Verbändereport AUSGABE 6 / 2002

Deutscher Alpenverein steigt mit moderner Verbandssoftware neuen Höhen entgegen

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Wer hoch hinaus will, braucht eine gute Ausrüstung. Das gilt nicht nur für den Bergsteiger an der Eiger-Nordwand, sondern ebenso für den Deutschen Alpenverein mit Sitz in München. Die veraltete IT-Struktur hat den Verband in den letzten Jahren unnötig viel Mühe gekostet. Eine integrierte Verbandssoftware, gestraffte Arbeitsabläufe und moderne Kommunikationsstrukturen erleichtern der größten Bergsteigervereinigung der Welt nun den Aufstieg.

Verbandsstruktur

Wer sich den Deutschen Alpenverein e.V. als beschauliche Truppe kauziger Naturburschen vorstellt, liegt gründlich daneben. Mit 650.000 Mitgliedern und einem Bilanzvolumen von rund 35 Millionen Euro entspricht er vielmehr einem mittelständischen Dienstleistungsbetrieb.

Kunden sind in erster Linie die im Verband organisierten 352 lokalen Vereine, im Vereinsjargon Sektionen genannt. Sie unterhalten derzeit 305 Berghütten mit einem weit verzweigten Wegenetz. Vereine, die im Verband organisiert sind, können die Infrastruktur zu festen Preisen nutzen.

Eine wichtige Aufgabe des Alpenvereins liegt in der finanziellen Umverteilung. Aus den Beitragseinnahmen werden Sektionen bei der Erhaltung ihrer Hütten finanziell unterstützt. Ein zweiter Schwerpunkt ist die sportliche Fortbildung. Hier steht ein umfangreiches Seminarprogramm etwa zu den Alpinsportarten oder der Übungsleiterausbildung auf dem Stundenplan.

In zunehmendem Maße erfüllt der Alpenverein auch öffentliche Interessen. Dem in Bayern anerkannten Naturschutzverband geht es dabei vor allem um die Bewahrung der alpinen Flora und Fauna. „Unser Ziel ist die naturverträgliche Ausübung des Bergsports. Hierfür schaffen wir Rückzugsgebiete für Tiere und sorgen dafür, dass die Bergwelt von Eingriffen verschont bleibt“, betont Norbert Maier, kaufmännischer Leiter des Deutschen Alpenvereins. Des Weiteren gehören die Jugendbildungsstätte in Hindelang im Allgäu und das Alpinmuseum auf der Praterinsel in München zum Alpenverein.

Veraltete Software kostete Zeit und Mühe

Die vielfältigen Aufgaben des Verbands erschweren die Gestaltung der Arbeitsabläufe. Vor allem die EDV bereitete Norbert Maier einiges Kopfzerbrechen. Anders als beispielsweise bei Handel und Industrie ist das Softwareangebot für Vereine und Verbände recht übersichtlich. „Während Mitgliederverwaltung und Beitragseinzug zumeist kein Problem sind, wird es bei der Seminarverwaltung schon schwierig. Eine vollständige Integration zur Finanzbuchhaltung hat praktisch kaum eine Verbandssoftware zu bieten.

Hinzu kommen spezielle Anforderungen wie die Hütten- und Wegeverwaltung oder die Abwicklung von Darlehen und Beihilfen“, erläutert Maier die Ansprüche des Alpenvereins. Nicht zuletzt deshalb arbeitete man lange Zeit mit einem Sammelsurium veralteter Insellösungen. Die fehlenden Schnittstellen erschwerten die Aufbereitung und Weiterverarbeitung der Daten.

Zusätzlich mussten viele Datensätze doppelt gepflegt werden. „Zentrale Applikationen, wie die Finanzbuchhaltung oder die Adress- und Seminarverwaltung ‚FACTS’, liefen unter MS DOS. Eine Integration zu Windows-Programmen wie MS Office war damit praktisch unmöglich. Zudem mussten wir bei jeder noch so kleinen Anpassung einen Programmierer holen – auf Dauer ein teurer Spaß“, blickt Norbert Maier auf alte Zeiten zurück.

Transparenz und Integration waren ausschlaggebend

Die Inspiration für den Systemwechsel holte sich Maier 1999 beim Besuch der Münchner Systems. Das Softwarehaus GOB stellte dort UNITOP NT vor, eine Verbandssoftware auf Basis der betriebswirtschaftlichen Komplettlösung Navision Attain.

„Was mir besonders auffiel, war die Integration der einzelnen Programmbereiche und die Flexibilität der Berichte. Bei Kursbuchungen wird beispielsweise der aktuelle Stand des Teilnehmerkontos eingeblendet und auf überfällige Salden hingewiesen. Zudem gibt es nur eine Datenbank. Doppeleingaben erübrigten sich damit“, erinnert sich Maier. Externe Faktoren, wie das Jahr 2000-Problem, vor allem aber die bevorstehende Euro-Einführung erhöhten in den Folgemonaten den Handlungsbedarf des Alpenvereins.

Vor der endgültigen Entscheidung nahm man Programme von etwa 15 Anbietern genauer unter die Lupe.

„Zugegeben, die Latte lag hoch. Doch, für unsere spezifischen Anforderungen, konnte außer der GOB kein Anbieter mit einer vollständig integrierten Lösung aufwarten. Zusätzliche Felder in den Eingabemasken waren so schnell eingebaut, dass wir sicher waren, unsere Ideen umsetzen zu können. Zudem hatten wir mit Navision, als Softwarehersteller und GOB, als Entwickler und Systemhaus, Partner gefunden, die uns in allen Belangen Investitionssicherheit gaben“, benennt Norbert Maier die Entscheidungsgründe vom Dezember 2000.

Implementierung in mehreren Schritten

Der eigentliche Startschuss für das Projekt fiel Ende März 2001. Für den Umstieg waren mehrere Phasen vorgesehen. So nahm man sich für den April beziehungsweise Juni 2001 zunächst die Programmbereiche vor, die den geringsten Anpassungsaufwand mit sich brachten: die Kostenrechnung, Lohn-, Anlagen- und Finanzbuchhaltung.

Nach Umstellung der Hauswährung auf den Euro ging es im August 2001 mit der Adressverwaltung ans Eingemachte. Da viele Adressen mehrfach aufgeführt waren, beispielsweise als Kursteilnehmer, Vereinsvorstand oder Unternehmenskontakt, musste man den Adressbestand erst einmal mit einem Dublettenabgleich bereinigen. Ziel war es, die verschiedenen Datensätze über Zuordnungen mit einem Hauptdatensatz, beispielsweise eine Firma, oder eine Sektion zu verknüpfen.

Ähnlich anspruchsvoll war die Übernahme der Altdatenbestände. „Da die Daten aus verschiedenen Programmen konsolidiert werden mussten, war ein Konvertierungsprogramm erforderlich, das die einzelnen Teile sukzessive zusammenführt. Bei der Gelegenheit änderten wir Hauptordnungskriterien wie Debitoren-/Kreditorennummer gleich mit. Anstatt wie bisher für unterschiedliche Forderungen verschiedene Nummernkreise zu verwenden, gibt es nun für jeden Debitor oder Kreditor eine eindeutige Nummer“, verdeutlicht Maier die Unterschiede.

Auch beim Aufbau der Seminarverwaltung galt es einige Klippen zu umschiffen. Teilnehmer, die zu Übungsleiterkursen aus entfernten Regionen anreisen, erhalten vom Alpenverein eine Fahrtkostenerstattung. Da in der Vergangenheit je nach Beförderungsmittel und Kurs unterschiedliche Kilometersätze abgerechnet wurden, kamen verschiedene Berechnungsvarianten zum Einsatz. Seminarrechnung und Fahrtkostengutschrift wurden zudem zu unterschiedlichen Zeitpunkten erstellt. Heute sorgt die Integration des Routenplaners „Map & Guide“ für präzise Kilometerangaben. Das erstattete Fahrtgeld wird dabei gleich mit den Seminarkosten verrechnet. „Damit ist die Abrechnung in kürzester Zeit erstellt, und wir sparen uns den Verwaltungsaufwand für die Scheckausstellung“, freut sich Norbert Maier über die Verbesserung.

Investition in die Zukunft

UNITOP NT ist auf allen 50 Arbeitsplätzen des Alpenvereins im Einsatz. Das Alpinmuseum und die Jugendbildungsstätte greifen über das Internet mit der Terminalapplikation CITRIX MetaFrame XP auf die Daten zu. Die Übertragung wird dabei mit Hilfe einer Firewall vor neugierigen Blicken geschützt.

Norbert Maier lobt vor allem die Sicherheit des neuen Systems: „Einzelnen Aktivitäten, wie beispielsweise der Bewilligung und Auszahlung von Darlehen, sind Standardbuchungssätze hinterlegt. Beim Abschluss jedes Vorganges werden die Transaktionen automatisch in die Finanzbuchhaltung überspielt. Dies erleichtert nicht nur die Arbeit, sondern macht zudem die Abstimmung zwischen den Abteilungen überflüssig.“ Umgekehrt gelangen Informationen aus der Finanzbuchhaltung in die einzelnen Programmbereiche. So lässt sich beispielsweise die Förderung von Baumaßnahmen nach Sektionen, Hütten oder Antragsnummern auswerten.
Ebenso kann man zu jedem Teilnehmer die Kurshistorie mit sämtlichen Anmeldungen und Stornierungen aufrufen. Ein Rationalisierungsprojekt ist UNITOP NT für Norbert Maier deshalb trotzdem nicht. Im Gegenteil: Die neue Software verbessert in erster Linie den Service und rüstet den Alpenverein für die Zukunft. „Mit UNITOP NT sind wir künftig in der Lage, die ständig steigenden Anforderungen schneller, besser und effizienter zu bewältigen“, erklärt er.

Auch wenn das neue System erst seit Ende 2001 im Einsatz ist, steht schon das nächste Großprojekt vor der Tür. Bereits im Mai sollen die einzelnen Sektionen Adressänderungen oder Hüttenberichte bequem per Internet in die Datenbank des Alpenvereins einspielen können. Später sollen über das Intranet-Portal des Deutschen Alpenvereins weitere Daten ausgetauscht werden. Zudem ist ein Webshop für die Kursbuchung sowie die Bestellung von Arbeitsmaterial und Merchandising-Artikeln vorgesehen. Doch bis dahin werden die Münchner vielleicht wieder selbst Zeit finden, den Spuren Ötzis und Luis Trenkers zu folgen.

Kurzporträt: Der Deutsche Alpenverein e.V.

Die Wurzeln des Deutschen Alpenverein e.V. reichen bis ins Jahr 1869 zurück, als das deutsche Kaiserreich allenfalls in den Köpfen politischer Strategen existierte. Die Ideale und Traditionen aus der gesellschaftlichen „Aufklärung“ sind bis heute erhalten geblieben: Die Liebe zur Natur und der alpinen Bergwelt schlagen sich vor allem in der Erhaltung des verzweigten Wegesystems und der vielen Hütten nieder.

352 über das gesamte Bundesgebiet verteilte Sektionen (lokale Vereine) sind derzeit im Deutschen Alpenverein organisiert. Sie unterstützt der Verband mit Kapital und Know-how bei der Erhaltung ihrer Einrichtungen und der sportlichen Ausbildung. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg sind öffentliche Aufgaben hinzugekommen.

So kümmert sich der in Bayern als Naturschutzverein anerkannte Alpenverein um den Erhalt der alpinen Natur, schützt beispielsweise Rückzugsgebiete der dortigen Tierwelt oder entwickelt Konzepte für die Ver- und Entsorgung hochalpiner Hütten. Im Gegensatz zu vielen anderen Sportverbänden ist Mitgliederschwund kein Thema. Seit Jahren verzeichnet der Verein ein kontinuierliches Wachstum von rund zwei Prozent. Derzeit sind rund 650.000 Alpinisten im Alpenverein organisiert. Zwei wichtige Gründe hierfür sind die ausgeprägte Familienarbeit und die sukzessive Öffnung für neue alpine Spielformen wie Mountainbiking, Canyoning oder Extrem-Klettern. Auf internationalem Parkett ist der Deutsche Alpenverein unter anderem in der UIAA (Union Internationale des Associations d Alpinisme) und im CAA (Club Arc Alpin) vertreten.

So arbeitet der Alpenverein

Derzeit sind 50 PC-Arbeitsplätze an den Vereinsserver angeschlossen. Als Datenbank verrichtet der Microsoft SQL-Server seinen Dienst. Der Zugriff von den entfernten Standorten Alpinmuseum und Jugendbildungsstätte erfolgt via Internet über die Terminalemulation CITRIX. Geschützt werden die sensiblen Daten mit einer SIAC Firewall. Die Vereinssoftware UNITOP NT basiert auf der betriebswirtschaftlichen Komplettlösung Navision Attain und umfasst die folgenden Standardmodule:

  • Finanzbuchhaltung
  • Anlagenbuchhaltung
  • Kostenstellenrechnung
  • Personalwesen
  • Lohn und Gehalt
  • Marketing
  • Einkauf
  • Verkauf
  • Commerce Portal

Zusätzliche Branchenmodule sind:

  • Mitgliederverwaltung
  • Seminarverwaltung
  • Adressverwaltung
  • Hüttenverwaltung
  • Beihilfen- und Darlehensverwaltung
  • Kletteranlagenverwaltung

Weitere Schnittstellen existieren zu Lotus Notes, zum Microsoft BizTalk Server, dem Microsoft Commerce Server, dem Routenplaner Map & Guide sowie der Controllingsoftware „Corporate Planner“.

Die GOB – Spezialist für Vereins- und Verbandsoftware

Das 1965 gegründete Softwarehaus GOB entwickelt seit fünf Jahren Branchensoftware auf Basis der betriebswirtschaftlichen Komplettlösung Navision Attain. Die Vereins- und Verbandssoftware UNITOP NT setzen Fußball-Bundesligisten wie Bayer Leverkusen und Schalke 04, der Westdeutsche Fußballverband oder aber Interessengruppen wie beispielsweise der Hartmannbund ein. Die derzeit 168 Mitarbeiter erwirtschafteten im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 23 Millionen Euro. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Deutschen Alpenverein führte zu einem unmittelbaren Nachfolgeprojekt beim Schweizer Alpenverein. In Österreich dauern die Gespräche hingegen noch an. (www.gob.de)

 

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