Verbändereport AUSGABE 1 / 2002

Informationsverteilung per Internet

Praxisbeispiel für eine einfache Kommunikationslösung

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Der Milchindustrie-Verband e.V. (MIV) hatte schon seit mehreren Jahren geplant, das Internet zur Verteilung seiner Fachinformationen an etwa 600 Personen zu nutzen. Im vergangenen Jahr hatte die Verbreitung des Internets unter den Mitgliedern den Status erreicht, der den Einsatz des neuen Mediums zur Informationsverteilung rechtfertigte.

Die Erwartungen und Ziele an das neue Kommunikationsmodell waren schnell definiert. Eine exakte, schnelle und zeitnahe Information, insbesondere zu tagesaktuellen Themen. Die Zeit- und Kostenersparnis für Verband und Mitglieder und schließlich die Überprüfbarkeit der Informationsnutzung mittels Statistiken und Resonanzprüfungen.

Als weiterer Schritt – eine erfolgreiche Einführungsphase des Informationsverteilers vorausgesetzt - wurde der Aufbau einer interaktiven Dialogplattform mit den Mitgliedern und für die Mitglieder untereinander geplant.

Verbandsstruktur und Informationscharakteristik

Zuerst wurde die Struktur des Verbandes und der zu versendenden Informationen analysiert. Der Milchindustrie-Verband hat 100 Mitglieder mit etwa 600 Kontaktpersonen. Die Mitglieder sind in 30 bis 40 Ausschüssen und Gremien tätig. An alle Mitglieder wird das wöchentliche Rundschreiben in einem Umfang von etwa 30 bis 60 Seiten versandt.

Die Inhalte dieses Rundschreibens werden von sechs internen Referaten erstellt und zentral zum Versand aufbereitet. Unregelmäßig werden zusätzlich weitere Dokumente von den einzelnen Referaten versandt, die wichtigsten davon lassen sich in Einladungen, Chefbriefe, Marktstatistiken, aktuelle Informationen und Ausschussprotokolle einteilen. Diese werden nur an ausgesuchte Kontaktpersonen versandt.

Informationsumfang und bisheriger Ablauf des Versandes

Wichtige und zeitkritische Informationen wurden per Fax mit dem Fax400-Verteiler der Telekom versandt. Das wöchentliche Rundschreiben und auch weitere – nicht zeitkritische – Dokumente wurden per Post versandt. Der Druck und die Konfektionierung wurden intern mit einem Großkopierer und einem Stamm von festen Mitarbeitern vorgenommen.

Der Versandumfang belief sich auf rund 10.000 Faxe mit im Schnitt fünf Seiten und etwa 10.000 Briefsendungen mit im Schnitt 20 Seiten.

Systemauswahl

Zuerst wurde der Einsatz einer Standardsoftware geplant, aber zum damaligen Zeitpunkt war keine Software ausreichend flexibel, das den spezifischen Anforderungen des MIV gercht wurde. Deshalb konnte die Umsetzung nur durch die Entwicklung einer individuellen Lösung realisiert werden. Aufgrund zu hoher Kosten und der fehlenden kontinuierlichen Weiterentwicklung der Software wurden diverse Angebote spezialisierter Softwareanbieter mit Skepsis betrachtet. Schließlich wurde mit einem ortsansässigen Unternehmen das System individuell auf Basis der Anforderungen des MIV entwickelt.

System-Anforderungen

Auf Basis der Vorüberlegungen wurde zunächst der Versand aller Dokumente per eMail geplant. Vom ausschließlichen Versand per eMail wurde abgesehen, da viele Dokumente mehrere 100 KB umfassen können. Somit wurde die Planung um einen zentralen Web-Server zum Zugriff und zur Archivierung der Dokumente erweitert. Umfassende Dokumente sollten den Mitgliedern nur per eMail mit Link auf den Web-Server angekündigt werden. Der Zugriff durch die Mitglieder sollte passwortgeschützt über den Webbrowser erfolgen.

Das System sollte sich nahtlos in die vorhandene IT-Infrastruktur einfügen und vollständig per Webbrowser von den Verbandsmitarbeitern administriert werden können.

Zudem mussten folgende Anforderungen erfüllt werden:

  •  Zentrale Speicherung der Dokumente auf einem Web-Server

  •  Nutzerverwaltung zur Vergabe von individuellen Zugriffsrechten für jedes Dokument

  •  Verteiler auf Basis der Organisationsstruktur und von Themengebieten

  •  Dokumente auf Basis des Adobe-PDF-Standards

  •  Nutzung durch mehrere Mitarbeiter im Verband

  •  Suchfunktionalität in den archivierten Dokumenten

Systemaufbau

Auf Basis der Systemanforderungen wurde die Software modular aufgebaut und in drei Bereiche gegliedert:

 

  • Administrationsinterface zur Verwaltung der  Mitgliederinformationen und Zugriffsberechtigungen sowie zum Einstellen der Dokumente

  •  Versandmodul zum Versenden und Ankündigen der Dokumente über E-Mail- Verteiler

  •  Webarchiv zum Zugriff auf die Inhalte durch die Mitglieder

Installation

Zur Nutzung des Systems wurden die mit den Versand befassten Mitarbeiter mit der Adobe-Acrobat Software ausgestattet. Ein Internetzugang zum Zugriff auf den Server war vorhanden. Zusätzlich wurde ein Scan-Arbeitsplatz eingerichtet zur Digitalisierung von Dokumenten, die nur in Papierform vorlagen. Der Server wurde extern bei einem Internetprovider gehostet und gewartet.

Nachdem die Mitgliederstammdaten in das System eingepflegt und ein Verteiler eingerichtet wurde, erhielten die Mitglieder eine individuelle Zugriffsberechtigungen zugewiesen. Je nach Mitgliedstatus wurde die Zugriffsberechtigung erweitert oder beschränkt.

Testphase und Betrieb

Die Testphase wurde mit 30 Nutzern durchgeführt; hier ergaben sich kleinere Anlaufprobleme, die aber zügig ausgeräumt werden konnten. Wichtig: Trotz Schulung der Mitarbeiter war in der Anlaufphase eine Betreuung per Hotline unverzichtbar.

Nach der Testphase wurde das System neun Monate parallel zum Postversand betrieben. Mit dem System wurden etwa drei Viertel der Nutzer erreicht. Ein Viertel der Personen nutzten das System nicht und bevorzugten ausschließlich den Postversand. Auf Anregungen der Mitglieder, wurden weitere Leistungsmerkmale in das System integriert. Hierbei handelte es sich beispielsweise um Favoritenlisten und um Statistiken zur Bestellung von Dokumentenanlagen.

Fazit – der Postversand wurde eingestellt

Das System hat sich im täglichen Einsatz bewährt, fast alle Dokumente eigneten sich zum Versand per eMail. Der parallele Postversand wurde mittlerweile eingestellt; dadurch wurden erhebliche Kostenersparnisse durch den Wegfall der Portokosten und des Großkopierers realisiert.

Die Resonanz war insgesamt positiv, viele Mitglieder äußerten sich begeistert. Der Webserver wird zunehmend für die Recherche und den Zugriff auf Mitgliedsinformationen genutzt. Lediglich Dokumente, die eine emotionale Ansprache zum Ziel haben, wie beispielsweise der jährliche Geschäftsbericht oder Einladungen zur Hauptversammlung, werden auch weiterhin zusätzlich per Post versandt.

Die am Anfang in den Einsatz des Internet gesetzten Erwartungen wurden erfüllt und den Mitgliedern ein attraktiver Service mit hohem Nutzen zur Verfügung gestellt.

 

Kurzportrait: Milchindustrie-Verband e.V. (MIV)

Milchindustrie im Wandel der Zeit - Interessenvertretung gestern und heute

Die Verbandsarbeit der deutschen Milchindustrie hat eine lange Tradition

Bereits 1912 schlossen sich einige Pioniere der deutschen Dauermilchindustrie zusammen und gründeten den Verband der deutschen Trockenmilchfabrikanten. Die Ziele waren damals sehr pragmatisch : Mit der Festlegung eines Schutzzolles und der Vereinbarung von Preisen und Mengenbeschränkungen wollte sich der Verband gegen die ausländische Konkurrenz stark machen.

Während des ersten Weltkriegs konnte die Trockenmilchindustrie durch die Errichtung zahlreicher Milchtrocknungsanlagen einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherung in den rheinisch-westfälischen Ballungszentren leisten. Die Zeit des "Dritten Reiches" brachte die vorläufige Auflösung des Verbandes. Am 31. Mai 1949 wurde schließlich die Registrierung des Milchindustrie-Verbandes im Vereinigten Wirtschaftsgebiet vollzogen. Es folgten Fusionen und Kooperationen mit anderen Verbänden.

Ebenso wie die Milchindustrie selbst, hat sich der Milchindustrie-Verband den strukturellen Gegebenheiten angepasst. Die Mitgliedschaft von privaten, genossenschaftlichen und multinationalen Unternehmen zeigt, dass nicht die Gesellschaftsform, sondern unternehmerische Zielsetzungen im Vordergrund stehen. Der Milchindustrie-Verband hat sich in den vielen Jahren gewandelt, nicht jedoch seine Zielsetzungen. Er vertritt heute insgesamt die Interessen von ca. 95 Mitgliedsunternehmen. Rechnet man die Kooperationspartner hinzu, so sind dies rund 90% der deutschen Milchanlieferung oder 24 Millionen Tonnen Milch. Die gesamte Branche setzt 38 Mrd. Mark um und ist damit eine der umsatzstärksten in der deutschen Ernährungsindustrie.

So sehen wir uns

"Lean management" ist ein oft benutztes Schlagwort in Wirtschaft und Verwaltung. Die Unternehmen stellen sich auf die neue Situation ein. Verbände, die ihre Aufgabe ernst nehmen, übernehmen immer mehr die Aufgabe der Stabsabteilung ihrer Mitglieder. Wir sind uns bewusst, dass dies nur bis zu einem bestimmten Grad gehen kann. Der Respekt vor betrieblichem Know-how muss gewahrt bleiben.

Der Milchindustrie-Verband hat sich frühzeitig auch personell auf die Aufgabenstellung vorbereitet. Ein qualifiziertes und motiviertes Team steht nicht nur den Mitgliedern als Gesprächspartner zur Verfügung. Moderne Verbandsarbeit ist Koordinierung und Vertretung von Interessen der Mitglieder ebenso wie deren Beratung. Als Mittler zwischen der Gesamtheit der Mitgliedsbetriebe, Verwaltung, Politik und Wissenschaft ist eine enge Zusammenarbeit mit den milchwirtschaftlichen Unternehmen unabdingbar. An erster Stelle steht zunächst das Interesse des Mitgliedes.

Der Milchindustrie-Verband ist Interessenvertreter und Serviceleister zugleich.

Eberhard Hetzner
Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbandes

Dr. Manfred W. Tag
Vorsitzender des Milchindustrie-Verbandes

 

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