Verbände werden sich anpassen müssen, indem sie ihren Mitgliedern mehr Service-Leistungen anbieten, um zu zeigen, dass sie ihr Geld wert sind. Die Prognose stützt sich auf die zunehmende Individualisierung der Gesellschaft und hat zur Folge, dass der auf freiwillige Mitgliedschaft angewiesene Verband über seine Kollektivleistungen hinaus Mehrwert zur Mitgliederbindung und -gewinnung schaffen muss. Eine Chance hierfür kann die Kooperation mit einem Versicherungsunternehmen sein. Das Verbandmitglied - unabhängig, ob Einzelperson oder Unternehmen - hat hierdurch die Möglichkeit, seinen Versicherungsbedarf entweder zu günstigeren Konditionen zu decken oder sogar verbandsexklusive, speziell auf die Zielgruppe zugeschnittene Versicherungskonzepte zu nutzen.
Kooperation bietet Vorteile für alle Beteiligten
Je nach Konzept bieten die Kooperationen für den Verband, für die Verbandsmitglieder und letztlich für die Versicherungsgesellschaft zahlreiche Vorteile (Abbildung 1). Für den Verband wären hier zu nennen:
· Mitgliederbindung
· Mitgliedergewinnung
· Profilierung als Servicegeber
· Zusätzlicher Ertrag durch eine Erfolgsbeteiligung oder Sponsoringmaßnahmen
(Abbildung 1: Nutzen von Verbandskooperationen)
Für die Verbandsmitglieder könnten dies sein:
· Günstiger Versicherungsschutz in einer oder mehreren Versicherungssparten, die einen Bezug zum Verband beinhalten
· Auf die Bedürfnisse der- Zielgruppe zugeschnittene Spezialversicherung, die am Markt nicht angeboten werden
· Versicherungsfremde Zusatznutzen, wie z.B. Inanspruchnahme von Assistance- Leistungen oder Vergünstigungen bei anderen Kooperationspartnern des Versicherers
Schließlich ergibt sich für den Versicherer
· ein geringes Risiko durch eine definierte Zielgruppe
· die Gewinnung von Marktanteilen durch verbesserten Zugang und Kundenansprache über den Verband
Vorgehensweise zum Aufbau einer Kooperation
Unabhängig davon, ob der Verband oder das Versicherungsunternehmen eine Kooperation anstreben, gilt es, die Zusammenarbeit zu strukturieren. Für den Aufbau einer für alle Beteiligten gewinnbringenden Kooperation hat sich eine vierstufige Vorgehensweise (Abbildung 2) als effektiv erwiesen:
Stufe 1: Informationssammlung
Verband und Versicherungsunternehmen stellen gemeinsam alle zur Entwicklung eines Kooperationskonzeptes wichtigen Daten zusammen, beispielsweise
· Verbandszweck und Einzelaufgaben
· Anzahl der Mitglieder
· Mitgliedermerkmale
· Geographische Verteilung der Mitglieder
· Verbandsstruktur
· Identifizierung zielgruppentypischer Risiken.
Stufe 2: Festlegung der Zielgruppen und eines Kooperationskonzepts
Nach positiver Einschätzung der Zielgruppe im Hinblick auf die Risikomerkmale und vertrieblichen Chancen wird durch die Beauftragten von Verband und Versicherungsunternehmen ein Kooperationskonzept entwickelt, Wesentliche Aufgaben hierbei sind:
Definition eines oder mehrerer zielgruppentypischer Versicherungsangebote zu Sonderkonditionen und Entscheidung aber das Angebot als obligatorische oder fakultative Deckung.
Obligatorische Deckung im Gegensatz der fakultativen Deckung bedeutet, dass für das Mitglied allein durch Verbandszugehörigkeit Versicherungsschutz gegen ein bestimmtes Risiko besteht. Eine obligatorische Deckung eignet sich für Versicherungen mit geringen Prämien, die fester Bestandteil des Mitgliedsbeitrages werden.
Festlegung des Vertriebssystems (nur für fakultative, d. h. gesondert abzuschließende Versicherung)
Grundsätzlich wird zwischen Direktvertrieb (z.B. Verbandszeitung, Mailings) und vermittlergestütztem Vertrieb unterschieden. Die jeweilige Eignung ergibt sich aus der Komplexität und der Erklärungsbedürftigkeit des Produktes
Bestimmung eines Produktnamens
Insbesondere bei Spezialeinschlüssen und verbandsexklusiven Produktinnovationen sollte der Verband auch im Produktnamen erscheinen, so dass die Exklusivität deutlich herausgestellt wird. Das Versicherungsunternehmen ist hierbei lediglich Risikoträger und weiße Marke
Sicherstellung der Empfehlung durch den Verband
Voraussetzung jeder erfolgreichen Verbandskooperation ist die Empfehlung der Serviceleistung durch die Verbandsführung. Den Mitgliedern muss z.B. durch die Präsentation auf einer Verbandsveranstaltung, ein Mailings der Verbandsführung oder durch redaktionelle Beiträge in der Verbandszeitung verdeutlicht werden, dass die Verbandsspitze hinter der Dienstleistung des Versicherers steht.
Definition geeigneter Maßnahmen als Zusatznutzen
Bei angemessener Zielgruppengröße sind beispielsweise Vergünstigungen bei Kooperationspartnern des Versicherungsunternehmens (z.B. im Bankbereich) oder das Angebot auch versicherungsfremder Assistance-Leistungen darstellbar.
Festlegung administrativer Aufgaben der Verbandsgeschäftsstelle
Denkbar ist, dass der Beitragseinzug zusammen mit dem Mitgliedsbeitrag durch die Verbandsgeschäftsstelle erfolgt. Aufgrund der Verwaltungskostenersparnis ergibt sich Spielraum für noch günstigere Konditionen oder eine höhere Erfolgsbeteiligung des Verbandes
Bestimmung der Erfolgsbeteiligung bzw. von Sponsoring- Maßnahmen für den Verband
Zusätzlich zur Beteiligung des Verbandes am materiellen Erfolg ist Sponsoring bestimmter Aktivitäten denkbar. Bei größeren Verbänden bietet sich hierfür die Gründung einer selbständigen Servicegesellschaft, z.B. als Versicherungsdienst, an, zu der vom Versicherungsunternehmen fachliches Know-how und Starthilfe bereitgestellt wird
Stufe 3: Abstimmung mit der Verbandsführung und Definition von Umsetzungsmeilensteinen
Das in Stufe 2 durch die Beauftragten vorbereitete Konzept wird gemeinsam mit der Verbandsführung optimiert und bei Bedarf überarbeitet. Hier sind insbesondere die Kenntnisse der Verbandsmanager über Mitgliedereinstellungen und -verhalten von großer Bedeutung. Gleichzeitig wird ein zeitliches Ziel zur Umsetzung mit darauf ausgerichteten Meilensteinen abgestimmt. Bei großen oder föderal strukturierten Verbänden ist in der Regel die Einrichtung eines räumlich und zeitlich begrenzten Testfeldes ratsam, um die Akzeptanz bei den Mitgliedern vorab zu testen.
Nach Fertigstellung des gemeinsamen Konzeptes durchläuft dieses üblicherweise die Entscheidungsgremien des Verbandes. Hier kann sich zusätzlicher Änderungs- oder Erweiterungsbedarf ergeben, der zu integrieren ist.
(Abbildung 2: Vorbereitung und Umsetzung einer Verbandskooperation)
Stufe 4. Umsetzung der Kooperation
Nach positiven Entscheid durch die Verbandsgremien wird das Konzept gemäss der festgelegten Meilensteinen umgesetzt.
Große Resonanz bei Verbandsmitgliedern
Zusammenfassend ist nach unseren Erfahrungen festzuhalten, dass ein auf die Merkmale und Bedürfnisse der Zielgruppe ausgerichtetes Konzept bei den Mitgliedern auf große Resonanz stößt. Wesentlich ist daneben, den Mehrnutzen der Dienstleistung für die Mitglieder auch seitens der Verbandsführung herauszustellen. Der Verband wiederum verfügt über einen weiteren Mosaikstein, mit dem er zum einen die wachsenden Serviceerwartungen seiner Mitglieder befriedigt und gleichzeitig zusätzliche Mittel zur Erfüllung der originären Verbandsaufgaben erwirtschaftet.