Verbändereport AUSGABE 7 / 2009

Pressearbeit auf den Punkt

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Pressearbeit – eine besondere Form journalistischer Dienstleistung. Nicht nur stehen Aktualität und Relevanz des Themas unter besonderer Beobachtung des Journalisten, sondern auch: Ermöglicht die bereitgestellte Information tatsächlich, schnell einen Artikel zu schreiben?

Eine Pilotbefragung des Journalistenzentrums Wirtschaft und Verwaltung e.V. in Kooperation mit dem Institut für Journalistik an der Technischen Universität Dortmund, dem Meinungsforschungsinstitut ACADEMIC DATA GmbH, Essen, und der individual Medienkommunikation GmbH, Eichwalde, nahm sich des Themas an.

Als Leitfragen dienten den Forschern: Mit welchem journalistischen Know-how sind Pressestellen wichtiger Organisationen und Einrichtungen mit überregionaler und regionaler Bedeutung ausgestattet? Wie zielen die beteiligten Pressestellen auf die jeweils relevanten Redakteure, auf ihre Zielgruppe? Wie sind die technischen Begebenheiten in den Pressestellen und wie der Versenderhythmus von Pressemitteilungen?

Um das Bild abzurunden, schaute die Studie auf die andere Seite des Tisches. Wie viele Nachrichten erhalten Redaktionen täglich und wie gehen die Redaktionen mit diesen Eingängen um? Wie viel Zeit wird aufgewandt, um E-Mail-, Fax- und Posteingänge auf Verwertbarkeit in der Redaktion zu überprüfen?

Weniger ist oftmals mehr

Das Internet und E-Mail haben Gesellschaft und die Medienwelt nachhaltig verändert. Insbesondere für den Bereich des Marketings wurden zahlreiche Strategien für die individuelle Ansprache einzeln Umworbener entwickelt. Allerdings fanden diese in den meisten Pressestellen hingegen — auch in Kommunen, staatlichen Einrichtungen, Verbänden und Organisationen — wenig Einsatz. Obwohl Pressearbeit durchaus als „Informationsmarketing“ gesehen werden kann. Die Autoren konstatieren, dass „Zielgruppen der Pressearbeit weitgehend noch nach Mustern aus dem letzten Jahrhundert bedient“ würden. Nicht zuletzt gehöre dazu auch die „mentale Haltung Einzelner in Pressestellen, bei freien PR-Journalisten und in PR-Agenturen, die Qualität von Pressearbeit mit einer möglichst großen Zahl von Empfängern der verfassten Mitteilungen zu begründen“. Häufig fungiere die Größe des Presseverteilers als Leistungsnachweis. Nicht die tatsächliche Relevanz der Angeschriebenen für das jeweilige Thema. Der FAZ-Redakteur Peter Schilder beschrieb die Situation folgendermaßen: „Noch immer verhalten sich Pressestellen nach dem Muster: Informationen möglichst breit streuen, es wird schon irgendwo irgendwas hängen bleiben.“

„Pressemitteilungs-Spam“

Durch den Einsatz von E-Mails sind die Kosten für den Versand von Informationen sehr gering und erfreulich einfach geworden. Hinter der Idee möglichst großer Verteiler und der Massenbeschickung stehe die These, „die Empfänger mögen selber auswählen und entscheiden, welche der gelieferten Informationen sie für ihre redaktionelle Arbeit benötigen“. Dass dies zuerst einmal zu beweisen wäre, liegt auf der Hand. Zumal der Zeitaufwand auf Redakteursseite nicht zu unterschätzen ist.

Ziel der Studie

Die Studie stellt die tatsächliche Art der Informationsvermittlung dar: Wie wird der Versand von Informationen an Redaktionen organisiert und wie bewerten die Redaktionen dies im konkreten Fall? Die Forscher zeichnen damit einen Minimalkonsens von Pressestellen und Redaktionen nach, der für eine effiziente und erfolgreiche Pressearbeit ausgebaut gehört.

Insgesamt wurden 3.217 Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in Pressestellen von Kommunen, Unternehmen, Verbänden, Vereinen, Anstalten öffentlichen Rechts, kommunalen Unternehmen, Landkreisen und weiteren Organisationen per E-Mail angeschrieben, von denen sich knapp über neun Prozent an der Befragung beteiligten. In Redaktionen von Presse, Hörfunk und Fernsehen in Nordrhein-Westfalen wurden 1.034 Journalistinnen und Journalisten befragt. Bei ihnen lag die Rücklaufquote bei 11,4 Prozent.

Die Pressestelle

Rund ein Drittel der Umfrageteilnehmer gaben auf die Frage nach der personellen Ausstattung in ihrer Pressestelle an, dass sie zwei bis drei Mitarbeiter beschäftigen. In ein wenig mehr als 30 Prozent der Fälle arbeiten sie zu zweit in der Pressestelle, etwa ein Fünftel der Befragten verfügt über zwischen vier und zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pressestelle. Mit 17 Prozent Anteil an allen Befragten sind Einzelkämpfer erstaunlich häufig vertreten, wo hingegen nur eine von hundert Pressestellen mit mehr als zehn Mitarbeitern ausgestattet ist
(siehe Abbildung 1).

Fast zwei Drittel der Befragten sind selbst keine gelernten Journalisten und geben dies auch über ihre Kollegen an. Bei fast einem Drittel der Pressestellen arbeiten bis zu zwei gelernte Journalisten. Bei rund fünf Prozent der befragten Pressestellenmitarbeiter sind es mehr als zwei (siehe Abbildung 2).

Wie werden Redaktionen informiert?

Fast 90 Prozent aller Umfrageteilnehmer informieren Presse, Funk und Fernsehen überwiegend mit Pressemitteilungen. Kaum eine Pressestelle nutzt einen eigenen, regelmäßig erscheinenden Informationsdienst (4,1 Prozent). Jedoch nutzen sechs Prozent sonstige Kommunikationsmittel für die Pressearbeit.

Regelmäßig stehen mit 58,8 Prozent mehr als die Hälfte der Befragten in persönlichem Kontakt zu Journalisten und bezeichnen dies als wesentlichen Bestandteil ihrer Arbeit. Knapp ein Fünftel misst dem direkten Kontakt eine geringe, jedoch situativ gegebenenfalls auch größere Bedeutung bei (siehe Abbildung 3).

Über drei Viertel der an der Umfrage beteiligten Pressestellen verwendet ein
E-Mail-Programm, beispielsweise Outlook, für den Versand ihrer Pressemitteilungen (Mehrfachnennungen möglich). Rund ein Viertel nutzt zusätzlich die Briefpost als Versandkanal, nur unwesentlich weniger ein Faxgerät mit Gruppenwahl. Etwa 16 Prozent nutzen eine professionelle Datenbanklösung für den automatischen Versand von Nachrichten an die Medien (siehe Abbildung 4).

In der Häufigkeit der versendeten Mitteilungen unterscheiden sich die verschiedenen Pressestellen erheblich. Zwar spielen Faktoren wie jeweiliger Branchenbezug, Tagesaktualität und Kommunikationspolitik eine gewichtige Rolle, jedoch lassen sich Aussagen über die durchschnittliche Häufigkeit treffen.

Mehr als ein Fünftel der befragten Pressestellen versendet im Monat zwei bis drei Nachrichten oder konkrete Einladungen an die Redaktionen. Etwa ein Drittel versendet zwischen vier und bis zu 15 verschiedene Mitteilungen. Mehr als 16 und bis zu 60 im Monat, das heißt bis zu drei Mitteilungen am Werktag, versenden 20 Prozent der Pressestellen. Nahezu zwölf Prozent der Pressestellen versenden monatlich bis zu 120 Nachrichten an die Medien. Etwa ebenso groß ist der Anteil jener Pressestellen, die zwischen 121 und 800 Nachrichten versenden (siehe Abbildung 5)!

Die Verteiler

Wesentlich homogener stellt sich das Bild bei der Betrachtung nach Größe der Medienverteiler dar: Rund ein Fünftel der Pressestellen führt einen Verteiler mit bis zu zwanzig Adressen, nur wenig geringer ist der Anteil derjenigen, deren Verteiler bis zu 500 Adressen umfasst. Ebenso knapp ein Fünftel erreichen mit ihrem Verteiler über 500 Zieladressen
(siehe Abbildung 6).

Eine Lücke zwischen Kennen und Umsetzen scheint bei der Selektion der Adressen nach Interessengebiet des Redakteurs zu klaffen. Drei Viertel der Befragten gaben an, das individuelle Interessenprofil der Empfänger ihrer Presseaussendungen zu kennen. Allerdings richten nur etwas mehr als die Hälfte der Pressestellen auch tatsächlich den Versand ihrer Informationen nach diesen Interessenprofilen.

Knapp die Hälfte der Befragten greift zur Organisation der verschiedenen Interessenprofile auf diverse, häufig unabhängig voneinander geführte Mailinglisten zurück. Nur wenig mehr als ein Zehntel greift auf verschiedene Datenbanken zurück, um die Verteiler zu pflegen.

Die Hauptzielgruppe unter denjenigen, die über Interessenprofile der Redakteure verfügen, bilden die Wirtschaftsjournalisten oder am Thema Wirtschaft interessierte Journalisten. Rund 45 Prozent liefern regelmäßig Nachrichten aus diesem Ressort. Etwa ein Drittel der Befragten verfügt über extra Kulturverteiler, auf knapp ein Fünftel trifft das für das Thema Innenpolitik zu (siehe Abbildung 7).

Geografisch gliedern die meisten der Befragten ihre Verteiler: Rund drei Viertel verfügen über einen Verteiler nach lokalen Kriterien (Stadt, Stadtbezirk), fast zwei Drittel nach regionalen Kriterien wie Kreis oder Region und knapp die Hälfte über einen bundesweiten Verteiler.

Pflege der Presseverteiler

Wie managen die Pressestellen das Abonnement von Presseinformationen? Sehr verschieden! Bei etwa der Hälfte der befragten Pressestellen können die Empfänger der Informationen die Versandart selbst bestimmen. Dies geschieht über Abfragen per Fax, Telefon oder E-Mail. Nur knapp sieben Prozent der Pressestellen bieten den Abonnenten von Nachrichten an, die Themen und die geografische Relevanz von Nachrichten selbst festlegen zu können. Rund ein Fünftel der Pressestellen stellt den Empfängern von Nachrichten die Möglichkeit zur Verfügung, auf der Website Belieferung mit Nachrichten abzubestellen (siehe Abbildung 8).

Bei der Frage, wie häufig die Verteiler aktualisiert werden, bestehen große Unterschiede: Mehr als ein Drittel der Pressestellen aktualisierten ihren Medienverteiler nur einmal im Jahr oder noch seltener. Etwa ein Fünftel der befragten Pressestellen aktualisiert ihren Verteiler halb- oder vierteljährlich. Rund ein Viertel aktualisiert die Verteiler einmal im Monat.

Ein weiter differenzierteres Bild ergibt sich, wenn die Größe der Pressestelle zusätzlich betrachtet wird: je kleiner, desto häufiger. Ein Drittel der Einzelkämpfer aktualisiert ihre Verteiler einmal im Jahr oder seltener, knapp ein Fünftel immerhin noch halb- oder vierteljährlich. Erstaunlich: Ein Drittel der Einzelkämpfer aktualisiert die Verteiler einmal im Monat. Pressestellen, in denen mehrere Mitarbeiter beschäftigt sind, aktualisieren ihre Medienverteiler seltener, nämlich jährlich oder noch seltener. Lediglich rund zwölf Prozent der größeren Pressestellen nehmen die Aktualisierungen jeden Monat vor (siehe Abbildung 9).

Die Redaktionen

Neben dem Versender, dem Produzenten, von Medieninformationen fragte die Studie auch die Empfänger, die Redaktionen. Bei ihnen stand im Mittelpunkt, wie viele Nachrichten diese täglich erhalten und schließlich wie viele sie davon tatsächlich redaktionell verwerten. Die Studie fragte in alle journalistischen Sparten hinein: Rund ein Drittel der Umfrageteilnehmer arbeitet für ein Internetportal, fast 30 Prozent für eine gedruckte Publikation. Ein Viertel arbeitet für eine Tageszeitung und ein Fünftel für Wochenzeitungen. Mit 13,7 Prozent Beteiligung aus Rundfunkanstalten und zwölf Prozent aus Fernsehsendern, insgesamt sechs Prozent aus Nachrichtenagenturen wird das Bild komplettiert. Knapp ein Fünftel der freien Journalisten gab zusätzlich an, dass sie auch für PR-Kunden arbeiteten.

Die Medieninformation

Durchschnittlich erhalten alle Redakteure etwa 80 E-Mails pro Tag. Nur wenig mehr als ein Zehntel erhält weniger als zehn, allerdings knapp die Hälfte zwischen zehn und 39 Mails am Tag. Knapp ein Fünftel aller befragten Journalisten erhält 100 und mehr E-Mail-Nachrichten am Tag (siehe Abbildung 10).

Zusätzlich erreichen elf Presseinformationen per Fax die Redaktionen im Durchschnitt aller Befragten. Davon erhält mehr als ein Drittel weniger als zehn Fax-Nachrichten, nahezu 30 Prozent erhalten überhaupt keine Presseinformationen per Fax. Zehn bis 49 Presseinformationen sind es bei knapp 28 Prozent der Redaktionen und lediglich knapp sieben Prozent erhalten mehr als 50 Fax-Nachrichten am Tag (siehe Abbildung 11).

Das soll aber nicht heißen, die klassische Post für den Versand von Presseinformationen sei aus der Mode gekommen. Immer noch erreichen durchschnittlich neun Presseinformationen die Redaktionen per Brief. Auf der anderen Seite gab knapp ein Fünftel an, überhaupt keine Presseinformationen per Brief zu erhalten.

Bleibt festzuhalten, dass den Redaktionen durchschnittlich einhundert Presseinformationen täglich vorliegen. Redaktionell verwendet werden können nur die wenigsten Meldungen: Nur acht von hundert Nachrichten kommen ins Blatt oder ins Sendeprogramm. 20,5 Prozent verwerten sogar nur eine einzige Nachricht am Tag, knapp ein Viertel verwendet zwei oder drei Nachrichten, ebenso viele nutzen vier bis neun Nachrichten redaktionell. Fast ebenso groß ist der Anteil derjenigen Redaktionen, die zehn und mehr Nachrichten verarbeiten können.

Um aus einhundert Presseinformationen diejenige herauszufiltern, die tatsächlich genutzt werden kann, wird in den Redaktionen ein unterschiedlicher Aufwand betrieben. Allen gemein ist, dass der Zeitaufwand beträchtlich ist: Über die Hälfte der befragten Redaktionen antwortete, zwischen ein und eineinhalb Stunden für das Ausfiltern zu benötigen, noch knapp ein Drittel der Befragten investiert mehr als zwei Stunden dafür. Die Notwendigkeit, Informationen zu filtern, liegt nicht nur an der tatsächlichen Verwendbarkeit, sondern auch der Zielgenauigkeit, das zuständige Ressort zu erreichen (siehe Abbildung 12). Knapp die Hälfte der eingegangenen Presseinformationen passt nach Ansicht der Befragten überhaupt nicht in das Ressort oder zum Interessenprofil des Empfängers. Jeweils ein Viertel und ein Drittel passen teilweise oder — und das ist erfreulich — genau in das Ressort.

Was kommt bei den Redaktionen an?

Worüber „freuen“ sich Redakteure, was kommt an, wenn sie Presseinformationen per E-Mail erhalten? Allen gemein ist der Wunsch nach Kontaktdaten von Ansprechpartnern für weitere Informationen zum Thema der Nachricht. Noch knapp mehr als die Hälfte wünscht sich in der E-Mail Links zu Hintergrundinformationen. Bei der Frage nach möglichen Datenformaten der Nachrichten tut sich eine Glaubensfrage auf: Nach Ansicht der Hälfte aller Befragten sollten Nachrichten als ASCII-Texte per Mail versendet werden, etwa gleich viele Befragte wünschten sich die Pressemeldung zusätzlich als angehängte Worddatei.

Bilder anhängen oder per Link verweisen?

Auch hier ist kein klares Bild zu erkennen: Mitgesendetes Bildmaterial wünschten sich 48,7 Prozent der Befragten und 46,2 Prozent bevorzugen eher einen Link in der E-Mail für das Herunterladen von Bildmaterial.

Je nach Bereitstellung der Nachrichten steigt die Notwendigkeit der Aussagekraft in Überschriften. Erhalten die Journalisten die Nachrichten über einen Informationsdienst, so sollten die Meldungen einzeln mit aussagekräftigen Überschriften versendet werden, findet die Hälfte aller Befragten. 38,5 Prozent finden es praktischer, Informationsdienste mit allen Meldungen in einer einzigen Mail zu bekommen. Der PDF-Anhang ist mehr als einem Viertel der Empfänger willkommen. Weniger wichtig ist den Empfängern, ob die Nachricht mit einem Kurztext und einem Link zu einer Langfassung gesendet wird oder ob die E-Mail formatiert ist oder die Nachricht gar als RTF-Datei zur Verfügung steht (siehe Abbildung 13).

Fazit

Es bleibt festzuhalten, dass Pressestellen ihre eigene Pressearbeit noch ausbauen können. Die — unausgesprochene — These, „die Empfänger mögen selber auswählen und entscheiden, welche der gelieferten Informationen sie für ihre redaktionelle Arbeit benötigen“, ist auf der Seite sicherlich stehen zu lassen: Unterschiedliche Auffassungen über die Art der Bereitstellung von Informationen und Nachrichten lassen sich durch eine Pressestelle nicht mit einer wenig differenzierten Massenversendung bedienen. Daher scheint eine für den Journalisten einfache und schnelle Möglichkeit, per Online-Maske die Art der Bereitstellung zu bestimmen, sinnvoll. Gerade diese Zielgruppen-Affinität der Pressearbeit birgt enormes Potenzial. Der Redakteur entscheidet vor Erhalt der Information, wie, wann und in welchen Rhythmen er zukünftig über welche Themen mit welchen Bezügen, seien sie regional oder thematisch, Informationen erhalten möchte. Das setzt eine technische Innovation in vielen Pressestellen voraus, die nicht nur den manuellen Mailingverteiler ablösen wird.

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