und Konferenzen GmbH. Davor arbeitete er als PR-Berater sowie Konzeptions- und Werbetexter für Agenturen und Unternehmen.

http://www.swop-berlin.de

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