Die Veranstaltungsbranche boomt. Davon profitieren viele – oft nur nicht die Veranstaltungshäuser selber. Das kann nicht sein, meint der EVVC und will daher zukünftig verstärkt Lobbyarbeit betreiben. Die nackten Zahlen allein zeigen, wie berechtigt dies ist.
Als Dachverband der Veranstaltungsstätten (Stadt-, Sport-, Mehrzweckhallen und Kongresshäuser) vertritt der EVVC derzeit 286 Einrichtungen. In diesen finden jährlich rund 200.000 Veranstaltungen mit 70 Millionen Besuchern statt. Insgesamt haben hierdurch rund 200.000 Menschen eine Arbeitsstelle. Der generierte Gesamtumsatz betrug im Jahr 2000 mehr als 84 Millionen Euro. Allerdings: Nur der geringste Teil davon bleibt bei den Veranstaltungshäusern hängen.
Dabei sind die Veranstaltungen eine ausgezeichnete Standortförderung, denn sie bescheren den Kommunen ein boomendes Geschäft. Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel und Anbieter von Dienstleistungen aus vielen verschiedenen Branchen profitieren vom Tagungs- und Veranstaltungsmarkt. Nach verbreiteten Schätzungen der Branche sind bis zu 30 mal so viele Arbeitsplätze durch die Aktivitäten der Veranstaltungszentren gesichert, als dort selbst beschäftigt sind. Vor diesem Hintergrund hat sich der Verband in den letzten Jahren neue, ehrgeizige Ziele gesetzt. Es geht in erster Linie um zwei übergeordnete Dinge: Ein noch effektiveres internes Dienstleistungspaket für die Mitglieder und eine schlagkräftige Lobbyarbeit. „Die Politik ist sich der Wichtigkeit der Veranstaltungszentren nicht bewusst. Das werden wir ändern, schließlich fördern wir die Wirtschaft in erheblichen Maße und bringen Gewinne für die Kommune“, so EVVC Präsident August Moderer.
Neuer Name und neue Aufgaben
Der EVVC gehört zu den Verbänden mit langer Tradition. Gegründet wurde er im Jahre 1955 unter dem Namen VDSM, Verband der Stadt-, Sport- Mehrzweckhallen auf Initiative einiger Geschäftsführer und Direktoren von deutschen Veranstaltungshäusern, insbesondere um einen Erfahrungsaustausch zwischen den einzelnen Häusern herbeizuführen. Auch heute noch ist der Austausch von Erfahrungen untereinander und die Informationsweitergabe ein oberstes Anliegen des Verbandes.
Vor einigen Jahren dann kam deutliche Bewegung in den Verband. Die zunehmende Europäisierung und die mangelnde Lobby in der Politik zwangen zum Handeln. Der Verband wurde umbenannt in EVVC. Der Verband gewann zunehmend Mitglieder aus dem benachbarten Ausland und kooperiert intensiv mit internationalen Partnerverbänden. Gleichzeitig war die Umbenennung ein deutliches Signal für die Öffnung der Aktivitäten nach außen. Hatte sich der Verband sich bis dahin hauptsächlich als ein Forum für den Austausch mit Kollegen verstanden, ist mit der Umbenennung der selbstgesteckte Ansatz verbunden, zunehmend eine Stimme in der Öffentlichkeit zu gewinnen.
Breites Leistungsspektrum
Ob 10 oder 10.000 Plätze – die Mitglieder des EVVC können für jede Veranstaltungsart die passende Lösung anbieten. Und für jede Aufgabe gibt es spezielle Anforderungen. Deshalb gibt es eine Aufteilung in drei Arbeitsgruppen, je nach Größe der Säle. Hier sitzen jeweils die Spezialisten, die eine Veranstaltungsabwicklung nach europäischem Standard garantieren. Um diesen hohen Standard der individuellen Beratung sicher zu stellen, bietet der Verband eine große Palette an Dienstleistungen an.
Ganz oben steht, wie schon zu Gründungszeiten des Verbandes, die Verständigung untereinander. „Wir alle profitieren von den Erfahrungen unserer Partner. „Was der eine nicht kann oder weiß, kann der andere. Das bringt uns weiter“, unterstreicht Präsident Moderer die Bedeutung des Austauschs untereinander.
Darüber hinaus werden Fortbildungs- und Ausbildungsangebote konsequent angeregt und begleitet, das Sicherheitsverständnis in den angeschlossenen Häusern gewährleistet, Problemfelder im internationalen Veranstaltungswesen und im Facility-Management frühzeitig erkannt und dafür in Politik und Öffentlichkeit ein Problembewusstsein geschaffen. Herausragende Leistungen im Facility-Management werden gefördert und unterstützt. Außerdem ermittelt der Verband vergleichbare Kennzahlen des deutschen und europäischen Veranstaltungsmarktes und stellt sie seinen Mitgliedern zur Verfügung.
Technik erfolgsentscheidend
Da sich nichts so schnell ändert wie die Technik stehen die Mitglieder des EVVC im ständigen Austausch mit Anbietern aus Industrie und Handwerk. Damit sind sie für diesen Wandel bestens präpariert. Das müssen sie auch, denn das Publikum ist verwöhnt und erwartet immer mehr Perfektion, immer neue sinnliche Anreize. Ziel des Verbandes ist es, stets Know-how und Material anzubieten, das über den Standard hinausgeht. Sicherlich eine große Herausforderung, deshalb gibt es dafür eine eigene Arbeitsgruppe. Sie bleibt am Ball, weiß, welche technischen Entwicklungen für die Veranstaltungszentren erfolgsentscheidend sind und gibt diese Erkenntnisse an die Mitglieder weiter. Im Laufe der Zeit hat der Verband ein Netzwerk professioneller Partner aufgebaut, die dazu beitragen, dass keine Veranstaltung der anderen gleicht – mit persönlichem Einsatz und der Kreativität von Einzelpersonen. Für die verantwortlichen Mitarbeiter in den Veranstaltungszentren gibt es daher auch ein umfangreiches Angebot an Fort- und Weiterbildung.
VR Interview
Interview mit EVVC-Präsident August Moderer (Geschäftsführer der Rheingoldhallen Mainz)
„Wir werden noch viel bewegen“
Verbändereport:
Herr Moderer, Ihr Verband repräsentiert einen riesigen Wirtschaftszweig, wie sieht es da mit der politischen Lobby aus?
Sie sprechen direkt den kritischen Punkt an. Wir werden von der Politik längst nicht in dem Maße wahrgenommen, wie es unserer wirtschaftlichen Bedeutung entspricht. Da werden wir in der Zukunft kräftig Gas geben in Richtung Lobbyarbeit. Wir müssen ganz einfach mehr Beachtung finden in der Bundespolitik. Ohne unsere Veranstaltungshäuser funktioniert im gesellschaftlichen Leben gar nichts. Wir bieten eine Plattform für zukunftsträchtige Marketingaktivitäten und gesellschaftliche Events. Jeder, der sich öffentlich präsentieren möchte, braucht Veranstaltungszentren. Das müssen wir stärker durch Lobbyarbeit ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen. Wir wollen nicht als Zuschusseinrichtungen wahrgenommen werden, sondern als Wirtschaftsförderer. Da brauchen wir in Zukunft mehr Selbstbewusstsein, wir dürfen uns nicht unter Wert verkaufen.
Verbändereport: Was erwarten Sie von der Politik?
Zunächst einmal sind wir materiell auf Zuschüsse angewiesen. Das hat nichts mit schlechtem Management zu tun sondern ganz einfach mit der Tatsache, dass wir in der Preispolitik einen begrenzten Spielraum haben. Wir brauchen Unterstützung bei der Renovierung und im investiven Bereich, das können die Veranstaltungszentren nicht aus eigener Kraft schaffen. Außerdem erhoffe ich mir von der Politik mehr Unterstützung im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Unsere Veranstaltungszentren sind doch ein Aushängeschild für das Land und bringen vielen Leuten Geld in die Kassen. Warum können nicht der Bundeskanzler oder der Wirtschaftsminister, die prominentesten Repräsentanten unseres Landes, Vertreter unserer Branche zum Beispiel auf ihre Reisen mitnehmen? Das würde der gesamten Branche einen neuen Schub geben. Da ist ein riesen Potential, auch was die Arbeitsplätze angeht. Wir sind keine anerkannte Industrie, und das ist absurd bei dem von uns generierten Kaufkraftvolumen. Wir werden die Politiker wachrütteln. Es kann nicht sein, dass eine so wichtige Branche links liegen gelassen wird.
Verbändereport:Neben der Politik, welche Öffentlichkeit wollen Sie aktivieren?
Wir wollen jeden, der in irgendeiner Weise von Veranstaltungszentren profitiert, erreichen. Also Hotellerie und Gastronomie, den Einzelhandel und Dienstleister aller Art. Denen müssen wir klarmachen: Veranstaltungsbesucher lassen eine Menge Geld in der Stadt. Aber das funktioniert nur mit Veranstaltungszentren, die in gutem Zustand und auf dem neuesten Stand der Technik sind.
Verbändereport:Welche internen Entwicklungen wollen Sie vorantreiben?
Wir legen einen klaren Schwerpunkt auf die Aus- und Weiterbildung. Wir investieren eine Menge in die Schulung unserer Mitarbeiter, um sie fit zu machen für ihren anspruchsvollen Job. Denn unsere Kunden wollen beraten sein. Wir verkaufen Events und damit Emotionen. Die Leute, die bei uns sind, erleben etwas. Das vermitteln wir unseren Mitarbeitern auf unseren monatlichen Motivationsseminaren. Sie müssen wissen: „Wie wirke ich auf meine Kunden“.
Verbändereport: Damit Veranstaltungszentren erfolgreich sind, muss auch das Marketing der Städte funktionieren. Nimmt der EVVC hierauf Einfluss?
Eine Stadt muss ein Image haben, sonst wird es dort keine interessanten Veranstaltungen geben. Das hat nicht unbedingt mit Größe zu tun. Wir nennen das „Destinationsmanagement“. Ich - zum Beispiel - habe fast täglich Kontakt mit unserer Touristikzentrale. Die Verantwortlichen eines Veranstaltungszentrums müssen Einfluss nehmen. Gemeinsam mit der Stadt entwickeln wir Konzepte, um für alle Beteiligten das Beste herauszuholen.
Verbändereport: Veranstaltungszentren stehen vor ständig neuen Herausforderungen aufgrund des Wandels in Publikumsinteresse, neuen Entertainmentformen und Kommunikationsgewohnheiten. Was sind die aktuellen Trends, wie reagiert der Verband darauf?
Der Trend geht ganz klar zu kleinen Formen, die Mega-Stars sterben aus. Darauf stellen wir uns ein. Den Mix, die Vielfalt, die müssen wir rüberbringen und ich glaube wir sind da auf einem guten Weg. Gerade im Internetzeitalter haben die Menschen wieder den Wunsch, sich zu sehen. Das Angebot ist enorm gewachsen und die Veranstaltungszentren bieten die Plattform, um dieses Freizeitbedürfnis zu befriedigen.