Verbändereport AUSGABE 9 / 2005

Die Verbandsbibliothek

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Nur zu oft fristen Verbandsbibliotheken ein tristes Dasein: Angegraute Fachliteratur neben wahllosen Werbebroschüren und Festschriften sind eher die Regel. Dabei erleichtert eine gute Verbandsbibliothek das Tagesgeschäft. Der folgende Beitrag zeigt, welche Werke in keiner Verbandsbibliothek fehlen sollten.

Verbände sind Vereine, also gehört ein Standardwerk zum Vereinsrecht in jede Verbandsbibliothek; denn man sollte die Rechtsgrundlage seines Metiers schon kennen. Mittlerweile gibt es eine stattliche Anzahl von Fachbüchern, zwischen denen man die Auswahl hat.

Vereins- und Verbandsrecht

Wer kurz und zuverlässig informiert werden will, sollte zu Detlef Burhoff, Ein Leitfaden für Vereine und ihre Mitglieder greifen. Der Autor, Richter am OLG Düsseldorf, informiert über alle wesentlichen Fragen aus der Vereins- und Verbandspraxis einschließlich der Grundzüge der Vereinsbesteuerung und illustriert seine Ausführungen mit zahlreichen Beispielsfällen. Ausführlicher und teurer sind die Standardwerke Reichert und Stöber. Das Handbuch Vereins- und Verbandsrecht von Bernhard Reichert bietet zum Preis von 109 Euro auf 1.313 Seiten eine umfassende Darstellung des gesamten Vereinsrechts einschließlich der Besteuerungsgrundlagen für gemeinnützige Vereine und des Spendenrechts. In die 10. Auflage wurde auch wieder ein umfassender Abschnitt über die steuerrechtliche Behandlung des Sponsorings beim Zuwendenden sowie beim Empfänger aufgenommen. Stöbers Handbuch zum Vereinsrecht liegt jetzt in der 9. Auflage vor; es bietet auf 719 Seiten zunächst eine solide, wissenschaftlich fundierte Einführung in die Grundlagen des Vereinsrechts. Darüber werden dem Praktiker für die konkrete Arbeit zahlreiche Hilfestellungen geboten. Formulierungsvorschläge und Satzungsmuster runden das Werk ab. Der eingetragene Verein von Eugen Sauter, Gerhard Schweyer und Wolfram Waldner stellt mit seinen 440 Seiten eine gemeinverständliche Erläuterung des Vereinsrechts unter besonderer Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung dar. Für alle vorgestellten Werke gilt leider, dass die Belegstellen allzu oft unzutreffend sind.

Besteuerung der Vereine

Zur Besteuerung der Vereine sei hier nur auf das Steuerhandbuch für Vereine, Verbände und Stiftungen von Wolfgang Boochs verwiesen. Anhand der neuesten Rechtsentwicklungen und unter erstmaliger Berücksichtigung des gesamten Stiftungsrechts hat der Autor, in der Nachfolge von Dr. Kühr das gesamte Werk überarbeitet. Allerdings werden – wie in nahezu allen steuerrechtlichen Werken – die Besonderheiten der Berufsverbände nicht dargestellt. Hier klafft noch eine Lücke in der Fachliteratur.

Verbandsmarketing

Auch Verbände und Vereine bewegen sich in Märkten, seien es Mitglieder-, Ressourcen-. Absatz- oder Kommunikationsmärkte. Daher sollte auch ein Werk über Verbandsmarketing nicht fehlen.

Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis das im kommerziellen Bereich gesammelte Marketingwissen auch auf nichterwerbswirtschaftliche Organisationen übertragen wurde. Litten die ersten Veröffentlichungen aus den 70-er Jahren noch an einer zu schematischen Übertragung der betriebswirtschaftlichen Marketingsysteme auf die Verbände, so dass sie oft deren Eigentümlichkeiten verfehlten (‚Bindestrich-Marketing’), so sind mittlerweile einige vorzügliche Werke auf dem Markt, die auf Verbände maßgeschneidertes Marketingwissen vermitteln. Manfred Bruhn, Marketing für Nonprofit-Organisationen: Grundlagen – Konzepte – Instrumente, wäre hier an erster Stelle zu nennen. Einleitend werden die Besonderheiten von Nonprofit-Organisationen herausgearbeitet und dann die zentralen Aufgaben bei der Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle eines Marketingprozesses dargelegt. Im Mittelpunkt steht die Ausrichtung aller Aktivitäten an den Erwartungen der internen und externen Anspruchsgruppen sowie an den Marktveränderungen. Zahlreiche Beispiele verdeutlichen die Möglichkeiten einer besseren Gestaltung der Ressourcen-, Absatz- und Kommunikationspolitik. Abschließend wird – auch dies ein kritisches Element in der Praxis – noch auf Probleme bei der Strategieimplementierung eingegangen. Der Verfasser ist Inhaber des Lehrstuhls für Marketing und Unternehmensführung am Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrum der Universität Basel und Honorarprofessor an der Technischen Universität München.

Nicht minder verdienstvoll ist der ‚Klassiker’ von Peter Schwarz, Robert Purtschert u. a.: Das Freiburger Management-Modell für Nonprofit-Organisationen. Das Buch beschreibt das so genannte Freiburger Management-Modell für Nonprofit-Organisationen (FMM), das auf den Erfahrungen in der Fortbildung von Nonprofit-Managern und der Auswertung langjähriger Unternehmensberatungen beruht. Während das „Freiburger Management-Modell“ mehr einen systematischen Rahmen vorstellt, geht Prof. Dr. Robert Purtschert, Geschäftsführer, Lehrgangsleiter und Dozent am Verbandsmanagement-Institut (VMI) der Universität Freiburg/Schweiz, in seinem Buch Marketing für Verbände und weitere Nonprofit-Organisationen mehr ins Eingemachte, indem er nach einer systematischen Entwicklung der Grundlagen des NPO-Marketing ein Standard-Marketing-Konzept für NPO entwickelt und beschreibt, wie der Prozess der operativen Marketing-Planung in einer NPO zu organisieren ist. Abschließend wird dies an einigen ausgewählten Aufgabenfeldern wie Mitglieder-Marketing, Fundraising, Internes Marketing, Dienstleistungs-Marketing, Öffentlichkeitsarbeit, Lobbying, Collective Bargaining und kooperative Werbung beispielhaft durchexerziert.

Verbände in politikwissenschaftlicher Sicht

Verbände sind gesellschaftliche Akteure und damit Objekte der politischen Wissenschaften. Einen vorzüglichen Überblick aus politikwissenschaftlicher Sicht über organisierte Interessen und die Verbändewelt geben Prof. Dr. Martin Sebaldt, Inhaber des Lehrstuhls für Vergleichende Politikwissenschaft (Schwerpunkt Westeuropa) der Universität Regensburg, und Dr. Alexander Straßner, Wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Vergleichende Politikwissenschaft (Schwerpunkt Westeuropa) der Universität Regensburg, in dem Werk Verbände in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung. Ein Ziel des Buches ist es den Autoren zufolge auch, die „ungerechten, negativen Verbandsimages“, die sich bis heute erhalten haben, zu korrigieren und die Leistungen von Verbänden zu zeigen. Hierzu werden die begrifflichen Grundlagen und Verbandstheorien, die Funktionen der Verbände, das Verbändespektrum und ihre künftigen Herausforderungen in der sich wandelnden Welt dargestellt. In dem Kapitel „Funktionen deutscher Verbände in der Praxis“ wird kenntnisreich der Prozess der Interessenvertretung und das System der ‚self-regulation’ durch Tarifautonomie, technische Normung und in der Selbstverwaltung (zum Beispiel Berufsgenossenschaften, Krankenversicherung, Kammern) dargestellt. Ein Buch, das in keiner Verbandsbibliothek fehlen sollte.

Europa

Weil einerseits ganz Europa auf vielen Feldern immer mehr zum Inland wird und andererseits im europäischen ‚Mehr-Ebenen-System’ Brüssel immer mehr Kompetenzen zuwachsen, sollte auch ein Handbuch über die Europäische Union zum Kernbestand jeder Verbandsbibliothek zählen. Für Nichtjuristen dürfte hier am ehesten das Werk von Klaus-Dieter Borchardt „Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union“ in Frage kommen, weil es neben einer Darstellung des EU-Rechts auch ziemlich viel Organisationswissen vermittelt.

Der Autor ist Abteilungsleiter in der Europäischen Kommission und Honorarprofessor an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Seine Darstellung ist übersichtlich und gleichzeitig umfassend. Sehr oft wird sie durch Schaubilder ergänzt. Wegen weiterer Darstellungen zur Europäischen Union wird auf die Sammelbesprechung in Verbändereport 8/2005 verwiesen.

Wörterbücher

Als zweisprachige Wörterbücher für Englisch und Französisch sind die PONS-Großwörterbücher (Klett, PONS Großwörterbuch Englisch-Deutsch/Deutsch-Englisch und PONS-Großwörterbuch Französisch-Deutsch/Deutsch-Französisch, sowie das Collins Großwörterbuch Englisch von Langenscheidt zu empfehlen. Als einsprachige Ausgabe bietet sich das ebenfalls bei Langenscheidt verlegte Longman Dictionary Contemporary English an. Für Französisch wäre unter den einsprachigen Wörterbüchern vor allem der Micro Robert zu nennen.

Gesetzessammlungen

Hier kommt man wohl nicht um die beiden Standardwerke „Schönfelder“, der die wesentlichen Gesetze zum Zivilrecht, und „Sartorius“, der das öffentliche Bundesrecht enthält, herum. Beide erscheinen als Loseblatt-Ausgaben im C.H. Beck Verlag. Spezialgesetze, die nicht in den Sammlungen enthalten sind, finden sich oft – wenngleich nicht immer in der letzten Fassung (!) – im Internet.

Nachschlagewerke

Hier hat man die Auswahl zwischen drei Standardwerken: dem Oeckl, dem Hoppenstedt und verband.info. Das OECKL Taschenbuch des Öffentlichen Lebens Deutschland 2006 enthält 13.300 deutsche Institutionen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur mit Postanschrift, Telefon-, Telefax-, eMail- und Internet-Adressen, geordnet in 15 thematische Abschnitte. Der Hoppenstedt Verbände, Behörde, Organisationen ist nur noch als kostenpflichtiges Online-Angebot verfügbar (www.hoppenstedt-verbaende.de). Das Verbändeverzeichnis verband.info ist bereits 2003 erschienen; eine aktualisierte Neuausgabe ist geplant. Über 17.000 Schlagworte und mehr als 6.000 Angaben zu den Führungskräften der Verbände vervollständigen das Werk. Der Oeckl Europa und internationale Zusammenschlüsse 2005/2006 enthält Adressen zu europäischen und internationalen Organisationen. Die stets aktuelle und zugleich umfassendste Datenbank mit den Adressen deutscher Verbände findet sich unter www.verbaende.com – im Deutschen Verbände Forum ist die Recherche kostenfrei.

Dies wären einige Werke, die zum Grundbestand einer jeden Verbandsbibliothek zählen sollten. (HM)

Die Verbandsbibliothek im Überblick:

Peter Schwarz, Robert Purtschert, Charles Giroud
Das Freiburger Management-Modell für Nonprofit-Organisationen (NPO)
Haupt Verlag Bern, gebundene Ausgabe, Oktober 2005,
298 Seiten, 34,50 Euro
ISBN: 3 258 06914 X

Klaus-Dieter Borchardt
Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union. Eine systematische Darstellung für Studium und Praxis
UTB Uni-Taschenbücher Verlag, Broschiert, 2002,
488 Seiten, 22,90 Euro
ISBN: 3 825 21669 1

Detlef Burhoff
Ein Leitfaden für Vereine und ihre Mitglieder
Verlag Neue Wirtschafts-Briefe, Broschiert, 2002,
469 Seiten, 29 Euro
ISBN/ISSN: 3 482 42985 5

Bernhard Reichert
Handbuch Vereins- und Verbandsrecht
Luchterhand Verlag, gebundene Ausgabe, März 2005,
1.313 Seiten, 109 Euro
ISBN: 3 472 05991 5

Eugen Sauter, Gerhard Schweyer und Wolfram Waldner
Der eingetragene Verein
C.H. Beck, Broschiert, Dezember 2005, 442 Seiten, 26 Euro
ISBN: 3 406 48076 4

Manfred Bruhn
Marketing für Nonprofit-Organisationen: Grundlagen – Konzepte – Instrumente
Verlag Kohlhammer, Broschiert, Juli 2005,
549 Seiten, 39 Euro
ISBN: 3 170 18281 1

Martin Sebaldt, Alexander Straßner w
Verbände in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung.
VS Verlag für Sozialwissenschaften, Broschiert,
Dezember 2004, 349 Seiten, 17,90 Euro
ISBN: 3 531 13543 0

Wolfgang Boochs, Christian Kühr
Steuerhandbuch für Vereine, Verbände und Stiftungen
Luchterhand Verlag, gebundene Ausgabe, 2001,
386 Seiten, 44 Euro
ISBN: 3 472 04401 2

Kurt Stöber
Handbuch zum Vereinsrecht
Verlag Schmidt, gebundene Ausgabe, August 2004,
693 Seiten, 72,80 Euro
ISBN: 3 504 40024 2

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