Verbändereport AUSGABE 4 / 2006

Gemeinschaftswerbung – Eine verbandliche Dienstleistung am Beispiel des Deutschen AnwaltVerein

Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser – Anwaltschaft mit breit angelegter Gemeinschaftswerbung

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Der Deutsche AnwaltVerein (DAV) wirbt als erster der rechts- bzw. steuerberatenden Berufsverbände mit Hilfe einer großen Werbekampagne für den eigenen Berufsstand. In den nächsten beiden Jahren wird es somit zum ersten Mal eine breit angelegte Kampagne für die anwaltliche Dienstleistung geben. Die lange Planungs- und Entscheidungsphase mündete in dem Start der Kampagne.

Der DAV sah sich aufgrund des schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes, in dem sich die Anwaltschaft zurzeit befindet, herausgefordert, eine Gemeinschaftswerbung durchzuführen. Die wirtschaftliche Situation der Anwaltschaft ist entgegen der allgemeinen Vermutung schwierig: Der Rechtsberatungsmarkt wächst jährlich auf der Anbieterseite unaufhörlich. Waren 1980 noch rund 36.000 Anwälte zugelassen, gab es 1990 annähernd 56.000. Im Jahre 2000 wurde die 100.000-Schwelle erstmals überschritten. Derzeit gibt es ca. 138.000 zugelassene Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Deutschland. Im Hinblick auf die Zahl von 110.000 Juristen, die sich in der Ausbildung befinden, ist mit einem weiteren Wachstum in den nächsten Jahren um jeweils rund 5.000 bis 6.000 zur rechnen.

Die Nachfrage nach Rechtsrat wächst aber nicht im gleichen Umfang. Hinzu kommt die Konkurrenz zur anwaltlichen Dienstleistung durch andere beratenden Berufe. Obwohl die Rechtsberatung gemäß dem Rechtsberatungsgesetz ausschließlich den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten vorbehalten ist, drängen auf diesen Markt verstärkt auch andere beratende Berufe, wie Unternehmensberater, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, aber auch Banken und Rechtsschutzversicherer. Darüber hinaus ist eine Reform des Rechtsberatungsgesetzes durch ein neues Rechtsdienstleistungsgesetz zurzeit in der Diskussion. In jedem Fall wird es zur weiteren Öffnung für nicht anwaltliche Berufe kommen.

Die Anwaltschaft ist daher aufgerufen, nicht zu warten, bis eine neue Reform umgesetzt ist, sondern muss sich selbst im Bewusstsein der Bevölkerung positionieren. Darüber hinaus zeigt die Allensbacher Berufsprestige Skala sowohl für die Jahre 2001 als auch 2003 einen Rückgang des Ansehens der Anwaltschaft. Dies zwar noch nicht so gravierend, doch erkannte der DAV die Notwendigkeit, frühzeitig zu reagieren und nicht zu warten, bis das Image weiter zurückgeht.

Umfangreiche Vorbereitungen

Mit der Entwicklung einer solchen Werbekampagne entsprach der DAV zahlreichen Wünschen, die aus der Mitte der 245 Mitgliedsvereine und den darin organisierten 64.000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten an ihn herangetragen worden sind.

Daher haben wir bereits im Jahre 2004 insgesamt elf Agenturen ausgesucht und gebeten, sich an der Ausschreibung für ein solches Kampagnenkonzept zu beteiligen. Von den eingeladenen Agenturen wurden letztlich 5 ausgewählt, sich im DAV-Haus vorzustellen. Bei der Auswahl spielte beispielsweise das im Bewerbungsverfahren gezeigte Engagement ebenso eine Rolle, wie die Individualisierung der eingereichen Unterlagen auf die Bedürfnisse des DAV. Vorab wurden Kriterien für die Auswahl der Werbeagenturen, wie Kreativität, Kostenbewusstsein, Beraterkompetenz, Renommee etc. bestimmt. Unter Berücksichtigung dieser Auswahlkriterien wurden eine große, eine mittelgroße und eine kleine Agentur beauftragt, ein Konzept zu entwickeln. Damit sind wir nach der „Screening-Phase“ in die des „Pitch“ übergangen. Deren Konzepte wurden im DAV-Präsidium präsentiert. Aufgrund der mangelnden Qualität eines der Konzepte entschied sich das Präsidium, dem DAV-Vorstand lediglich zwei Konzepte vorzulegen. Danach konnten die beiden ausgesuchten Werbeagenturen in der DAV-Mitgliederversammlung im Mai 2005 ihre Ideen präsentieren. Die Mitgliederversammlung hat sich dann bereits tendenziell für die Durchführung einer Kampagne ausgesprochen und eine Empfehlung für eine Agentur abgegeben.

Eine abschließende Entscheidung konnte noch nicht erreicht werden, da zunächst die Kampagne in den örtlichen Anwaltvereinen vorgestellt und diskutiert werden musste, um einen Beschluss einer außerordentlichen DAV-Mitgliederversammlung vorzubereiten. Notwendig war dies, da der DAV für eine notwendige Mitfinanzierung eine Umlage von 30 Euro pro Jahr pro beitragspflichtigem Mitglied der örtlichen Anwaltvereine erheben muss. Dieser Beitrag wird bei den örtlichen Anwaltvereinen durch Umlagen oder Beitragserhöhungen finanziert.

Um die Entscheidungsfindung in den örtlichen Anwaltvereinen zu erleichtern, wurden diesen die Kampagne mittels einer TV-Präsentation, als Powerpoint oder persönlich durch die Agentur oder den DAV-Pressesprecher vorgestellt.

Nach der Entscheidungsfindung in den örtlichen Anwaltvereinen fand im September 2005 eine außerordentliche DAV-Mitgliederversammlung statt. Nach der Diskussion über die Notwendigkeit, die Kampagne teilweise über eine Umlage finanzieren zu müssen, entschied die Mitgliederversammlung mit rund 71 Prozent der Stimmen, die vorgelegte Kampagne durchzuführen. Durchgesetzt hat sich letztlich die kleine Agentur aufgrund der Kreativität und Pfiffigkeit des Konzepts.

Ziel der Kampagne

Entgegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation wird auf die Stärke der Anwaltschaft abgestellt: Die Qualität anwaltlicher Rechtsberatung im Vergleich zur nichtanwaltlichen Beratung. Im Fokus der Kampagne steht dabei die vorsorgende anwaltliche Beratung, da hier ein Wachstumsfeld für die Anwaltschaft liegt. Durch eine solche vorsorgende Beratung können Probleme oder Streitigkeiten vorab erkannt und ohne die Einschaltung der Gerichte geregelt werden. Die Kampagne soll dabei verdeutlichen, dass vor Eintritt eines Konfliktfalles Rechtsrat einzuholen ist. Die vorgeschlagene Kampagne ist nicht darauf angelegt, den Anwalt lediglich als Problemlöser in einem Krisenfall darzustellen. Sie zeigt auf, dass Rechtsberatung früher anfängt, früher anfangen muss, um letztlich Kosten zu sparen.

Ausgestaltung der Kampagne

Unter dem Slogan „Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser.“ soll mit Hilfe einer zunächst auf zwei Jahre angelegten Anzeigenkampagne in bundesweiten Publikationen geworben werden. Neben dem Slogan soll es jeweils eine relevante Aussage mit einer Begründung geben, warum es sinnvoll ist, eine Anwältin bzw. einen Anwalt zu Rate zu ziehen. Es sollte keine Angst gemacht, sondern die Botschaft möglichst positiv dargestellt werden. Eben nicht die Aussage treffen, dass ein Anwalt Geld kostet, sondern dass es mehr Geld kostet, keinen Anwalt zu Rate zu ziehen.

Bei der Designauswahl ging es darum, im bunten Werbeumfeld wahrgenommen zu werden. Dabei wird auf ein hochwertiges schwarz/weiß Motiv gesetzt, mit der Anbindung an die rote Sonderfarbe des DAV. Dadurch wird eine hochwertige und starke Typik, eine hohe Wiedererkennbarkeit ebenso gewährleistet, wie ein seriöses und zugleich frisches Auftreten.

Der Vorteil des Slogans liegt in seiner Merkfähigkeit: Letztlich stellt er ein Akquisegespräch in einem Satz dar und baut auf einem geflügelten Wort auf. Bei der Auswahl der Motive und der Themen wird darauf Wert gelegt, pfiffig, sympathisch, seriös und glaubwürdig zu sein, nicht jedoch spaßig oder witzig. Eben so, wie man es von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten erwarten kann.

Es wird ein hoher Qualitätsanspruch an die Motive gestellt. Sämtliche Motive werden eigens für die Kampagne produziert. Für das Handwerkmagazin war es aber notwendig, für die Leserschaft individualisierte Fotomotive zu erstellen, die das Handwerk in seiner Gesamtheit ansprechen.

Mediaauswahl

Bei der Auswahl der Medien, musste zunächst die Zielgruppe definiert werden. Dabei wurde abgestellt auf den klassischen, gehobenen Mittelstand, die geschäftsführenden Gesellschafter, sowie Angestellte, Arbeiter und Beamte mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 2.000 bis 5.000 Euro. Dort vermuten wir noch Nachholbedarf hinsichtlich anwaltlicher Beratung und eine hohe Zahl von Vertragsabschlüssen. Da anwaltliche Tätigkeit allerdings auch breit gefächert ist und nicht lediglich auf diese Zielgruppe beschränkt ist, war es uns wichtig zusätzlich als „Sekundärleserschaft“ einen breiten Bevölkerungsdurchschnitt zu erreichen. Eine weitere – nicht jedoch primäre – Zielgruppe ist die Anwaltschaft selbst. Die Kampagne soll auch als Mittel zur Mitgliedergewinnung und zur –bindung dienen.

Bei der Beratung für die Mediaauswahl hat sich der DAV dafür entschieden, zusätzlich eine Mediaagentur zu beauftragen. Der Vorteil liegt darin, dass die Kreativagentur sich auf die Kreation konzentrieren kann und für die Umsetzung der Kampagne in den Medien auf das professionelle Know-how einer Mediaagentur zurückgegriffen wird.

Nach Beratung durch die Mediaagentur wurde entschieden, dass die Kampagne in ganzseitigen Anzeigen in den Zeitschriften „Der Spiegel“, „Focus“, „Stern“, „Handwerkmagazin“ und „Impulse“ durchgeführt wird. Darüber hinaus gibt es Kleinanzeigen in den verschiedenen Rubriken, wie Immobilien, Job etc., in den Zeitungen „Die Zeit“, „Bild am Sonntag“, „FAZ“, „Süddeutsche Zeitung“ und „Die Welt/WamS“. Gerade durch die Einbindung des „Stern“ und der „Bild am Sonntag“ wird der gewünschte breite Bevölkerungsdurchschnitt erreicht.

Durch diese Mediaauswahl werden in dem ersten Jahr rund 44 Millionen Leser erreicht. Durch Mehrfachbelegungen in den verschiedenen Titeln, hat der „durchschnittliche“ Leser die Gelegenheit, siebenmal eine Anzeige der Werbekampagne im Jahre 2006 wahrzunehmen.

Finanzierung

Da die finanziellen Möglichkeiten für eine solche Kampagne begrenzt sind, erfolgt die Konzentration auf eine Anzeigenkampagne, die durch Onlinewerbung ergänzt werden wird. Dabei wird es in den Magazinen jeweils bis zu zehn ganzseitige Anzeigen geben, sowie jeweils 20 Kleinanzeigen in den speziellen Rubriken der Zeitungen. Daraus ergibt sich ein Finanzbedarf von rund 2,25 Millionen Euro brutto pro Jahr. Dies stellt das Minimum dessen dar, welches für eine nachhaltige Werbung aufgewandt werden muss. Von einem niedrigeren Budget wurde von allen angefragten Agenturen dringend abgeraten. Da der DAV selbst über den zweijährigen Zeitraum der Kampagne einen Beitrag von 1,14 Millionen Euro zur Verfügung stellen kann, war eine Mitfinanzierung durch eine jährliche Umlage bei allen Mitgliedern notwendig. Von den örtlichen Anwaltvereinen wird daher eine Umlage in Höhe von 30 Euro pro beitragspflichtigem Mitglied erhoben. Dieser Betrag kann von den zunächst avisierten zwei Jahren auf vier Jahre gestreckt werden.

Einbindung der Mitgliedschaft

Sowohl die örtlichen Anwaltvereine als auch deren Mitgliedern wurde ein spezieller auf sie zugeschnittener Anzeigenpool unter www.anwaltverein.de/werbekampagne zur Verfügung gestellt. Damit kann jeder unmittelbar von der Kampagne profitieren.

Durch die Einbindung der örtlichen Anwaltvereine wird die Chance genutzt, dass auch Anzeigen der Kampagne in den regionalen Tageszeitungen erfolgen. Aufgrund der begrenzten Mittel konnte der DAV sich selbst nur auf eine „Dachkampagne“ konzentrieren. Zahlreiche örtliche Anwaltvereine haben die Gelegenheit der Abstimmung in ihren Mitgliederversammlungen genutzt, zu dem Umlagebeitrag, der an den DAV anzuführen ist, auch einen „Zuschlag“ für lokale Maßnahmen zu erheben. Bei Buchung durch die örtlichen Anwaltvereine übernimmt der DAV einmalig die Kosten der Einpflegung des Logos des örtlichen Anwaltvereins.

Die den örtlichen Anwaltvereinen angeschlossenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte können mit Hilfe einer Auswahl von Anzeigen ihre eigene Kanzlei selbst bewerben und das Kanzleilogo, sowie Kommunikationsdaten und Rechtsgebiete einpflegen. Voraussetzung hierfür ist, dass alle Berufsträger in einer Kanzlei auch Mitglied eines örtlichen Anwaltvereins sind. Bei der Buchung der Anzeigen kann jeder die Mediaagentur des DAV nutzen. Somit können wir den Mitgliedern einen Rabatt auf den regulären Anzeigenpreis in Höhe von 11,5 Prozent bieten. Die Buchungsmaske ist online gestützt. Der Slogan der Kampagne kann von den Mitgliedern nahezu unbegrenzt genutzt werden. Er ist nicht nur auf Anzeigen beschränkt, sondern kann auch für Visitenkarten, Briefpapier, Kanzleibroschüren und Ähnliches verwendet werden.

Wichtig war es, Anzeigenmotive vorzugeben, auf die sich die Auswahl beschränkt. Der hohe Anspruch an die Qualität der Kampagne kann nur dann gewahrt werden, wenn die Werbeaussagen nicht durch „Eigenkreation verwässert“ werden.

Der Vorteil der Öffnung der Kampagne für die gesamte Anwaltschaft war ein wesentliches Argument, die Zustimmung der Mitgliedschaft zu erhalten.

Einbindung der Deutschen Anwaltauskunft und Erfolgskontrolle

Wichtig ist, dass die Kampagne einen Absender hat: Den „DAV“ und den DAV-Anwaltsuchdienst, die „Deutsche Anwaltauskunft“. Die Deutsche Anwaltauskunft benennt ausschließlich die Mitglieder der örtlichen Anwaltvereine. Durch die Aufnahme der Internetadresse und der Rufnummer der Anwaltauskunft wird gewährleistet, dass die durch die Kampagne initiierte Nachfrage ausschließlich den Mitgliedern der örtlichen Anwaltvereine zu Gute kommt. Die Erfahrung der Werbung zeigt, dass durch sie Nachfrage nach Dienstleistungen und somit auch der anwaltlichen Dienstleistung erzeugt werden kann.

Durch die Anbindung der Deutschen Anwaltauskunft hat man auch ein schnelles Kontrollinstrument, wie die Werbung wirkt. Durch Steigerung der Klickzahlen auf der Homepage der Deutschen Anwaltauskunft und der Anrufzahlen beim Call-Center. Darüber hinaus ist geplant, nach zwei Jahren die Kampagne insgesamt zu evaluieren. Dies kann beispielsweise durch gestützte Leserumfragen geschehen. Erst nach einer Evaluation wird der DAV entscheiden, ob und wie er die Kampagne fortsetzen wird.

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