Veranstaltungen waren schon immer zugleich Spiegel von wie auch Impulsgeber für Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Gleichzeitig befindet sich die Welt mitten in einem komplexen Geflecht von Transformationsprozessen: Megatrends wie New Work, demografischer Wandel und künstliche Intelligenz haben sich fest in unserem Leben etabliert. Was bedeuten diese Entwicklungen konkret für das Ökosystem von Veranstaltungen und seine Standards? Dieses Erkenntnisinteresse stand im Mittelpunkt der jüngsten abgeschlossenen Forschungsphase des Innovationsverbunds Future Meeting Space (FMS).

Von Megatrends zu Business Opportunities
Im Zentrum von FMS 2024 standen mehrere aufeinander aufbauende Forschungsfragen: Wie verändern externe Einflüsse – etwa die genannten Megatrends – das Ökosystem von Veranstaltungen? Wie wandeln sich infolgedessen die Bedürfnisse von Kund*innen und Nutzer*innen? Welche bisherigen Prozesse, Produkte und Dienstleistungen sowie Geschäftsmodelle verlieren dadurch an Bedeutung oder werden gar obsolet? Und schließlich mit dem Blick in die Zukunft: Welche neuen Marktpotenziale und Angebote entstehen und wie lassen sich daraus innovative Business Cases entwickeln? Zentrale Erkenntnisse und ausgewählte Beispiele möchten wir Ihnen im Folgenden vorstellen.
Von A wie Automatisierung bis U wie Urbanisierung nahm der Innovationsverbund zunächst insgesamt 13 Megatrends als Treiber des Wandels genauer unter die Lupe. Dabei ging es nicht nur um deren gesamtgesellschaftliche Relevanz, sondern im Sinne der Forschungsfragen vor allem um die Veränderungswirkungen auf das Ökosystem von Business Events.
Beispiel Automatisierung und künstliche Intelligenz
Ob im Gesundheitswesen, im Transport oder in der Bildung: Smarte Technologien steigern die Effizienz, optimieren Prozesse und schaffen völlig neue Möglichkeiten der Interaktion. Auch in der Veranstaltungswelt: Von automatisierten Chatbots bis hin zu intelligenten Datenanalysen – KI verändert, wie Business Events geplant, durchgeführt und erlebt werden. Teilnehmer*innen profitieren von personalisierten Erlebnissen, während Veranstalter auf virtuelle Assistenten und smarte Organisationstools setzen können. Darüber hinaus spielt KI auch bei der Eventsicherheit eine wachsende Rolle: Durch Datenanalysen lassen sich potenzielle Risiken frühzeitig erkennen und passende Maßnahmen ergreifen.
Beispiel lebenslanges Lernen und Wissenstransfer
Früher schienen Bildungs- und Berufswege klar vorgezeichnet: Schule, Ausbildung oder Studium, dann ein Job bis zur Rente. Heute hat sich das massiv gewandelt. Digitalisierung, demografischer Wandel und Globalisierung sorgen dafür, dass wir uns kontinuierlich weiterentwickeln müssen – egal in welchem Alter oder in welcher Branche. Stillstand ist keine Option. Neue Technologien, sich wandelnde Jobanforderungen und gesellschaftliche Umbrüche fordern uns heraus, immer am Ball zu bleiben. Genau deshalb ist lebenslanges Lernen nicht nur ein Trend, sondern eine Notwendigkeit. Business Events spielen dabei eine immer größere Rolle für Weiterbildung.
Beispiel Neoökologie und Nachhaltigkeit
Globale Herausforderungen wie der Klimawandel, schwindende Ressourcen und der Verlust der Biodiversität rücken nachhaltiges Handeln immer stärker in den Fokus. Umweltfreundliche Alternativen sind gefragt – in allen Bereichen. Auch Business Events stehen vor einem Wandel: Nachhaltigkeit wird vom Nice-to-have zum Must-have. Veranstalter setzen zunehmend auf erneuerbare Energien, reduzieren Abfall, optimieren Ressourcen und fördern umweltfreundliche Mobilität. Themen wie Green Meetings und nachhaltige Eventzertifizierungen gewinnen an Bedeutung – nicht nur, weil sie gut fürs Klima sind, sondern auch, weil Unternehmen und Teilnehmer*innen sie immer stärker nachfragen.
Marktveränderungspotenziale: „Was geht?“
Im nächsten Schritt bewerteten die FMS-Forscher alle 13 Megatrends anhand ihrer Veränderungswirkungen auf Prozesse, Dienstleistungen und Produkte und fassten diese in einer sogenannten Heatmap zusammen, um besonders relevante Einflusspunkte auf den Event Cycle zu identifizieren.
Aus Interviews mit interdisziplinären Expert*innen aus aller Welt konnten daraus schließlich Marktveränderungspotenziale abgeleitet werden, die insbesondere die Veranstaltungs-, Technologie- und Dienstleistungssektoren beeinflussen werden.
Technologische Transformation und Digitalisierung
„Was geht?“, d. h., welche Standards werden künftig obsolet: Papierbasierte Veranstaltungsunterlagen wie Broschüren und Programme könnten bald Geschichte sein. Digitale Lösungen wie mobile Event-Apps, QR-Codes und digitale Registrierungen werden dominieren, da sie nachhaltiger, effizienter und flexibler sind.
Individualisierung und Hyper-Personalisierung
„Was geht?“, d. h., welche Standards werden künftig obsolet: Standardisierte „one size fits all“-Eventerlebnisse sind in Zukunft nicht mehr attraktiv. Teilnehmer*innen erwarten maßgeschneiderte Agenden und Inhalte, die auf ihre individuellen Bedürfnisse und Präferenzen zugeschnitten sind.
Nachhaltigkeit und ESG-Kriterien
„Was geht?“, d. h., welche Standards werden künftig obsolet: Oberflächliche Nachhaltigkeitsmaßnahmen werden zunehmend kritisch gesehen. Teilnehmer*innen, insbesondere jüngere, erwarten tiefgreifende Nachhaltigkeitsinitiativen, die auf echten Umweltschutz abzielen und nicht nur auf Kostenreduktion oder Imageverbesserung.
Flexible Arbeitsmodelle und Wandel der Arbeitswelt
„Was geht?“, d. h., welche Standards werden künftig obsolet: Traditionelle Arbeitsmodelle mit festen Bürozeiten und vorgegebenen Arbeitsplätzen werden zunehmend an Bedeutung verlieren. Flexible Modelle wie Homeoffice, dezentrales Arbeiten und digitales Nomadentum setzen sich immer mehr durch.
Hybride und immersive Veranstaltungen
„Was geht?“, d. h., welche Standards werden künftig obsolet: Konferenzen mit einer Abfolge rein frontaler Präsentationen und einem passiven Publikum sind veraltet. Solche Formate bieten wenig Interaktivität und entsprechen nicht den Erwartungen heutiger Teilnehmer*innen, die aktiv eingebunden werden möchten.
Weitere signifikante Marktveränderungspotenziale liegen aus Sicht der Expert*innen im Bereich Migration und internationale Talentakquise. Der Fachkräftemangel kann durch gezielte Zuwanderung qualifizierter Talente teilweise ausgeglichen werden. Organisationen, die sich auf die Akquise und Integration internationaler Talente spezialisieren, bieten Lösungen für den Arbeitskräftebedarf. Auch die gesellschaftliche Polarisierung bzw. die notwendige Dialogfähigkeit ist in höchstem Maße relevant. Organisationen, die gezielt auf gesellschaftliche Polarisierung reagieren und Dialog sowie Gemeinschaftssinn stärken, schaffen neue Chancen für die Entwicklung entsprechender Strategien und Geschäftsmodelle.
Fazit: Potenziale nutzen und Teilnehmer*innen begeistern
Alle Stakeholder in der Veranstaltungswelt erleben täglich, dass Meetings, Tagungen und Kongresse vor tiefgreifenden Veränderungen stehen, die durch in der Debatte sehr präsente Entwicklungen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit oder den demografischen Wandel, aber auch durch weniger offensichtliche Megatrends wie Individualisierung und lebenslanges Lernen getrieben werden. Darin liegen sowohl Herausforderungen als auch Chancen.
Expert*innen betonen, dass Unternehmen sich auf hybride und personalisierte Veranstaltungsformate einstellen, nachhaltige Strategien authentisch umsetzen und dem Fachkräftemangel mit flexiblen Arbeitsmodellen sowie innovativen Technologien begegnen müssen. Digitalisierung, Konnektivität und neue Technologien wie KI, VR und AR sehen sie als Schlüsselfaktoren für die Zukunft der Veranstaltungswelt – ob für ortsunabhängige Teilnahme, zur Schaffung interaktiver und immersiver Erlebnisse oder mit Blick auf Sicherheit und Datenschutz.
Auch Nachhaltigkeit und ESG-Kriterien gewinnen an Bedeutung. Veranstalter aus Unternehmen und Verbänden müssen authentische Nachhaltigkeitspraktiken umsetzen, um das Vertrauen von entsprechend sensibilisierten Teilnehmer*innen zu gewinnen. Der Fachkräftemangel und die veränderten Erwartungen an Arbeitsmodelle erfordern flexible Arbeitslösungen und innovative Personalstrategien.
Die vom Innovationsverbund Future Meeting Space identifizierten Marktveränderungspotenziale bieten erhebliche Chancen für alle Organisationen, die frühzeitig auf diese Trends reagieren und innovative Lösungen anbieten – damit Veranstaltungen am Tagungs- und Kongressstandort Deutschland auch in Zukunft ihre elementare Rolle als Plattformen für Dialog und Innovation voll realisieren und Teilnehmer*innen aus aller Welt begeistern können.