„Die zweite Kammer der Gesetzgebung, der Bundesrat, läuft immer mehr Gefahr, als willfähriger Helfershelfer von Lobbyisten aufzufallen.“ So äußerte sich Staudinger kürzlich in der ‚Neuen Juristischen Wochenschrift‘ kritisch über die Gefälligkeitsgesetzgebung der Länderkammer. Hintergrund seiner nachstehend abgedruckten Bemerkung ist das Produkthaftungsgesetz, dass nach Auffassung des Bundestages künftig auch auf landwirtschaftliche Erzeugnisse ausgedehnt werden soll. Der Bundesrat hatte hierzu ‚Nachverhandlungen‘ mit Brüssel gefordert.
„Im Hinblick auf das Verhalten des Bundesrats sei abschliesend eine kritische Anmerkung erlaubt. Sollte der Einwand der "Nachverhandlungen" ernst gemeint gewesen sein, muss man dem Bundesrat leider grose Defizite im Europäischen Gemeinschaftsrecht bescheinigen und dringend einen Schnellkurs empfehlen. Sieht man den Einwand hingegen nur als Vorwand, um mit Hilfe der Blockadepolitik einige Monate Aufschub zu erreichen, fällt das Bild nicht schmeichelhafter aus.
Nicht zum ersten Mal hätten dann wohl die Lobbyisten – um ein Bild der Ochsenzucht zu bemühen – die Ländervertreter "an der Nase herumgeführt". Während nun aber bei sportlichen Wettkämpfen ein regelwidriges Spiel auf Zeit geahndet werden kann, muss man bislang einem solchen Treiben des Bundesrats tatenlos zusehen. Zwar konnte eine Staatshaftung aus Sicht der Steuerzahler dankenswerterweise noch in letzter Minute abgewendet werden. Da aber bereits die nächsten Richtlinien zur Transformation anstehen und auch hier der ambitionierte Lobbyist nichts unversucht lassen wird, ist nach Abhilfe zu sinnen. Disziplinierend könnte es da doch wirken, wenn die Staatshaftung nicht den Bund, sondern zumindest im Regresswege die eigentlichen schwarzen Schafe, also die betreffenden Länder als Verursacher der Verzögerung träfe.“
(NJW 2001, S. 275 f.)