Verbändereport AUSGABE 9 / 2002

Da stimmt die Chemie

Der Verband angestellter Akademiker und leitender Angestellter der chemischen Industrie e.V. (VAA)

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Auch Führungskräfte brauchen eine starke Interessenvertretung: Im Verband angestellter Akademiker und leitender Angestellter der chemischen Industrie e.V. (VAA) sind derzeit fast 28.000 Naturwissenschaftler (Chemiker, Physiker, Biologen oder Mediziner), Ingenieure und Kaufleute organisiert. Der VAA vertritt die Interessen von außertariflichen und Leitenden Angestellten der Branche - und ist der größte Zusammenschluss von Führungskräften in Deutschland.

Obwohl es an manchen Stellen der deutschen Verbändelandschaft kriselt, verzeichnet der VAA einen konstanten Mitgliederzuwachs. „Natürlich sind wir froh darüber, dass dieser negative Trend bei uns nicht zum Tragen kommt. Dennoch sollten wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen,“ erklärt Dr. Thomas Fischer, Erster Vorsitzender des Vorstandes. „Ich persönlich glaube, dass der Mitgliederschwund bei manch anderem Verband aus einem zu wenig ausgeprägten Profil resultiert. In den riesigen heterogenen Organisationen von heute erkennen sich Viele nicht mehr wieder oder vermuten zumindest, dass ihre berufsspezifischen Interessen nicht genügend Beachtung finden. Wir hingegen sind ein branchenspezifischer Verband - und wir haben eine klare Zielsetzung“, so Fischer.

Bundesweit vertritt der VAA die Interessen seiner Mitglieder in allen arbeits- und sozialrechtlichen Fragen. Seine Aufgabe ist die Durchsetzung der Anliegen von Führungskräften in der Steuer-, Sozial-, Wirtschafts-, Forschungs- und Umweltpolitik. Auf Verbandsebene vertritt der VAA seine Mitglieder firmen- und branchenübergreifend durch den Abschluss von Tarifverträgen, durch Gespräche und Verhandlungen mit anderen Chemieorganisationen.

In vielen Chemieunternehmen bilden Verbandsmitglieder „Werksgruppen“, und wählen ihre Interessenvertreter, die als Gesprächspartner für die Firmenleitung fungieren. Die Werksgruppen bilden die organisatorische Infrastruktur der Verbandsarbeit und gleichzeitig den Unterbau für das Vertretungsorgan der Leitenden Angestellten, den Sprecherausschuss, sowie für die Vertreter des Verbandes im Betriebsrat und Aufsichtsrat. Innerhalb der Unternehmens sind VAA-Werksgruppen eigene betriebliche Organisationen, die sich für außertarifliche und Leitende Angestellte einsetzen, etwa bei der Schaffung adäquater Gehaltsstrukturen oder der Sicherung der betrieblichen Altersvorsorge.

Strukturen

90 Prozent der Mitglieder haben sich – vor allem in den größeren Chemieunternehmen – in Werksgruppen organisiert, unter anderem bei Aventis Pharma, BASF, Bayer, Clariant, Degussa, Henkel, Merck oder Schering. Mitarbeiter aus kleineren Unternehmen gehören vorrangig als Einzelmitglieder dem Verband an. Werksgruppen und Einzelmitglieder sind regional in einer der neun VAA-Landesgruppen zusammengeschlossen. Auf Bundesebene gliedert sich die Mitgliedschaft in Landes- und Werksgruppen, aus denen Vertreter für den Bundesvorstand gewählt werden.

Entscheidungsorgane des Verbandes sind der mit acht ehrenamtlich tätigen Personen besetzte Vorstand und die Delegiertentagung. Die Arbeit des Verbandsvorstandes wird durch Kommissionen und Arbeitskreise unterstützt. Anlässlich der jährlichen Delegiertentagung legen bis zu 300 Vertreter aus den Landes- und Werksgruppen die Grundlinien der Politik des VAA fest. Die Verbandsgeschäfte werden durch hauptamtliche Mitarbeiter in der Geschäftsstelle in Köln und im Berliner Büro geführt.

Know How und Insiderwissen

Eine wesentliche Verbandsleistung wird durch spezialisierte Juristen erbracht: Sie betreuen die Mitglieder in arbeits- und sozialrechtlichen Fragen. Dabei setzt man auf Know-how und Insiderwissen gleichermaßen. Die VAA-Experten geben Auskünfte zu allen Fragen des Berufslebens wie Trends, Standards, Einkommensentwicklung, Gehaltsstrukturen und betriebliche Altersversorgung. Von ihnen erhalten Mitglieder Rechtsauskünfte und Rechtsberatung, beispielsweise zu Arbeitsverträgen und -zeugnissen oder zur Förderung des beruflichen Fortkommens. Und im Falle eines Falles gewährt der Verband seinen Mitgliedern Rechtsschutz.

Der entscheidende Vorteil sei der sofortige und direkte Kontakt zu einem Fachmann, erklärt Fischer: „Es muss nicht erst lange nach einem Juristen gesucht werden, der sich nicht nur im Arbeitsrecht sondern zum Beispiel auch noch im Erfindungsrecht auskennt. Schließlich ist gerade im Arbeitsrecht die Einhaltung von Fristen entscheidend.“

Ein starkes Netz

Ratsuchende können sich geborgen fühlen: Die Juristen des VAA kennen die Unternehmen, die dortigen Gepflogenheiten und wissen „was läuft“. Vor Ort, in den Unternehmen mit größeren Werksgruppen, finden bei Bedarf Sprechstunden statt. Die sind immer gut besucht, so der Verbandsvorsitzende: „In Zeiten von Umstrukturierungen, Verkäufen und Outsourcing, ist so mancher froh, juristisch gut beraten zu werden. Abgesehen davon trifft man sich natürlich auf diversen Veranstaltungen, Tagungen oder Fachvorträgen gerne zum Gedankenaustausch.“

Auch Berufsanfänger sind beim VAA gut aufgehoben: Seine Mitglieder können auf ein umfassendes Netzwerk zurückgreifen. Der VAA kann seinen Mitgliedern bundesweit den Kontakt zu einem ersten Ansprechpartner im Unternehmen herstellen. Vorher, an den Hochschulen, werden Studierende und Doktoranden der Chemie und der Ingenieurwissenschaften von Fachleuten über Anstellungschancen und Berufswege in der chemischen Industrie informiert.

Interessenvertretung national und international

Wenn es um arbeits- und sozialrechtliche Themen geht, hört man dem VAA und seinen Fachleuten gerne zu. So wurden beispielsweise in den achtziger Jahren das Sprecherausschussgesetz erstritten. 2001 konnte der Minderheitenschutz bei der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes gesichert werden und Anfang dieses Jahres wurde mit dem Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) die Sozialpartnervereinbarung zur Förderung der Altersversorgung vereinbart.

In seiner politischen Arbeit wird der VAA durch die Union der Leitenden Angestellten (ULA), den Dachverband der deutschen Führungskräfteverbände, unterstützt. Der VAA ist außerdem über die Fédération Européenne des Cadres de la Chimie et des Industries Annexes (FECCIA), die europäische Vereinigung der Chemieführungskräfte, sowie die Confederation Europeenne des Cadres (CEC), den branchenübergreifenden Zusammenschluss der europäischen Führungskräfteverbände, Bestandteil des europaweiten Führungskräftenetzwerks.

Gehalts- und Manteltarifvertrag

Mit dem BAVC schließt der VAA Tarifverträge über Gehälter von Berufsanfängern und andere materielle Arbeitsbedingungen ab. Im „Tarifvertrag über Mindestjahresbezüge für akademisch gebildete Angestellte der chemischen Industrie“ werden die Anfangsgehälter für Akademiker mit naturwissenschaftlichem oder technischem Hochschulabschluss festgelegt. 2002 betragen die tariflichen Mindestjahresbezüge für das zweite Beschäftigungsjahr für diplomierte Angestellte 45.500 Euro und für Angestellte mit Promotion 53.000 Euro. In Zeiten eines schlechten Arbeitsmarktes verhindert der Akademiker-Gehaltstarifvertrag den ungebremsten Absturz der Anfangsgehälter. Allerdings gilt er bislang nur in den westlichen Bundesländern.

Der „Manteltarifvertrag für akademisch gebildete Angestellte in der chemischen Industrie“ regelt wesentliche Arbeitsbedingungen, beispielsweise zu Urlaub, Arbeitszeit, Nebentätigkeit oder Geheimhaltungspflicht, die einzelvertraglich nicht zu Lasten von VAA-Mitgliedern unterschritten werden dürfen. Häufig sind diese Regelungen günstiger, als die gesetzlich vorgeschriebenen. So sind die tariflichen Kündigungsfristen deutlich länger als die gesetzlichen. Auch die Regelungen zur Entschädigung für ein Wettbewerbsverbot, das Arbeitnehmer für die Zeit nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses in ihrer beruflichen Tätigkeit beschränkt, sind im Manteltarifvertrag günstiger als im Gesetz. Beide Tarifverträge gelten jedoch nur für Mitglieder des VAA.

Tarifverträge für Angestellte mit einem naturwissenschaftlichen oder technischen Hochschulabschluss haben in der chemischen Industrie lange Tradition. Bereits während der Zeit der Weimarer Republik – damals durch den „Bund angestellter Chemiker und Ingenieure“, aus dem später der VAA entstehen sollte - wurden die Anfangsgehälter für junge Akademiker tariflich abgesichert und allgemeine Arbeitsbedingungen in einem Manteltarifvertrag festgelegt.

Ein breites Leistungspaket und eine zeitgemäße Öffentlichkeitsarbeit

In Sachen Mitgliederbindung setzt man auf ein breites Service-Angebot. Es werden Broschüren und Merkblätter zu zahlreichen arbeits- und sozialrechtlichen Themen veröffentlicht. Mitglieder erhalten sie unentgeltlich.

Basierend auf verbandsweiten Umfragen wird jährlich das aktuelle Gehaltsniveau für Führungskräfte in der chemischen Industrie ermittelt und alle drei Jahre die Entwicklung der Altersbezüge in der Branche abgefragt. Die Ergebnisse werden den Mitgliedern zur Verfügung gestellt. Daneben profitieren sie von einer Reihe Kooperationen, die der Verband mit diversen Anbietern von Versicherungen, Karriereberatung oder Autoanmietung geschlossen hat.

Als eine zentrale Aufgabe wird die Information der Mitgliedschaft und der Öffentlichkeit betrachtet: Über die Verbandszeitung „VAA-Nachrichten“ werden die Mitglieder über aktuelle Trends in der chemischen Industrie und Entwicklungen den einzelnen Unternehmen, neue Entscheidungen aus Politik und Rechtsprechung, über Standpunkte des Verbandes, seine Aktivitäten und Pläne unterrichtet. Hinzu kommen der Jahresbericht, Rundschreiben und Newsletter sowie Informationsblätter und Sonderpublikationen zu Spezialthemen: „54plus“ richtet sich an Kolleginnen und Kollegen ab Alter 54 bis zur Pensionierung, ein weiterer Infodienst ist für die Zielgruppe Pensionäre konzipiert.

Für Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit sorgen Informationsveranstaltungen, Messebeteiligungen und Pressedienste zu aktuellen Führungskräftefragen oder Problemen der chemischen Industrie. In Umfragen nehmen VAA-Mitglieder zu aktuellen Themen Stellung, wie zum Beispiel zu Gesundheit und Arbeitsbelastung, Chancengleichheit, Auslandsaufenthalten, Arbeitsplatzwechsel oder Befindlichkeiten.

Zu einer zeitgemäßen Öffentlichkeitsarbeit gehört die Präsenz im Internet. Unter www.vaa.de finden sich viele Informationen rund um den VAA. Das Besondere: Ein Teil dieser Webpräsenz ist nur für die Mitglieder zugänglich. Die Seiten dieses geschützten Bereichs enthalten viele Service-Elemente. Hier können Broschüren, Merkblätter, Informationen über Kooperationen und Umfrageergebnisse angefordert oder per Download abgerufen werden. Änderungen von Adressen oder Bankverbindungen können dem Verband mitgeteilt sowie Formulare für Einzugsermächtigungen und Reisekostenabrechnungen ausgedruckt werden.

Ein viel genutzter Service auf diesen Seiten ist der Gehalts-Check, mit dem Mitglieder unter Eingabe persönlicher Daten prüfen können, ob ihr Gehalt im Vergleich zu den Entgelten in der deutschen chemischen Industrie angemessen ist. Basis des Gehalts-Checks ist die jährliche Einkommensumfrage des VAA.

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