Kundenbeziehungsmanagement (CRM) wird in der Privatwirtschaft schon seit vielen Jahren erfolgreich zur positiven Unternehmensentwicklung eingesetzt. Für den Bereich der NPO und Verbände stellt sich die Frage, ob die heute bekannten, privatwirtschaftlich geprägten Ansätze des Customer Relationship Managements (CRM) überhaupt auf die spezifischen Ziel- und Aufgabenstellungen von Verbänden - sozusagen in ein Member Relationship Management - übertragbar sind.
Um CRM in diesem speziellen Umfeld erfolgreich umsetzen zu können, bedarf es nicht nur gedanklicher Anpassungen in Bezug auf das CRM Konzept, sondern auch im Hinblick auf das Selbstverständnis der Verbände. Zum einen muss sich die Organisation über den „Kundenkreis“ bewusst werden, auf den ein CRM Konzept Anwendung finden soll. Zu diesem Kreis können neben den unmittelbaren Mitgliedern auch die Mitglieder einer Unterorganisation, möglicherweise Spender, ehrenamtlich Tätige, die Öffentlichkeit oder der Staat gehören. Zum anderen muss der Verband sein Leistungsangebot zu einem Dienstleistungspaket ausbauen, das auf die Aufgabenstellung der Organisation und die erweiterten Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet ist.
Dies erfordert in vielen Fällen Partnerschaften mit privatwirtschaftlichen Unternehmen. Gleichzeitig bedeutet es aber auch, dass die Organisation sich unter Umständen in direkte Konkurrenz mit anderen Anbietern gleicher oder ähnlicher Dienstleistungen begibt.
Die Konsequenz: Verbände müssen für sich einen eigenständigen und jeweils individuell angepassten Ansatz des Customer Relationship Management entwickeln, wobei dieser allerdings mindestens die folgenden drei Grundbausteine ausprägen muss:
- Mitgliedermanagement,
- Informationsmanagement,
- Verbands - Community.
Das Mitglied im Mittelpunkt
Klar ist, wer für seine Mitglieder attraktiv bleiben will, muss seine Mitglieder kennen. Diese Aufgabenstellung geht allerdings über eine einfache Adressverwaltung, wie man sie heute in vielen Verbänden einsetzt, hinaus. Das Planen, Steuern und Kontrollieren des Dienstleistungsangebotes, wie zum Beispiel das Anbieten von Veranstaltungen, muss genauso Bestandteil eines integrierten Mitgliedermanagements sein wie die schnelle und fehlerfreie Abwicklung des Inkasso und Exkasso.
Zur Verbesserung der Attraktivität des Verbandes ist es darüber hinaus notwendig, genau zu wissen, welche Leistungen von welchen Mitgliedern heute eigentlich wann und wie umfangreich genutzt werden. Nur so lässt sich die oftmals heterogene Mitgliederstruktur sauber zu homogenen Interessengruppen zusammenfassen. Diese bilden dann die Grundlage für eine zielgruppengerechte Ausrichtung des Dienstleistungsangebotes aber auch für eine an den Informationsbedürfnissen der Mitglieder orientierten Kommunikation. Ein zeitgemäßes Mitgliedermanagement bildet somit den Ausgangspunkt aller Bemühungen für einen ganzheitlichen Customer Relationship Management-Ansatz.
Neue Informationswege
Wenn der Einzelne nur wüsste, was die Organisation weiß. Diese Problemstellung betrifft nicht nur privatwirtschaftliche Unternehmen, sondern auch Verbände. Nur gut informierte Mitarbeiter können Mitglieder - respektive Kunden - kompetent betreuen. Dies umfasst neben der Verfügbarkeit allgemeiner Informationen, zum Beispiel über das von der Organisation angebotene Dienstleistungspaket, vor allem den Zugang zu Mitgliederinformationen und fall- bzw. vorgangsbezogenen Daten. Das Mitgliedermanagement darf also nicht losgelöst betrachtet werden, sondern muss mit einem leistungsfähigen Dokumentenmanagement gekoppelt werden. Zusätzlich ist es für viele Organisationen heute verstärkt notwendig, auch die ehrenamtlich und im Außendienst tätigen sowie die Heimarbeiter in ein umfassendes Informationsnetzwerk einzubinden.
Selbstverständlich spielt die gezielte Information der externen Kunden eine wichtige Rolle. Hier gilt es, die klassischen Medien wie Zeitschriften und Broschüren mit neuen Interaktionsformen wie Service-Hotlines, Newsletters und Informationsportalen im Web zu kombinieren. Vor allem die letzten zwei Medien stellen kostengünstige Formen dar, um bestimmte Zielgruppen mit kontextbezogenen Informationen zu versorgen. Wichtig für den Erfolg ist allerdings, dass das Informations- und Kommunikationsmanagement an den individuellen Wünschen der Kunden ausgerichtet wird. Auch hier ist die enge Verzahnung mit dem Mitgliedermanagement eine wichtige Voraussetzung, um zum Beispiel Interessenprofile und Kontakthistorie in das Informationsmanagement einfließen zu lassen.
Gemeinschaft schafft Bindung
Verband - Communities im Internet sind mehr als einfach nur Web-Seiten. Sie sind vielmehr ein strategisches Medium der Mitgliederbindung. Leistungspartner der NPO bzw. des Verbandes nutzen die Community, um zielgruppenspezifisch ihre Produkte anzubieten. Das Dienstleistungsspektrum kann somit weiter im Sinne der Kunden ausgebaut werden, ohne dass die Organisation hierfür spezielles Wissen aufbauen muss. Durch exklusive Preis- oder Servicevorteile wird die NPO bzw. der Verband attraktiver und bindet so das Mitglied langfristig. Außerdem kann sich die Organisation über Nutzungsentgelte der Leistungspartner eine neue Finanzierungsquelle erschließen. Dies setzt allerdings voraus, dass man ein solches Angebot in eine den rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechende Organisationsform – Stichwort Service GmbH - einbettet.
Die Verband-Community ist nicht nur eine kundenspezifische Dienstleistungsplattform, sie ist vielmehr ein zentraler, rollenspezifischer Zugangspunkt zu Informationen, Dienstleistungen und Kommunikations-Services, die bereitgestellt werden. Die Community, oftmals auch als Internet Portal bezeichnet, fördert damit auch die Interaktion zwischen Mitgliedern und der Organisation, durch Funktionen wie zum Beispiel Foren, Chats und virtuelle Team-Räume. Die Einrichtung einer Verband-Community führt aber auch zur Kostenreduktion bei Standardprozessen. So können hierüber zum Beispiel Adress- und Kontoinformationsänderungen online durchgeführt werden, aber auch Mitgliedsanträge, Spenden oder Unfallanzeigen sind auf diese Weise schnell und kostengünstig abzuwickeln. Der Erfolg einer solchen virtuellen Gemeinschaft hängt allerdings stark von den angebotenen Inhalten und den Interaktionsmöglichkeiten ab. Neben der Schaffung der technischen Grundlagen bedarf es also auch eines aktiven Inhalt-Managements.
Erfolgsfaktor Software
Wer sich heute als Führungskraft eines Verbandes mit der Entwicklung und Umsetzung eines CRM Konzeptes beschäftigt, muss sich von Anfang an auch Gedanken über die technische Umsetzbarkeit des Konzeptes machen. Die Technik ist hier zwar nicht der limitierende Faktor, jedoch einer der Kostentreiber. Zum Beispiel muss die benötigte Software an die individuellen Bedürfnisse und Prozesse der Organisation angepasst werden. Ein Anpassen der Prozesse an die Möglichkeiten der Software würde unweigerlich zum Scheitern des CRM-Ansatzes führen; eine Erfahrung, die viele privatwirtschaftliche Unternehmen schon gemacht haben. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass das Thema CRM von IT / EDV Seite ganzheitlich betrachtet werden muss, was unweigerlich nach einer homogenen und integrierten Software-Landschaft verlangt.
Für die Organisation bedeutet dies, den heute oftmals vorhandenen IT-„Wildwuchs“ durch eine IT-Strategie zu steuern. Es gilt, eine Optimierung des Gesamtsystems zu erzielen und nicht der IT-Einzelbausteine. Dies verlangt – nicht zuletzt aus Kostengründen – eine Festlegung auf bestimmte Standards, zum Beispiel im Bereich der Hardware und der Betriebssysteme. Bei Software ist die Frage nach Standards im Umfeld von Verbänden und Nonprofit-Organisationen nicht so pauschal zu beantworten, da die Software letztendlich eine reibungslose Abwicklung der Prozesse erst ermöglicht und somit optimal auf die Aufgabenstellung und die NPO- / Verbandsstruktur abgestimmt sein muss.
Grundsätzlich kann man aber festhalten, dass es Bereiche gibt, in denen Standardsoftware eher einsetzbar ist. Diese sind durch allgemein anerkannte Prozessabläufe oder rechtliche Anforderungen gekennzeichnet. Zu dieser Kategorie zählen unter anderem das Personal-, Finanz- und Rechnungswesen. Auch im Bereich des Informationsmanagements kann man gut auf Standardsoftware, zum Beispiel für Groupware (eMail Systeme) und Dokumentenmanagement, zurückgreifen. Allerdings: Je spezifischer das durch den Verband bereitgestellte Dienstleistungsangebot ist, desto eher muss individuell gestaltete Software zum Einsatz kommen. Dies gilt oftmals für den Bereich des Mitgliedermanagements, da sich hier Organisationen gemäß den individuellen Aufgabenstellungen und den erbrachten Dienstleistungen stark voneinander unterscheiden und Standards schnell ihre Grenzen finden. Aus dem gleichen Grund wird man auch bei Verband-Communities eher spezialisierte Softwarelösungen nutzen. Diese sollten allerdings auf verbreiteten Technologieplattformen aufbauen.
Fazit
Ein Blick über den Zaun zu den Konzepten der privatwirtschaftlichen Unternehmen - besonders im Bereich des CRM - kann für gute Denkanstöße sorgen. Ein einfaches Übertragen der dort angetroffenen Methoden auf Verbände und NPO ist wegen der spezifischen Aufgabenstellungen allerdings nicht möglich; vielmehr geht es um ein intelligentes Adaptieren. Besonderes Augenmerk ist bei der Gestaltung eines umfassenden CRM-Ansatzes auf die Bereiche Mitgliedermanagement, Informationsmanagement und Verband- / NPO-Community zu legen. Ein Erfolg wird sich aber erst dann einstellen, wenn die verbandsspezifischen CRM-Konzepte mit einem soliden, organisationsweit integrierten IT Fundament untermauert werden. Dieses Fundament muss dabei genau so sorgfältig geplant werden wie das betriebswirtschaftliche Konzept selbst - denn Betriebswirtschaft und IT bilden heute eine nicht mehr auflösbare Symbiose.