Einhergehend mit neuen betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten einerseits und einem gesellschaftlichen Wandel hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft andererseits sind die Zeitschriftenverleger gegenüber ihrem Verband anspruchsvoller geworden. Sie fordern vom VDZ zu Recht wahrnehmbare Mehrwerte ein, Leistungen, die sich in der Gewinn- und Verlustrechnung der Verlage positiv niederschlagen.
Die VDZ-Geschäftsführung muss ihren Mitgliedern somit attraktivere Consultingdienstleistungen bieten – selbstverständlich ohne dabei die tarifpolitischen und lobbyistischen Verbandsaufgaben zu vernachlässigen. Einen solchen wahrnehmbaren Mehrwert, für den die Verbandsmitglieder auch bereit sind extra zu bezahlen, hat der VDZ durch ein neues Serviceangebot, Benchmarking, erfolgreich etabliert.
Neue Wege
Der VDZ als Dienstleistungsverband beschreitet neue Wege und verjüngt sein Serviceangebot schrittweise. Beispielsweise hat der VDZ in jüngster Zeit vermehrt „Shared Services“ installiert, Verbandsdienstleistungen, die der VDZ auch für andere Verbände anbietet. So betreibt der VDZ die Online Publishers Association Europe – den europäischen Verband der Online-Verleger, ohne dafür zusätzliche Kapazitäten schaffen zu müssen. Weitere solcher Shared Services sind in Arbeit. Insbesondere aber erweitert der VDZ sein Beratungsangebot hin zu solchen „wahrnehmbaren Mehrwerten“, die den Mitgliedern vom Verband angeboten und für die eine separate Teilnehmergebühr erhoben wird. Diese Services werden in der Regel durch den Verband definiert, selektiert und koordiniert, die Leistungserbringung erfolgt durch externe Dienstleister. Pionierarbeit hat der VDZ mit dieser neuen Art von Mitgliederservices im Thema Benchmarking geleistet, einem Angebot, durch das der VDZ in seinen Leistungen wahrnehmbarer und seine Mitglieder wettbewerbsfähiger werden.
Warum Benchmarking?
Nach einer Reihe von Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogrammen in den Verlagen besteht in der Branche weiterhin die Notwendigkeit, Optimierungspotenziale zu identifizieren. Nur lassen sich die weiteren Verbesserungsmöglichkeiten nicht mehr so leicht aufzeigen und es wird für die Verlage schwieriger, die Organisation und ihre Mitarbeiter auf die manchmal schmerzhafte Reise weiterer Optimierungen mitzunehmen. Neue Verbesserungsmöglichkeiten und neue Anreize, diese auch auszuschöpfen sind gefragt. Benchmarking soll helfen, beides zu liefern.
Pilotprojekt
Durch eine Pilotierung sollte das Instrument Benchmarking zunächst in einem abgegrenzten Bereich des VDZ getestet werden, bevor es verbandsweit angeboten wird. Das Pilotprojekt „Benchmarking der Online-Werbeumsätze“ setzte dort an, wo in der Branche besonders starker wirtschaftlicher Druck zu spüren ist: In der Vermarktung der Internet-Werbeplätze der Verlage. Ziel des durch den Arbeitskreis New Media im VDZ durchgeführten Projektes war es, die Stärken und Schwächen der einzelnen Online-Vermarktungseinheiten der Verlage im Vergleich zu analysieren und konkrete Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten. Dabei sollten extrem hohe Anforderungen an Vertraulichkeit der Daten und Anonymität der Ergebnisse gelten. Im Vordergrund des Interesses der Teilnehmer standen die Erfolgsfaktoren der Online-Vermarktung für hohe Werbeerlöse und hohe Vermarktungseffektivität.
Methodischer Ansatz
Um Fragen nach Wirkzusammenhängen zwischen Organisation, Technik und Führungsinstrumenten und dem Vermarktungserfolg der Website zu beantworten, sollte das Benchmarking mehr liefern als einen einfachen Kennzahlenvergleich, nämlich Antworten auf die Frage nach dem „Warum?“: Warum sind die guten Websites so erfolgreich? Mit anderen Worten – durch Benchmarking wollte der Arbeitskreis einen guten Schritt weiter gehen als mit herkömmlichen Kennzahlenvergleichen möglich. Als Methodik wurde deshalb ein „hypothesenbasiertes“ Benchmarking gewählt, eine Vorgehensweise, bei der der Arbeitskreis New Media vor Beginn des Benchmarkings Hypothesen darüber aufgestellt hat, welche Einflussfaktoren positiv auf die Sitevermarktung wirken. Im Projekt wurden diese Hypothesen analysiert und verifiziert.
Methodik „Hypothesengestütztes Benchmarking“
Im Projekt wurden 10 Hypothesen analysiert und verifiziert bzw. verworfen, zum Beispiel:
1. „Die Reichweite der Website beeinflusst Umsatz und Effektivität der Sitevermarktung.“ Die dahinter stehenden Fragen der Vermarkter waren strategischer Art: Welche Reichweite muss meine Site der Kategorie X besitzen, um sie besonders erfolgreich vermarkten zu können? Und: Gibt es eine Reichweitenobergrenze für meine Site, ab der mangels Markt keine lukrativen Anzeigenerlöse mehr erzielen werden können?
2. „Die Organisation des Außendienstes beeinflusst den Umsatz.“ – eine Hypothese, die auf die Vertriebseffizienz abzielt: Wie produktiv – gemessen in Umsatz pro Vollzeitkraft – ist mein Anzeigenvertrieb? Wie groß muss die Außendienstmannschaft sein, um den Markt unter Kosten- / Nutzengesichtspunkten optimal bedienen zu können? Habe ich den Außendienst womöglich schon zu weit reduziert? Welche Gehaltsbestandteile führen zu einer optimalen Außendienstproduktivität?
Benchmarking Online
Neben dem inhaltlichen Tiefgang sollte das Benchmarking als laufender Verbandsservice konzipiert werden. Die teilnehmenden Verbandsmitglieder sollten ständigen Zugriff auf die laufend aktualisierten Vergleichsdaten erhalten. Dazu sollte eine Online-Plattform zum Einsatz kommen. Als Spezialist wurde zur Konzeption und Durchführung des Pilotprojektes die on.valco Benchmarking GmbH aus Hamburg beauftragt, ihre Methodik und ihre führende Internet-gestützte Software „Benchmarking Online“ in das Pilotprojekt einzubringen, die Qualität und die Vertraulichkeit der Daten sicherzustellen und eine laufende Benchmarking-Plattform für den VDZ im Internet aufzubauen (www.vermarkter-benchmarking.de).
Relevante Ergebnisse
Die Ergebnisse des dreimonatigen Pilotprojektes haben die Verbandsmitglieder überzeugt: Benchmarking liefert eine Marktpositionierung, zeigt neue Wege auf und bringt damit neuen Wind in die internen Verbesserungsdiskussionen. Einige Vermarkter leiten aus den Benchmarking-Ergebnissen im internen Planungsprozess die Jahresziele ab. Dahinter steht der Motivations-Gedanke: „Wir wollen 2004 im Benchmarking in unserer jeweiligen Websitekategorie zu den Vermarktern mit der höchsten Effektivität gehören.“ Damit wird aus Verbesserungspotenzial messbare Verbesserung!
Ausweitung des Serviceangebots
Und das Benchmarking geht weiter. Der VDZ hat – gemäß dem bereits eingangs erwähnten Shared Service Gedanken – auch Nicht-Verbandsmitglieder zum Benchmarking eingeladen. Inzwischen nehmen sogar Online-Vermarkter von mit Zeitschriften konkurrierenden Medien – zum Beispiel Fernsehsender – an diesem in der Branche einmaligen Projekt teil. Auch inhaltlich wurden die Online-Webeumsätze um das Thema „IT-Kosten der Online-Vermarkter“ erweitert. Mit einigen laufenden inhaltlichen Anpassungen ist das Benchmarking damit zu einem kontinuierlichen Veränderungswerkzeug geworden. Quartalsweise werden die aktuellsten Daten eingegeben, zweimal pro Jahr werden die Ergebnisse in großer Runde diskutiert, einmal im Jahr findet ein Erfahrungsaustausch-Workshop statt, in dem jeder Teilnehmer berichtet, was er intern getan hat, um seine Benchmarking-Positionierung zu verbessern.
Innerhalb des VDZ hat der Vorstand des Fachverbandes „Die Publikumszeitschriften“ beschlossen, die Erfahrungen der Online-Vermarkter auch auf den Print-Bereich zu übertragen. Erste Schritte sind bereits getan. Der betriebswirtschaftliche Ausschuss des VDZ hat sich des Themas Benchmarking angenommen. Ein entsprechendes Projekt „Benchmarking der Verlags-IT“ mit Fokus auf Kosten und Business Value der Redaktionssysteme wurde bereits gestartet. Und die Suche nach weiterem Verbesserungspotenzial – so viel ist schon jetzt sicher – wird weitergehen.
Fazit
Verbände müssen sparen und für ihre Mitglieder attraktiver werden. Der VDZ geht dazu den Weg neuer Dienstleistungen. Benchmarking Online ist eine Dienstleistung, mit der der VDZ auf seinen bewährten Leistungen wie Kennzahlenvergleichen aufbauend ein neues Angebot an seine Mitglieder formulieren kann. Der direkte Nutzen der Mitglieder wird erkennbar erhöht, weil es sich in den Strategieprozess der Verlage nahtlos einpasst und durch die Relevanz der Erkenntnisse in der Führungsebene des Mitgliedsunternehmens wahrgenommen wird. Das Mitgliedsunternehmen ist bereit, für den klar beschreibbaren Nutzen extra zu bezahlen. Gleichzeitig wird der Aufwand des Verbandes deutlich reduziert. Das Beispiel zeigt: Durch Benchmarking Online werden Verbände in ihrem Leistungsangebot wahrnehmbarer und die Mitglieder wettbewerbsfähiger.
Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger
Der VDZ ist der Dachverband der Zeitschriftenverleger in Deutschland. Er vertritt die Interessen der rund 400 Zeitschriftenverlage, die zusammen mehr als 3.000 Zeitschriften verlegen und damit gemessen am Umsatz 90 Prozent des deutschen Zeitschriftenmarktes repräsentieren. Als Dienstleistungsverband bietet der VDZ den Verlagen über seine Fach- und Landesverbände ein breites Spektrum an Serviceleistungen. Als Wirtschaftsverband beteiligt sich der VDZ auf deutscher und europäischer Ebene an der Gestaltung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Zeitschriftenverleger in Gesetzen und Verordnungen. Als Arbeitgeberverband führt der VDZ im Namen und Auftrag seiner Landesverbände Tarifverhandlungen für Redakteure und berät die Verlage bei Tarifverhandlungen.