Verbändereport AUSGABE 5 / 2002

Die Pressemitteilung

Standard-Tool professioneller Pressearbeit

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Die Pressemitteilung ist der „Klassiker“ unter den schriftlichen Instrumenten der Pressearbeit. Welche Grundregeln es beim Verfassen einer Pressemitteilung zu beachten gilt, wie man vorgeht und welche Stolpersteine sich geschickt umgehen lassen, zeigt der folgende Beitrag in der Reihe „PR-Werkstatt“.

Für Journalisten gehören Pressemitteilungen zu den wichtigsten Informationsquellen. Für die Öffentlichkeitsarbeit eines Verbandes sind sie das Standard-Instrument der Pressearbeit. Eine professionell verfasste und gestaltete Pressemitteilung erhöht die Chancen auf einen Abdruck und darauf, dass sich die Kernbotschaften des Verbandes in den Medien wieder finden. Ein gut formulierter Text erleichtert dabei dem Redakteur die Arbeit.

Doch auch eine inhaltlich wie formal korrekte Pressemitteilung ist noch kein Garant dafür, dass sie von den Redaktionen übernommen wird. Es besteht keine Verpflichtung zur Veröffentlichung. Journalisten lassen sich nicht vorschreiben, was sie wie schreiben sollen. Erwarten Sie daher nicht, dass die Redaktionen den genauen Wortlaut Ihrer Pressemitteilung übernehmen. Viel wichtiger ist, dass die Daten, Fakten und Aussagen korrekt dargestellt werden und Ihre Organisation in den Medien präsent ist.

Grundsätzlich gilt: Ohne Anlass (News) keine Pressemitteilung. Wenn Sie keinen relevanten Anlass haben, verzichten Sie auf eine Presseinformation! Was relevant ist, hängt von Aktualität, Zielgruppe und Tragweite ab.

Journalisten prüfen beim Lesen von Pressemitteilungen immer folgende Aspekte:

  • Stimmen die Aussage, die Zahlen und Angaben?
  • Ist das Thema aktuell?
  • Ist es für die Zielgruppe / Öffentlichkeit / Leser relevant?
  • Welche Absicht verfolgt der Verfasser der Pressemitteilung?
  • Gibt es Ungenauigkeiten oder Verschleierungen im Text?
  • Ergeben sich gar Widersprüche?

Denken Sie beim Verfassen einer Pressemitteilung an diese Punkte und versuchen Sie, den Text distanziert und „mit den Augen“ eines Journalisten zu sehen.

Das Beste zuerst

Für jede Pressemitteilung gilt: Die Kernbotschaft gehört an den Anfang. Bereits in der Überschrift muss der Journalist erkennen, um was es geht. Die Überschrift (Headline) muss interessieren, zum Weiterlesen anregen und zugleich die Kernaussage enthalten. Eine Unterzeile macht Angaben über den Inhalt oder Teilaspekte der Pressemitteilung.

Innerhalb des ersten Absatzes einer Pressemitteilung muss der Journalist Antworten auf die wichtigsten W-Fragen erhalten:

Was ist passiert? Wer hat etwas getan? Wann? Wo? Warum und mit welchem Ziel? Wie geschah es (Umstände, Art und Weise)? Schließlich: Woher stammen die Informationen? (Quellenangabe).

Texte werden von hinten gekürzt

Erst nachdem diese Informationen gegeben worden sind, sollten in den folgenden Absätzen weitere Einzelheiten oder Zusammenhänge mitgeteilt werden. Dabei nimmt die Wichtigkeit der Aussagen von oben nach unten ab. Wenn sich die Sätze der Pressemitteilung von „hinten wegstreichen“ lassen, ohne dass die Kernbotschaft verloren geht, dann stimmt der Aufbau. Der Grund: Journalisten kürzen Pressemitteilungen vom Ende her. Steht das Wesentliche am Anfang der Meldung, so kann der Text problemlos an die Platzvorgaben des jeweiligen Mediums angepasst werden, ohne dass die Kernbotschaft verloren geht oder der Journalist den gesamten Text erst umschreiben muss.

Ein „Abbinder“ am Ende des Textes, nach dem amerikanischem Vorbild der boiler plate, fasst in zwei bis drei Sätzen die wesentlichen Ziele und „Eckdaten“ (Mission, Mitgliederzahl, Gründungsdatum) der Organisation zusammen. Sie ist bei allen folgenden Pressemitteilungen gleich und liefern dem Journalisten knappe, aber wesentliche Basisinformation. Das ist insbesondere für Journalisten bei den Nachrichtenagenturen wichtig: Sie müssen innerhalb weniger Minuten eine knappe Nachricht formulieren.

Aufbau einer Pressemitteilung

-
„Presseinformation“
- Titel
- Untertitel
- Datum und Ortsangabe
- Kernbotschaft und Informationskern: 6 W-Fragen
- Erläuterungen und Zusammenhänge
- Zitat
- Zwischentitel
- Einzelheiten
- „Abbinder“ / boiler plate
- Firmenanschrift
- Ansprechpartner mit Telefondurchwahl und Faxnummer

8 Grundregeln für Pressemitteilungen

1. Keine Pressemitteilung ohne substanzielle News.

2. Trennung von Nachricht und Kommentar. Eine Pressemitteilung ist ein Nachrichtentext.

3. Die Aktualität muss gegeben sein. Der „Schnee von gestern“ interessiert weder Journalisten noch Leser.

4. Beantwortung der W´s - was, wer, wann, wo, wie, warum - beachten.

5. Empfängerorientiert schreiben. Überlegen Sie vorher genau, wen die Mitteilung ansprechen soll.

6. Eindeutige Quellenangaben machen.

7. In kurzen, klaren Sätzen formulieren — keine „Satz-Ungetüme“ verfassen.

8. Formalia beachten. Der äußere Eindruck muss stimmen.

Stil

Pressemitteilungen, die unsachlich, tendenziell, werblich oder gar polemisch formuliert werden, haben kaum eine Chance, Beachtung zu finden. Auch Mitteilungen, die bereits im Stile eines bestimmten Mediums geschrieben sind, können nur selten überzeugen. Je sachlicher und nüchterner eine Mitteilung ist, desto glaubwürdiger wirkt sie. Zudem kann der Journalist bei einer nüchternen Darstellung der Fakten die Mitteilung in Stil und Umfang am besten an sein Medium anpassen. Oberstes Gebot für den Schreibstil sind daher Sachlichkeit und eine klare, präzise Ausdrucksweise. Dabei helfen kurze, eindeutig formulierte Sätze, mit rund 14 bis 17 Wörtern. Schachtelsätze sind für Pressemitteilungen ungeeignet.

Vermeiden Sie Fachchinesisch!

Fachbegriffe können bei einem Fachpublikum oder einer Fachpublikation sinnvoll sein. Bei Pressemitteilungen für Tageszeitungen hingegen sollten Fachbegriffe für die Öffentlichkeit erläutert werden.

Ein aktiver Schreibstil ist sehr viel ansprechender als der weitverbreitete, unpersönliche passive Stil. Darüber hinaus gibt ein aktiver Stil Informationen darüber, wer was warum tut.

Verwenden Sie daher bevorzugt Aktiv- statt Passivaussagen. Anstatt „Der Vorstand wurde gewählt“ besser „... haben die Mitglieder einen neuen Vorstand gewählt.“ Ein passiver Schreibstil begünstigt zudem eine schwammige Ausdrucksweise. Ungenauigkeiten und vage Ausdrucksweise wiederum provozieren manchmal recht unangenehme Nachfragen von Journalisten oder führen direkt in den Papierkorb.

Nennen Sie also „Ross und Reiter“ und sagen Sie, was Sache ist. Andeutungen, Vermutungen oder bildhafte Vergleiche sind in Pressemitteilungen fehl am Platz, genauso wie Superlative, Übertreibungen oder Ausschmückungen. Was zählt, sind Fakten, Tatsachen, Aussagen. Zitieren Sie Aussagen wörtlich, machen Sie diese als Zitat mit Anführungszeichen kenntlich und nennen Sie den Vor- und Zunamen sowie, bei der ersten Erwähnung, die Funktion des Zitierten. Aussagen in direkter Rede machen einen Text lebendiger. Also nicht „Der Verband sprach sich für xyxy aus.“, sondern: „Vorname, Zuname, Funktion: „Wir befürworten xy, weil ...“. Die Personalisierung von News macht sie zudem attraktiver für die Berichterstattung.

Konjunktive (man sollte, man müsste, könnte, würde, dürfte), Weichmacher (nicht wirklich, gewiss, eigentlich) und überflüssige Füll- und „Blähwörter“ (also, auch, dann, um so, besonders, selbstverständlich, im eigentlichen Sinne, natürlich) sind für Pressemeldungen untauglich. Streichen Sie diese radikal.

Fazit: Ein sachlicher, verständlicher Stil und Übersichtlichkeit sind für eine gute Pressemitteilung wesentlich.

Die äußere Form....

...beeinflusst die Abdruckchancen einer Pressemitteilung enorm. Redakteure haben wenig Zeit. Müssen sie sich erst mühsam durch schlecht formulierte Texte durcharbeiten, ist der Weg in den Papierkorb nicht weit. Um dies zu vermeiden, sind einige Grundregeln zu beachten:

  • Papier wird grundsätzlich nur einseitig beschrieben.
  • Geschäftspapier mit Briefkopf oder eigens hierfür angefertigtes Pressemitteilungs-Papier verwenden.
  • Die „klassische“ Pressemitteilung sollte idealerweise auf eine DIN A 4 Seite passen. Zwei Seiten können noch akzeptabel sein, mehr als drei sind eine Zumutung für den Redakteur und nur bei Fachartikeln oder Hintergrundberichten zulässig. Gegebenenfalls kann eine Meldung um ein „Fact Sheet“ mit Eckdaten des Verbandes ergänzt werden.
  • Der Zeilenabstand beträgt 1 ½ bis 2 Zeilen; die Manuskriptzeile umfasst etwa 40 Anschläge.
  • Links oder rechts wird ein Rand von ca. 5 cm zum Redigieren benötigt.
  • Abkürzungen können dann verwendet werden, wenn sie zuvor im Text eingeführt sind. Abkürzungen wie usw., bspw. etc. sind weder üblich noch notwendig („Wortmüll“).
  • Zahlen bis zwölf werden in Buchstaben geschrieben, ab 13 in Ziffern.
  • Prozente werden ausgeschrieben: nicht „33 %“, sondern „33 Prozent“.
  • Bei Geldbeträgen heißt es korrekt: „250 Euro“.
  • In Flattersatz schreiben; das ist lesefreundlicher als Blocksatz und vermeidet größere Wortzwischenräume.
  • Fettdruck vermittelt schnell einen werblichen Charakter. Sätze sollten so formuliert und so aussagekräftig sein, dass diese Hervorhebung unnötig ist. Auch Unterstreichungen, Sperrungen, Versalien oder Kursivschrift sind überflüssig.
  • Papier mit „Presseinformation“ kennzeichnen. Dies kann verhindern, dass der Text versehentlich in der Anzeigenabteilung landet. Allerdings nur, wenn er formal und inhaltlich auch „werbefrei“ ist.
  • Nach jeweils zwei bis drei Absätzen Zwischenüberschriften einfügen. Das strukturiert den Text und gibt Impulse zum Weiterlesen.
  • „Spitzmarke“ nicht vergessen, d.h. bei tagesaktuellen Pressemitteilungen am Anfang des Textes das Datum und die Ortsangabe einfügen.
  • Unbedingt Absender und Ansprechpartner angeben und die telefonische Durchwahl nicht vergessen. Die angegebene Person muss auch tatsächlich anwesend sein, wenn die Pressemitteilung versendet wird. Wenn sich der Journalist erst durchfragen und feststellen muss, dass sein Ansprechpartner nicht im Hause ist oder er mit dem „Ersatzmann“ vorlieb nehmen muss, ist das oft kontraproduktiv und beiderseitige Zeitverschwendung.

Ein Anschreiben zu einer Pressemitteilung kann man sich - und dem Journalisten - ersparen. Ausnahme: Sie haben zuvor ein Telefonat geführt und geben zusätzliche Informationen im Anschreiben.

Timing und Versand

Die beste Pressemitteilung ist unbrauchbar, wenn sie zum falschen Zeitpunkt versendet wird oder an einen veralteten oder falsch zusammengestellten Verteiler geht.

Die Qualität und Stimmigkeit des Verteilers entscheidet nicht zuletzt stark über die Abdruckwahrscheinlichkeit. Passt der Verteiler oder der Ansprechpartner nicht zum Inhalt der Pressemitteilung, ist diese in den meisten Fällen „verloren“. Wichtig ist außerdem, dass alle Redaktionen die Information zum selben Zeitpunkt erhalten — ob per Fax, elektronischem Versand oder per Post. Es verbietet sich von selbst, eine Pressemitteilung zu einer Veranstaltung erst im Nachhinein zu versenden oder ein Statement zu einer aktuellen Entscheidung erst Tage später abzugeben. Daher ist das ständige à-jour-halten des Presseverteilers ein absolutes Muss.

Wenn Inhalt und Qualität der Pressemitteilung stimmen und durch ein professionelles Versandhandling ergänzt werden, haben Pressemitteilungen eine gute Chance darauf, als Informationsangebot an die Redaktionen wahr- und angenommen zu werden.

Backgrounder: Text oder Artikel mit Hintergrundinformationen. Ist häufig Bestandteil von Pressemappen. In der Berichterstattung finden sich die Inhalte des Backgrounders oft als Textkästen wieder.

Boiler plate: Letzter Abschnitt, meist 2-3 kurze Sätze, die die wesentlichen Ziele, Aufgaben oder Fakten zum Unternehmen, bzw. zum Verband darstellen. Ursprünglich in den USA üblich, werden sie inzwischen von immer mehr Unternehmen auch hierzulande verwendet. Dem Journalisten liefern sie auf einen Blick wichtige Basisinfos zum Unternehmen, bzw. zum Verband.

PM /PI: Kurzform für Pressemitteilung / Presseinformation.

Sperrfrist: Eine Sperrfrist auf einer Pressemitteilung gibt an, bis zu welchem Zeitpunkt sie von der Redaktion nicht veröffentlicht werden darf. Dies kann sinnvoll sein, wenn eine Meldung vorzeitig, z.B. wegen frühem Redaktionsschluss, an einzelne Journalisten gegeben wird. Vorsicht: manche Redaktionen, insbesondere Nachrichtenagenturen, halten sich nicht daran.

Waschzettel: Zahlen und Fakten zum Verband oder Institution auf einen Blick.

Literaturtipps:

Bürger, Joachim H. (1998): Arbeitshandbuch Presse und PR. Tips und Tricks eines PR-Profis. Essen: Stamm Verlag.

Buschardt, Tom/Nicole Kidd/Stefany Krath (2000): Die Pressemitteilung. Ein Leitfaden zur erfolgreichen Öffentlichkeitsarbeit mit zahlreichen Beispielen und einem Vergleich zwischen Deutschland und USA. Starnberg: Verlag R.S. Schulz.

Herbst, Dieter (1997): Public Relations. Das professionelle 1x1. Berlin: Cornelsen Verlag.

LaRoche, Walter von (1996): Einführung in den praktischen Journalismus. München: List.

Schneider, Wolf (1997): Deutsch für Profis. Wege zum guten Stil. München: Piper.

Checkliste „Pressemitteilung“

Anlass

  • Wie lautet die News (Anlass)?
  • Hat der Anlass Nachrichtenwert?
  • Ist er relevant und lohnt eine schriftliche Mitteilung?
  • Verlangt der Anlass nach mehr als nach einer Pressemitteilung (evtl. Pressekonferenz o.ä.)?
  • Ist der Zeitpunkt für eine Pressemitteilung richtig gewählt?

Empfänger

  • Wer muss informiert werden?
  • Wer sind die Empfänger der Botschaft?
  • Welche Informationen erwarten die Empfänger?
  • Ist der Verteiler entsprechend zusammengestellt und vorbereitet?

Inhalt

  • Stimmen Daten, Zahlen, Aussagen, Angaben?
  • Ist die Quelle genannt?
  • Sind die 6 W´s beantwortet?
  • Stimmt der Aufbau? (Das Wichtigste zuerst)
  • Sind die Namen, Bezeichnungen und Funktionen korrekt?
  • Ist der Inhalt der PM unter rechtlichen Gesichtspunkten geprüft?
  • Ist die Pressemitteilung intern abgestimmt und freigegeben?
  • Wurde die PM korrekturgelesen?

Stil

  • Ist der Text allgemein verständlich?
  • Sind Abkürzungen erklärt?
  • Ist der Schreibstil aktiv gehalten?
  • Sind Wiederholungen, Ungenauigkeiten etc. gestrichen?
  • Ist der Text auf „innere Logik“ geprüft?
  • Sind Fachausdrücke erläutert?
  • Entspricht der Titel/Untertitel dem Inhalt der Meldung?

Formalia

  • Stimmen Layout, Formatierung und Länge der Pressemitteilung?
  • Ist sie mit „Presseinformation“ gekennzeichnet?
  • Ist die Adresse komplett und korrekt angegeben?
  • Sind Ansprechpartner und seine Durchwahl angegeben?
  • Sind Datum und Ortsangabe einfügt?
  • Besteht ausreichender Rand zum Redigieren?
  • Ist der Ansprechpartner informiert und anwesend?

Versand und Streuung

  • Ist ein Versandtermin festgelegt?
  • Ist der Verteiler auf dem neuesten Stand?
  • Ist er vollständig?
  • Wird per Fax, Brief oder elektronisch versendet?
  • Muss mit Sperrfristen gearbeitet werden?
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