Verteilte Kompetenzen, überlappende Zuständigkeiten und grenzüberschreitende Probleme stellen die professionelle Interessenvertretung vor neue und anspruchsvollere Aufgaben. Welche Logik das europäische Mehr-Ebenen-Lobbying beherrscht und welche Konsequenzen sich daraus ableiten lassen, untersucht im folgenden Beitrag der Passauer Politikwissenschaftler und Mitglied des wissenschaftlichen Kuratoriums der DGVM Dr. Martin Sebaldt.
I. Einführung
a. Interessenvertretung jenseits des Nationalstaats:
Die inhaltlichen und strukturellen Rahmenbedingungen
b. Die inhaltliche Dimension: Globalisierung von Interessen und ihre Ursachen
II. Die strukturell-prozessuale Dimension: Politik als Mehrebenenspiel
III. Interessenvertretung im europäischen Mehrebenensystem:
Logik und Konsequenzen
a. Die Architektur der EU seit dem Maastrichter Vertrag
b. Das Feld der Gemeinschaftspolitiken
I. Einführung
Noch in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts konnte sich der Vorsitzende des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Fritz Berg, nicht ganz zu Unrecht damit brüsten, mit einer Intervention bei Bundeskanzler Adenauer gleichsam auf dem kleinen Dienstweg politische Entscheidungen maßgeblich zu beeinflussen. Nicht ganz zu Unrecht, weil Lobbyismus in der Nachkriegszeit weitgehend auf den nationalen politischen Raum beschränkt blieb und weil sich das System der Interessengruppen noch wesentlich übersichtlicher gestaltete als heute: eine wohlorganisierte Umweltbewegung, die gegen organisierte Wirtschaftsinteressen hätte Front machen können, existierte damals genauso wenig wie ein einflussreiches Spektrum von Verbraucher-, Behinderten- oder Friedensinitiativen, welches Non-Profit-Interessen im politischen Entscheidungsprozess adäquat zur Geltung gebracht hätte.
Der Gang ins Bundeskanzleramt kann für deutsche
Interessenvertreter auch heute noch sehr wichtig sein,
wird aber ohne die simultane "Bearbeitung" von
EU-Kommissaren, Europaabgeordneten und die jeweils
federführenden europäischen Beamten nicht recht weiterführen.
Die Zeiten haben sich gründlich geändert: Denn zum einen hat die fortschreitende Integration Europas eine supranationale Organisation entstehen lassen, welcher weitreichende politische Gestaltungsbefugnisse zugewachsen sind, die auf die nationale Ebene beschränkte organisierte Interessenvertretung zunehmend hat obsolet werden lassen: Der Gang ins Bundeskanzleramt kann für deutsche Interessenvertreter auch heute noch sehr wichtig sein, wird aber ohne die simultane "Bearbeitung" von EU-Kommissaren, Europaabgeordneten und die jeweils federführenden europäischen Beamten nicht recht weiterführen.
Transnationale Interessen - transnationale Zuständigkeiten
Zum anderen hat auch die Gemengelage organisierter Interessen in den letzten Jahrzehnten eine nachhaltige Veränderung erfahren: Viele von ihnen - wie zum Beispiel der Umweltschutz, Entwicklungshilfe und die Entspannungspolitik - machen per definitionem nicht an den Grenzen einzelner Nationalstaaten halt, sondern sind globalen Charakters, was eine Interessenvertretung jenseits des Nationalstaats erforderlich macht, um einen effektiven lobbyistischen Wirkungsgrad zu erzielen. Damit ging eine nachhaltige Pluralisierung nationaler Verbandslandschaften einher, denn die neu hinzu tretenden Gruppenspektren verkomplizierten die lobbyistische Szenerie und stärkten das Einflusspotenzial nichtökonomischer Interessen nachhaltig.
Der folgende Beitrag will am Beispiel der Europäischen Union genauer erörtern, wie sich das Muster organisierter Interessenvertretung durch die Entwicklung politischer Mehrebenensysteme (subnational - national - supranational) und durch die Globalisierung von Interessen verändert hat und welche Konsequenzen dies für die Organisation lobbyistischer Arbeit nach sich zieht.
II. Interessenvertretung jenseits des Nationalstaats: Die inhaltlichen und strukturellen Rahmenbedingungen
1. Die inhaltliche Dimension: Globalisierung von Interessen und ihre Ursachen
Internationale Organisationen entstehen nicht in einem politischen Vakuum. Sie sind Reflex einer gewandelten globalen Szenerie, die von zunehmender Vernetzung und Interdependenz der Nationalstaaten charakterisiert ist. Dabei sind die Ursachen durchaus unterschiedlich geartet, und die dadurch geschaffenen neuartigen Interessenlagen ebenfalls: Zum einen hat sich der Mensch durch die von ihm forcierte wirtschaftliche, soziale und politische Modernisierung selbst neue Probleme geschaffen, die ihn in Form massiver Risiken heute einholen. Derlei "reflexive Modernisierung" (Ulrich Beck) schlägt sich in globaler Umweltverschmutzung, sicherheitspolitischer Destabilisierung und einem nach wie vor virulenten Nord-Süd-Konflikt nieder - alles vom menschlichen Zauberlehrling produziert und alles der globalen Bewältigung harrend.
Diese globalen Risikoszenarien haben zu einer Internationalisierung organisierter Interessen geführt und Kooperationsmechanismen entstehen lassen, welche ihrer Bewältigung in ganz unterschiedlicher Art und Weise dienen sollen: Umweltregime nach dem Muster des Protokolls von Kyoto bezwecken den international konzertierten Schutz des Klimas, multilaterale Systeme kollektiver Sicherheit vom Schlage der KSZE/OSZE die Stabilisierung der internationalen Friedensordnung und entwicklungspolitisch akzentuierte Organisationen vom Typus der "United Nations Conference on Trade and Development" (UNCTAD) eine Entschärfung des Nord-Süd-Konflikts.
Logik der Globalisierung fordert globale Interventionen
Aber nicht nur auf diese gewachsenen Risiken ist die fortschreitende Globalisierung von Interessen zurückzuführen: Genuin ökonomische Motive für die Intensivierung internationaler wirtschaftlicher Zusammenarbeit haben sie ebenso befördert wie ein allgemein gewachsenes Interesse an Völkerverständigung und interkulturellem Austausch sowie karitativ begründeter Entwicklungshilfe; aktives Eingreifen in Krisenherden und die Einflussnahme auf sicherheitsgefährdende "Schurkenstaaten", die insbesondere auf dem Erfahrungshintergrund des Zweiten Weltkriegs in den letzten Jahrzehnten an Intensität deutlich zunahmen, machen das Bild fortschreitender Globalisierung - hier nun in ihrer interventionistischen Komponente - komplett.
Konsequenzen für den Verbändemarkt
Auf die Entwicklung nationaler Verbandssysteme hatten diese Veränderungen nachhaltigen Einfluss: In den USA etwa existierten im Jahre 1995 allein über 1.600 nationale Organisationen, welche der Bewältigung dieser Risiken dienten, was einem Anstieg der Absolutzahlen seit Mitte der fünfziger Jahre um rund 1.000 entspricht! Gerade Umweltschutz-, Naturschutz- und Friedensinitiativen schossen hier in den letzten Jahrzehnten wie Pilze aus dem Boden; aber auch die Spektren von Entwicklungshilfeorganisationen, Gesellschaften für Völkerverständigung und wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie vom Territorium der USA aus operierenden Befreiungs- und politischen Reformbewegungen mit antikommunistischem oder sonstigen antidiktatorischem Impetus wuchsen substantiell.
Parallel zur Entfaltung dieser nationalen Organisationsszenerien, die sich im übrigen auch in den europäischen Ländern abspielte, entwickelte sich ein System genuin international arbeitender Non-Governmental-Organizations (NGO), welche nach dem Muster von Greenpeace oder amnesty international unmittelbar auf internationale Organisationen Einfluss zu nehmen begannen, ohne den nationalen Umweg zu nehmen. Zwar schufen auch sie sich sukzessive nationale Sektionen, aber der lobbyistische Schwerpunkt lag doch jenseits der nationalen Szenerien. Kurzum: Die Globalisierung von Problemlagen führte unzweifelhaft zur Schaffung neuer Interessenlagen, und diese begannen in Form neuer Verbandsspektren die lobbyistischen Gefüge national wie international nachhaltig zu verändern.
2. Die strukturell-prozessuale Dimension: Politik als Mehrebenenspiel
Aber nicht nur diese inhaltliche Dimension ist grundsätzlich in Rechnung zu stellen, sondern auch die sich durch die Entfaltung und Ausdifferenzierung politischer Mehrebenensysteme (Supranationale Organisationen - Nationalstaaten - subnationale Entscheidungsebenen) verändernden politischen Entscheidungsmuster.
„Nichts wäre jedoch falscher, als mit einer derartigen,
an Geschäftsverteilungsplänen nationaler Behörden
orientierten Attitüde an die Erschließung der Handlungs-
logik politischer Mehrebenensysteme nach dem Muster
der Europäischen Union heranzugehen.“
Einer effizienzmaximierenden Logik folgend müsste dies in der Weise geschehen, dass politische Kompetenzen ausschließlich und eindeutig einer einzigen Ebene (subnational - national - supranational) zugeordnet werden, um auch dem Außenstehenden die Zuständigkeitsverteilung und den jeweils adäquaten lobbyistischen Adressaten zu erschließen. Nichts wäre jedoch falscher, als mit einer derartigen, an Geschäftsverteilungsplänen nationaler Behörden orientierten Attitüde an die Erschließung der Handlungslogik politischer Mehrebenensysteme nach dem Muster der Europäischen Union heranzugehen: Wie später noch zu zeigen sein wird, sind derlei Zuständigkeiten nämlich nur im Ausnahmefall klar zugewiesen, im Regelfall aber strittig.
Für Interessengruppen, die in solchen Mehrebenensystemen operieren, hat dies generell zur Konsequenz, sich auf strukturell bedingten Kompetenzwirrwarr einstellen zu müssen und selbst zum lobbyistischen Mehrebenensystem zu mutieren, das simultan und dabei koordiniert auf den verschiedenen Entscheidungsebenen operiert und dabei situationsbezogen die Schwerpunkte setzt und verlagert.
„Verantwortung für entstandene Fehlleistungen:
... wenn es keine eindeutige Kompetenzzuweisung gibt,
dann ist auch die eindeutige Zuweisung der politischen
Verantwortung strittig, und "blame avoidance"
die Regelstrategie.“
Dieses Desiderat wird noch deutlicher, wenn man sich die mit der Schaffung solcher problembehafteter Mehrebenensysteme einhergehenden Entscheidungsprobleme vor Augen hält: Generell verführt es politische Institutionen dazu, lästige oder sensible Materien auf andere Ebenen abzuschieben, um selbst nicht für eine Entscheidung verantwortlich gemacht werden zu können.
Gerade bei den später genauer zu beschreibenden Tätigkeitsfeldern der EU mit ergänzender Zuständigkeit ist dies ein probates und gängiges Mittel. Dieses "cuckoo game" gleicht dem klassischen Verwaltungsgrundsatz "Dafür bin ich nicht zuständig!", doch nunmehr in rebus politicis.
Gleiches ist bei der Übernahme politischer Verantwortung für entstandene Fehlleistungen zu beobachten, was bereits Konsequenz des ersten Entscheidungsproblems ist: Denn wenn es keine eindeutige Kompetenzzuweisung gibt, dann ist auch die eindeutige Zuweisung der politischen Verantwortung strittig, und "blame avoidance" die Regelstrategie.
Schlagendes Beispiel hierfür ist die noch immer schwelende BSE-Kontroverse: Während die neue Verbraucherschutzministerin Künast in Deutschland immer wieder lauthals auf Versäumnisse der EU verwies, die schon längst eine Richtlinie zum endgültigen Verbot von Tiermehlbeimengungen in Viehfutter hätte verabschieden müssen, wehrte sich der zuständige Agrarkommissar Fischler mit dem Argument, eine derartige Initiative sei in den letzten Jahren in erster Linie am deutschen Widerstand gescheitert.
Aus unklarer kompetenzmäßiger Gemengelage kann also ein "Paradox der Schwäche" resultieren, welches gerade den um Kompetenzen rangelnden politischen Institutionen wieder Autonomie gegenüber lobbyistischen Adressaten verschafft: Mit dem Hinweis auf verfahrene Entscheidungssituationen, unklare Zuständigkeitsverteilungen, Rücksichtserfordernisse gegenüber einzelnen Mitgliedsstaaten oder anderen Gemeinschaftsorganen steht jederzeit ein Totschlagsargument zu Gebote, um eigene Untätigkeit rechtfertigen und die Chancenlosigkeit einer Initiative trotz besten eigenen Willens und Strebens belegen zu können.
Schritt für Schritt soll nun im nächsten Abschnitt gezeigt werden, dass dies beileibe keine abstrakten und wirklichkeitsfernen akademischen Spekulationen sind, sondern die Entscheidungslogik der Europäischen Union treffend charakterisieren - mit drastischen Konsequenzen für das lobbyistische Gewerbe.
III. Interessenvertretung im europäischen Mehrebenensystem: Logik und Konsequenzen
1. Die Architektur der EU seit dem Maastrichter Vertrag
Seit der Vertrag von Maastricht 1993 in Kraft trat, besitzt die Europäische Union zumindest auf den ersten Blick eine übersichtliche Architektur. Es hat sich eingebürgert, sie sowohl sprachlich als auch bildlich auf drei Säulen gegründet zu sehen, die durch ihre Inhalte und durch ihre Entscheidungsmodi voneinander geschieden sind: Während sich in der ersten Säule die traditionellen europäischen Gemeinschaften (EGKS, EURATOM, EWG) und die ihnen zugeordneten Gemeinschaftspolitiken wiederfinden, sind den Säulen II und III die Felder der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) oder der Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik zugeordnet.
Aus der Sicht organisierter Interessen ist dabei zentral, dass sich die Entscheidungslogiken der Säulen - und damit der Modus der lobbyistischen Einflussnahme - kategorial unterscheiden: Während in Säule I der Modus der Gemeinschaftspolitik zur Anwendung kommt, der den europäischen Organen zentrale Mitwirkungsbefugnisse bei der Rechtsetzung verleiht (Kommission: Initiativmonopol; Parlament: unterschiedliche Mitwirkungsrechte; Rat: Beschlussrecht), sind die Säulen II und III intergouvernementalen Charakters: In ihnen kommen Beschlüsse nach wie vor nur auf der Basis multilateraler Verhandlungen der einzelnen Regierungen zustande; die Gemeinschaftsorgane sind zwar auch hier eingebunden, besitzen aber nur beratende Funktion und können Einfluss bestenfalls durch inhaltliche Anregungen, nicht aber durch formelle Mitwirkungsrechte zur Geltung bringen.
Je nach Säulenzugehörigkeit "seines" Politikfeldes bedeutet dies für den einzelnen Lobbyisten also zunächst, die jeweilige Entscheidungslogik zu erkennen und bei der Schwerpunktsetzung seiner Arbeit zu berücksichtigen: Grundsätzlich sind also für innen-, justiz-, außen- und sicherheitspolitisch motivierte Interessengruppen nach wie vor die nationalen Regierungen die entscheidenden Anlaufstellen, während bei den übrigen Politikfeldern - mit noch zu illustrierenden Abstufungen - die Gemeinschaftsorgane eine wesentlich größere Rolle spielen.
Bei alldem ist jedoch eine Verschiebung von Gegenstandsbereichen zwischen den Säulen zu antizipieren: So wurden durch den Vertrag von Amsterdam Teile der III. Säule (Schengener Abkommen, Asylrecht) in die Säule I verlagert, was die Bedeutung der Brüsseler Organe für die Innen- und Justizpolitik schlagartig vergrößerte. Derlei Veränderungen der Vertragsarchitektur, und insbesondere der weitere Ausbau der Säule I zu Lasten der beiden anderen, sind auch in der Zukunft zu erwarten, und die jeweiligen Interessenvertretungen müssen die damit einher gehende Änderung der Entscheidungslogik durch eine Verstärkung ihrer europäischen Präsenz rechtzeitig berücksichtigen.
2. Das Feld der Gemeinschaftspolitiken
Doch auch das Feld der Gemeinschaftspolitiken, die der Säule I zugeordnet sind, gestaltet sich keineswegs einheitlich, da der jeweilige Vergemeinschaftungsgrad eines Politikfeldes erheblich variieren kann. Nur wenige Bereiche, wie die Agrar-, die Verkehrs oder die Wettbewerbspolitik, sind voll vergemeinschaftet in dem Sinne, dass der gesetzliche Rahmen grundsätzlich auf EU-Ebene geschaffen wird. Schaubild 4 erschließt diesen Sachverhalt für den Geltungsbereich des EG-Vertrags und die in ihm aufgelisteten Gemeinschaftspolitiken.
Insoweit ist etwa für Interessenvertreter der Landwirtschaft die Gefechtslage vergleichsweise klar: Rechtsetzung erfolgt in ihrem Bereich grundsätzlich in Brüssel, und die Verlagerung des lobbyistischen Schwerpunkts dorthin ist die logische Konsequenz. Für den Großteil der übrigen Politikfelder besitzt die Gemeinschaft jedoch nur eine ergänzende Zuständigkeit, welche ihr seit dem Maastricher Vertrag Kompetenzen gemäß dem Subsidiaritätsprinzip zuweist. Gemäß Art. 5 EG Vertrag wird die Gemeinschaft hier nur tätig, "sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können. Die Maßnahmen der Gemeinschaft gehen nicht über das für die Erreichung der Ziele dieses Vertrages erforderliche Maß hinaus".
Die in dieser Vertragspassage formulierten Notwendigkeits- und Besser-Klauseln, die durch ein Protokoll zum Amsterdamer Vertrag noch einmal präzisiert und bekräftigt wurden, schufen eine zumindest juristisch klare Rechtslage, die jedoch in der Praxis große Entscheidungsspielräume eröffnet. Denn letztlich hängt es von den jeweiligen inhaltlichen Maßstäben ab, ob eine Notwendigkeit für eine europäische Regelung diagnostiziert wird und ob man sich von dieser auch einen besseren Wirkungsgrad als von einer vergleichbaren nationalen Regelung verspricht. Für bestimmte Felder, wie die Kultur-, die Gesundheits- oder die Verbraucherpolitik, sind die gemeinschaftlichen Gestaltungskompetenzen durch Beschränkung ihrer Maßnahmen auf "Förderung" oder "Beitrag" durch die Verträge expressis verbis noch einmal deutlich eingeschränkt.
EU: to act or not to act?
Insoweit ergibt sich daraus für die Masse der europäischen Lobbyisten der unangenehme Sachverhalt, zwar grundsätzlich mit einer Regelungskompetenz der Gemeinschaft konfrontiert zu sein, aber erst im konkreten Falle abschätzen zu können, ob die jeweilige Auslegung des Subsidiaritätsgrundsatzes zu einem Tätigwerden der EU führt oder aber die einzelnen nationalen Regierungen weiterhin eigenständig Recht setzen. Eine derart ergebnisoffene Entscheidungssituation ist folglich die zentrale Ursache für die Entwicklung lobbyistischer Mehrebenensysteme, denn sowohl auf europäischem wie auf nationalem oder subnationalem Level müssen Interessenvertreter je nach Entwicklung der politischen Gefechtslage in der Lage sein, Einfluss auszuüben und darüber hinaus die Arbeit zwischen den verschiedenen Ebenen professionell zu konzertieren.