Dass sich die Tätigkeit von Verbänden auf EU-Ebene im Fall der Fälle nicht allein auf die Interessenvertretung in Gesetzgebungsverfahren beschränken muss, zeigt ein aktueller Fall aus dem Bereich der Chemieverbände. Es kann durchaus Erfolg versprechend sein, Gesetzgebungsakte anzufechten, wenn der Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens nicht den Interessen der Verbände und ihrer Mitglieder entspricht. Der Verbändereport sprach mit Valentine Lemonnier, LL.M., über ein aktuelles Gerichtsverfahren.
Der Fall: Mit der Delegierten Verordnung (EU) 2020/217 wurde Titandioxid nach der sog. CLP-Verordnung eingestuft. Zuvor hatten sich Verbände und ihre Mitgliedsunternehmen intensiv an dem Entscheidungsprozess beteiligt und umfangreiche Argumente vorgetragen, wonach die Einordnung nicht wissenschaftlich begründet werden konnte. Als sich Mitte 2019 gleichwohl im Gesetzgebungsverfahren die abgelehnte Einstufungsentscheidung abzeichnete, brachten sich die betroffenen Verbände in Stellung: Die Verbände schlugen ihren Mitgliedern vor, die Einstufung mit einer Nichtigkeitsklage anzufechten, insbesondere weil ihre Sachargumente nicht gehört wurden. Es gingen sodann im Frühjahr 2020 drei Klagen ein. Diesen schlossen sich weitere Unternehmen und Verbände als Streithelfer an. Damit gelang es, unterschiedliche thematische und argumentative Schwerpunkte im Verfahren zu setzen. Bei der Koordinierung der drei Klageverfahren und der Parteien auf der Klageseite spielten die europäischen, deutschen und österreichischen