Maschinen made in Germany schlagen alle Umsatzrekorde. Schubkraft liefert vor allem das Exportgeschäft. Für die gute Kondition der Branche im globalen Wettbewerb und am Standort Deutschland arbeitet der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA).
Das dicke Umsatzplus verzeichnet die Branche nun seit drei Jahren. Die VDMA-Verbandszentrale im hessischen Frankfurt meldet stetiges Wachstum, und der Aufschwung hält an. Ein Exporterfolg auf ganzer Linie. Für volle Auftragsbücher sorgen insbesondere aufstrebende Länder wie China und Indien. Nun kommt auch die Inlandsnachfrage in Fahrt. VDMA-Präsident Dr. Dieter Brucklacher ist jedenfalls optimistisch: „Der Trend stimmt.“ Der Spitzenfunktionär spricht für mehr als 3.000 Mitgliedsunternehmen mit gut 860.000 Beschäftigten. Deutschlands drittgrößter Industriezweig, ein starker Wachstumsträger der Volkswirtschaft. Mit seinem Potenzial stellt der Verband das größte Netzwerk der Investitionsgüterindustrie in Europa.
Große Geschlossenheit
Die Erfolgsgeschichte beginnt im Jahr 1890 in Düsseldorf mit der Gründung des Vereins Rheinisch-Westfälischer Maschinenbauanstalten. Der heutige VDMA spiegelt die ganze Bandbreite einer facettenreichen Branche – von der Komponente bis zur Anlage, vom Systemlieferanten über den Systemintegrator bis zum Dienstleister. Insgesamt 39 Teilbranchen finden hier eine gemeinsame Plattform. Die Prozesskette mit allen Gliedern darzustellen, ist Auftrag und Verpflichtung. Dabei definiert sich der VDMA als Partner, Dienstleister und Interessenvertretung seiner Mitgliedsunternehmen.
Glänzender Vertreter
Dieses Verständnis erfordert Präsenz in den Steuerzentralen der nationalen und europäischen Politik und an vielen weiteren Fronten. In Berlin wie in Brüssel pflegt der VDMA den Austausch mit Entscheidern und Multiplikatoren. Bedingt durch die stürmischen Entwicklungen im asiatischen Raum eröffnete der VDMA Vertretungen in China, Japan und Indien. 39 Fachverbände und Querschnittsabteilungen mit ihren Ausschüssen und Arbeitskreisen halten direkten Kontakt zum Marktgeschehen, branchenübergreifende Foren vertiefen die Zusammenarbeit. Acht Landesverbände engagieren sich auf regionaler Ebene.
Reife Leistung
Für die Qualität der Dienstleistungen stehen weit über 20.000 Entscheider aus den Mitgliedsunternehmen sowie 400 Fachleute des VDMA mit seinen Servicegesellschaften. Deren Arbeitsleistungen sind zugeschnitten auf die Interessen der Branche. Die Kernbereiche:
- Markt, Statistik und Konjunktur
- Auslandsgeschäfte und Export
- Recht, Steuern, Tarif
- Management und Informationssysteme
- Werbung und Kundendienst
- E-Business und Branchenportale
- Forschung und technische Regelwerke
- Technik und Umwelt
Kein europäischer Verband bietet ein vergleichbares Angebot.
Auf diese geballte Kompetenz und enorme Schlagkraft setzt die vorwiegend mittelständisch geprägte Investitionsgüterindustrie, die durch die komplexen Mechanismen des globalen Marktes pausenlos in Atem gehalten wird. Hart erarbeitete Wettbewerbsvorteile verlieren immer schneller an Wert. Der rasante technische Fortschritt, die weltweite Verschiebung von Wertschöpfungsketten und neue Formen der internationalen Arbeitsteilung überfordern manches Unternehmen. Einzelkämpfer stehen oft auf verlorenem Posten. Die wachsenden Herausforderungen mit einem starken Rückgrat zu meistern, ist das schlagend-ste Argument für die Mitgliedschaft im VDMA.
Warnendes Zeichen
Die zentralen Anliegen des Verbandes lauten Wettbewerb und offene Märkte, Marktwirtschaft und Freiheit für unternehmerische Gestaltung. Der VDMA fordert mit Nachdruck optimale Bedingungen für ein investitionsfreundliches Klima, um die Zukunft der Unternehmen zu sichern und neue Arbeitsplätze zu ermöglichen. Dass die Industrie schwarze Zahlen schreibt, kann über eines nicht hinwegtäuschen: die Schwäche des deutschen Marktes.
Der VDMA-Präsident stellt fest: „Zwar hat die boomende Weltwirtschaft dem deutschen Maschinenbau wie der deutschen Wirtschaft wieder einmal den Titel Exportweltmeister beschert. Ansonsten hat es aber nicht für einen breit angelegten Aufschwung, geschweige denn für einen Arbeitsplatzaufbau gereicht – auch nicht in unserer Branche.“ Dies sei ein sicheres Zeichen für die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit des Investitionsstandortes Deutschland, warnt Dr. Brucklacher.
Kurs korrigieren
Die Ankündigungen der Bundesregierung, für Investitionen und Innovationen und damit für Wachstum und Beschäftigung zu sorgen, bleiben ohne gesetzliche Regelungen zur Flexibilität des Arbeitsmarktes und ein klares Konzept zur Unternehmens- und Erbschaftssteuerreform ein Lippenbekenntnis. Investitionsfeindlich sei auch, dass die versprochene Konsolidierung der öffentlichen Haushalte nur schleppend vorangehe. Und auch bei den dringend notwendigen Reformen der Sozialsysteme trete man auf der Stelle. „Deshalb“, befürchtet Dr. Brucklacher, „müssen potenzielle Investoren weiter damit rechnen, für die Sanierung der Haushalte und Sozialsysteme zur Kasse gebeten zu werden.“
Laut VDMA trage die Steuerpolitik zur Verunsicherung bei. Abschreibungen und somit Investitionen würden zwar erleichtert. Allerdings werde die degressive Abschreibung im Zusammenhang mit der angekündigten Unternehmenssteuerreform bereits zur Disposition gestellt. Damit fehle den Unternehmen die Planungssicherheit für Investitionsstrategien.
Bremsen lösen
Keine Fortschritte auch bei der Arbeitsmarktpolitik. Betriebliche Bündnisse für mehr Flexibilität ernteten zwar Anerkennung, jedoch fehlte es an rechtlichen Grundlagen. Bei den betroffenen Unternehmen und Belegschaften herrsche weiterhin Rechtsunsicherheit. Der VDMA pocht ferner darauf, den industriellen Mittelstand stärker in die Forschungspolitik einzubinden.
Seine Hoffnungen für die kommenden Jahre verbindet Dr. Brucklacher mit dem dringenden Appell an die Bundesregierung, die Rahmenbedingungen für das Investieren deutlich zu verbessern und so endlich die Wachstumsbremsen zu lösen.
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Reformer gesucht
Interview mit Dr. Dieter Brucklacher, Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.
Verbändereport: Herr Präsident, die Qualität und Präzisionsarbeit der deutschen Maschinen- und Anlagenbauindustrie, ihr High-Tech-Image also, ist sicherlich ausschlaggebend für ihren weltweiten Erfolg. Sprechen wir aber auch von den Schattenseiten Ihrer Branche. Mit welchen Schwierigkeiten hat die deutsche Industrie im Gegensatz zu ihren Mitbewerbern auf dem Weltmarkt zu kämpfen?
Dr. Brucklacher: Selbstverständlich sind die hohen Lohnkosten in Deutschland an erster Stelle zu nennen. Ich will hier gar nicht erneut den Vergleich mit Korea oder China bemühen. Lassen Sie mich ein Beispiel aus meinem eigenen Unternehmen anführen: Die Leitz Gruppe (Anm. d. Red.: Weltmarktführer für professionelle Holz- und Kunststoffbearbeitungs-Werkzeuge) hat in ihrem Werk in Österreich bei gleicher Produktion 20 Prozent weniger Kosten als in ihrem Werk in Deutschland. In der Vergangenheit zeichnete sich der Produktionsstandort Deutschland generell durch zwei Faktoren aus: durch eine bessere Qualität und höhere Produktivität.
Dieser Vorsprung, der die vergleichsweise hohen Lohnkosten rechtfertigte, beruhte zu einem großen Teil auf der durchgängig besseren Qualifikation der deutschen Arbeitnehmer. Dieser Vorsprung ist aber längst nicht mehr überall vorhanden und vor allen Dingen auch nicht mehr so eindeutig. Zum Teil hat die ausländische Konkurrenz aufgeholt, manchmal ist sie sogar bereits auf der Überholspur.
Verbändereport: Nun können wir sicher nicht High-Tech-Weltmeister und Niedriglohnland in einem sein. Gibt es aus Ihrer Sicht denn außer Standortverlagerung überhaupt Lösungsansätze, die Produktionskosten auf Weltmarktniveau zu bringen?
Dr. Brucklacher: Niemand will ernsthaft aus Deutschland ein Niedrig-lohnland machen – davon kann wirklich nicht die Rede sein. Unsere Kritik an den hohen Lohnkosten richtet sich deshalb ja auch nicht in erster Linie generell gegen das Lohnniveau, sondern vielmehr gegen die unverändert hohen Lohnzusatzkosten. Und dafür ist – das muss man deutlich ansprechen – in großem Umfang die Politik verantwortlich.
Bislang ist noch jede Regierung mit dem Versprechen angetreten, die Lohnzusatzkosten zu senken. Tatsächlich ist aber nichts oder so gut wie nichts geschehen. Und auch bei dieser Bundesregierung habe ich meine Zweifel, dass sie die Lohnnebenkosten spürbar senkt. Die einzige Möglichkeit, aus dem Dilemma herauszukommen, sehe ich deshalb in der Abkopplung der Sozialbeiträge von den Lohnkosten.
Verbändereport: Von Ihnen stammt der Satz, die Abkopplung der Sozialbeiträge von den Lohnkosten wäre ein Geniestreich für eine stabile Kalkulationschance und dauerhafte Investitionsbereitschaft.
Dr. Brucklacher: Und ich bleibe dabei: Jeder Regierungschef, der die Abkopplung der Sozialbeiträge von den Lohnkosten ernsthaft in Angriff nimmt, hätte einen Lorbeerkranz verdient.
Verbändereport: Gibt es dafür überhaupt entscheidungsfähige Konzeptansätze? Und bringt der VDMA hierzu auch eigene Ideen ein?
Dr. Brucklacher: An tragfähigen Ideen herrscht wahrlich kein Mangel. Woran es fehlt, ist der Mut, die Ideen politisch umzusetzen. Zu allererst denke ich hier an die Abkopplung der Krankenkassenbeiträge vom Lohn und die Einführung einer Gesundheitsprämie. Der Weg ist denkbar einfach: Der Arbeitgeberanteil an den Gesundheitskosten würde in eine Pauschale umgewandelt, die direkt an den Arbeitnehmer ausgezahlt wird. Die Wirtschaft könnte also für die steigenden Kassenbeiträge nicht länger belastet werden.
Und da der Arbeitnehmer nicht alleine für stetig steigende Beiträge aufkommen kann, wäre die Politik endlich unter Druck, die Kosten des Gesundheitswesens zu deckeln statt wie bisher Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen abzuschöpfen. Die Wirtschaft würde endlich nicht länger zu Kosten herangezogen, für die sie nichts kann. Und der Arbeitnehmer hätte den Vorteil, einen festgesetzten Beitrag zu zahlen, dessen Höhe sich nach seinen Ansprüchen und nicht nach seinem Verdienst richtet.
Verbändereport: Wie stehen Sie zu dem Argument, die Lieferung von hochwertigen Produktionsanlagen ermögliche den Niedriglohnländern überhaupt erst eine wettbewerbsfähige Produktionsqualität und fördere so die Arbeitsplatz- und Standortverlagerung aus Deutschland?
Dr. Brucklacher: Erlauben Sie mir eine Gegenfrage: Wie lautet die Alternative? Sollen wir etwa eifersüchtig über unsere tollen Maschinen wachen und sie ja nirgendwo hinliefern, wo wir Konkurrenten wittern? Wer so denkt, hat auf dem globalen Markt schon verloren. Wir dürfen nicht überlegen, wie wir uns abschotten können, sondern, wie wir anderswo bestehende Schranken überwinden können und wie wir hausgemachte Wettbewerbsnachteile in den Griff bekommen. Nur so können wir auf dem künftigen Weltmarkt bestehen.
Herzlichen Dank für das Interview.