Verbändereport AUSGABE 2 / 2010

Verbandsmarketing oder wie man sich an seinen Austauschpartnern orientiert

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Verbandsmarketing umfasst alle Verbandsbereiche: Menschen schließen sich in Verbänden zusammen, um ihre Ziele zu erreichen. Basis jedes Verbandes sind seine Mitglieder, im Alltag kommt deshalb der Pflege der Beziehungen zu ihnen die höchste Bedeutung zu. Aber es gibt für einen Verband noch andere wichtige Austauschpartner, beispielsweise muss er die Mitgliederinteressen in gebündelter und geordneter Form gegenüber Politik und Öffentlichkeit vertreten. Sozialverbände wiederum leben zum Teil von Spenden und kümmern sich deshalb um Spender als wichtige Austauschpartner. Deutlich wird, dass Verbände bei ihren vielfältigen Aufgaben mit den unterschiedlichsten Austauschpartnern zu tun haben – und nur wenn diese Beziehungen funktionieren, kann der Verband erfolgreich sein.

Die Pflege dieser Beziehungen wird als Verbandsmarketing bezeichnet, es ist das aktive und gezielte Gestalten aller Austauschbeziehungen eines Verbandes. Das Management der Austauschbeziehungen umfasst folgende Bereiche des Verbandslebens und Beispiele ihrer Gestaltung, siehe Abbildung 1.

Alle Bereiche sind eng untereinander verzahnt. Um Einheitlichkeit und Unverwechselbarkeit des Verbandes zu wahren, ist deshalb ein übergreifendes Verbandsmarketingkonzept „aus einem Guss“ notwendig. Vor allem auf die Mitglieder ist hierbei einzugehen. Im Inputbereich betrifft dies Maßnahmen des Neumitgliedermarketings sowie im Innenbereich, quasi im Verbandsleben, die täglich sorgfältige Mitgliederpflege und die Bereitstellung der Dienstleistungen. Dies ist die Voraussetzung für Mitgliederbindung. Als weitere Beispiele, wie umfassend Marketing das Verbandsgeschehen prägt, können aus dem Outputbereich die verschiedenen Formen der Interessenvertretung angeführt werden. Beim Social Marketing soll die Öffentlichkeit von den Verbandszielen überzeugt und zum Engagement animiert werden. In ähnlicher Weise zielt das Lobbying auf für den Verband günstige politische Entscheidungen ab.

Jeder Verband pflegt also im Input-, Innen- und Outputbereich Beziehungen zu verschiedensten Austauschpartnern. Für den Erfolg dieser Beziehungsnetze ist ein einheitliches Auftreten und Vorgehen nötig – ein Verbandsmarketing.

Entwurf eines Marketing­konzepts

Wie lässt sich diese konsequente Ausrichtung an allen relevanten Austauschpartnern einer Organisation verwirklichen? Da hier Themen wie Dienstleistungen, Kommunikationswege und Ressourcenbeschaffung, also streng genommen der Verband als Ganzes im Blickpunkt steht, ist ein strukturiertes Konzept notwendig. Abbildung 2 zeigt die wichtigsten Bausteine eines Marketingkonzeptes nach dem Freiburger Management-Modell. Nachfolgend werden die drei Abschnitte in Form von Arbeitsschritten beschrieben: Wie kann ich meinem Verband ein Marketingkonzept geben?

Jedes der Elemente will erarbeitet werden. Zunächst startet eine Analysephase. Entscheidend ist es zu wissen, welche Ziele wir mit unserem Verbandsmarketing konkret erreichen wollen. Diese lassen sich aber erst formulieren, wenn wir die Position des Verbandes kennen. Erstes und, wie erläutert, wichtigstes Element der Verbandsexistenz sind seine Austauschpartner – wer ist das genau (Mitglieder, Kooperationspartner, Geldgeber und viele weitere) und in welchen Austauschprozessen stehen wir mit ihnen?

Beispiele der Austauschpartner für einen Handwerksverband könnten sein:

  • Inputbereich: potenzielle Neumitglie-der, Subventionsgeber, Kooperationen mit anderen Handwerksverbänden
  • Innenbereich: Mitgliedsbetriebe, Ehrenamt, Verbandsgeschäftsstelle
  • Outputbereich: Politik und Verwaltung, Öffentlichkeit, andere Verbände und Organisationen (HWKs, IHKs)

Da der Verband seine Mitglieder vertritt und repräsentiert und sich durch eine konsequente Orientierung an ihnen auszeichnen soll, sind Kenntnisse über ihre Lage nötig. Das verstehen wir unter dem Begriff der Marketinganalysen. Im Part der Umfeldanalysen stehen darin zunächst die wichtigsten Austauschpartner, die eigenen Mitglieder, im Blickpunkt: -Ihre Herausforderungen werden auch das Leistungs- und Beratungsangebot des Verbandes prägen. Wichtig ist daneben, dass der Verband sich selbst einschätzen kann, also seine eigenen Stärken und Schwächen sowie externe Chancen und Gefahren kennt. Hier hat sich der Einsatz einer SWOT-Analyse (strengths, weaknesses, opportunities, threats), die ursprünglich aus dem privatwirtschaftlichen Bereich stammt, auch im Verbandsbereich bewährt. Wesentliches Element ist die Analyse von Konkurrenzverbänden.

Damit ist der Standort des Verbandes gegenüber Mitgliedern und Konkurrenten fast komplett beschrieben. Allerdings existiert der Verband meist schon über einen längeren Zeitraum, es gibt also Dokumente und Richtlinien, die über Aufgaben und Zielsetzungen Bescheid geben. Diese übergeordneten Vorgaben aus Leitbildern, Satzungen und Managementkonzepten müssen berücksichtigt werden. Mit diesen Ergebnissen wissen wir nun, wo der Verband steht.

Als nächster Schritt werden die Marketing-Leitsätze oder -Ziele formuliert. Aufbauend auf den zuvor gewonnenen Erkenntnissen soll das eigene Verständnis von Marketing festgelegt werden, um so allen Mitgliedern der Organisation als Orientierungspunkt zu dienen.

Positionierung

An diesem Punkt angekommen gilt es, bisher Erarbeitetes zu bündeln und gegebenenfalls noch zu ergänzen. Es wird entschieden, wie der Verband von allen seinen Austauschpartnern wahrgenommen werden soll und welche Identität er hat (Positionierung). Dies ist besonders für Dienstleister wie Verbände wichtig, da sie ihr Image nicht durch fassbare Produkte untermauern können, sondern ausschließlich auf ihren guten Ruf angewiesen sind. Für diesen Schritt hat sich die grafische Darstellung in Form eines Kreuzes sehr bewährt, da so die wichtigen Elemente deutlich werden, siehe Abbildung 3.

Der eigene Name ist das wichtigste Kennzeichen und muss mit einer starken Kommunikationskraft ausdrücken können, für was der Verband nach außen und innen steht und was vermittelt werden soll. Das Anliegen der Organisation ist zuerst zu nennen (z. B. Betonbauteile Deutschland). Ein Mission-Statement kann die Wirkung des Verbandsnamens in Form eines Slogans noch verstärken.

Dann werden die Kernleistungen des Verbandes kurz veranschaulicht: Was tut er und vor allem was tut er besonders gut? Bei der Benennung der Zielgruppen kann weitgehend auf die Analyse der Austauschprozesse und -partner zurückgegriffen werden.

Als weiterer Aspekt ist das Selbstverständnis zu definieren. Der Verband sollte deutlich machen, welche Eigenschaften ihn besonders auszeichnen, auch worauf er dabei stolz ist. Sie sollten in der Öffentlichkeit wie bei allen Austauschpartnern wahrnehmbar sein. Dies wird auch als unverwechselbare Corporate Identity (CI) bezeichnet. Eng verwandet ist die Identität im Sinne des Wir-Gefühls der Mitglieder, die Cooperative Identity (COOPI). CI und COOPI speisen sich also aus denselben Gedanken, nur bezieht sich die CI eher auf die Organisation, die COOPI auf die Wertegemeinschaft der Mitglieder. Bei Bedarf kann auch ein eigenes Kreuz mit der COOPI erstellt werden, die einzelnen Arme beziehen sich dann auf die Mitglieder.

Beide Identitäten sollten sich in der Organisation widerspiegeln. Dies kann auf drei Schienen geschehen, und zwar: im Corporate Design, das sich auf Gestaltbares bezieht wie Briefpapier, Kleiderordnungen, Inneneinrichtungen; in der Corporate Communication, das sind Werbe- und PR-Maßnahmen, und im Corporate Behaviour, das das Verhalten und den Stil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschreibt. Zuletzt werden die wichtigsten Konkurrenten und vor allem die Unterscheidungsmerkmale der eigenen Organisation zu ihnen benannt.

Marketingplanung

An dieser Stelle ist der Hauptteil des Marketingkonzepts erstellt, der Verband ist in allen Facetten seiner Austauschbeziehungen analysiert und positioniert und eine eindeutige Identität wurde entworfen.

Nun müssen die Einsatzrichtungen ausgewählt werden, in denen spezifische Marketing-Anstrengungen unternommen werden sollen. In jedem Bereich ist Marketing relevant, wie schon zu Beginn erläutert wurde: In den Inputbereich fallen beispielsweise das Mitglieder-Marketing (wie kommen wir an neue Mitglieder, Freiwillige, Ehrenamtliche?), die Suche nach geeignetem Personal oder das Finanz-Marketing (Fundraising, Subventionen). Im Innenbereich kommt die Gestaltung der Dienstleistungen für die Mitglieder zum Tragen. Dabei soll durch das interne Marketing bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Dienstleistungsgesinnung etabliert werden. Dem Outputbereich ist die Marketingfunktion der Interessenvertretung zugeordnet. Auch hier sind eine eindeutige Positionierung des Verbandes und ein darauf abgestimmtes Verhalten wichtig.

Schließlich bleibt die Frage, wie wir das Marketingkonzept in den identifizierten Bereichen umsetzen wollen. Welche Maßnahmen sind vorzunehmen? Diese Frage kann selbstverständlich nicht allgemeingültig beantwortet werden, die Bedürfnisse des jeweiligen Verbandes, die durch Analysephase und Positionierung bestimmt wurden, prägen die Antworten. Grundsätzlich gibt es viele verschiedene Instrumente eines Marketingmix, die nach dem Prinzip der „6 P“ aufgeschlüsselt werden können. Die Struktur in Abbildung 4 hilft, den Überblick zu behalten.

Die Verantwortlichen für die Umsetzung müssen als letzte Aufgabe des Marketingkonzepts bestimmt werden (Organisation/Infrastruktur). Sie können in Linien- oder Stabsfunktion tätig sein. Diese haben dann aber „nur“ die organisatorische Leitung, die Verwirklichung betrifft die Gesamtorganisation. Sie muss vom Marketinggedanken durchflutet werden, der nichts anderes als die konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der Austauschpartner bedeutet. Aber auch die Mitglieder sind einzubinden, beispielsweise können sie bei der Werbung von Neumitgliedern mit ihren eigenen positiven Erfahrungen im Verband Orientierung bieten.

Den Verband durchfluten

Das beschriebene Marketingkonzept kann mit mehreren Workshops für jeden Verband verwirklicht werden. Entscheidend ist die erwähnte Durchflutung der Organisation mit den Denkweisen des Marketings. Hier sind alle Bereiche einzubeziehen (Input-, Innen- und Outputbereich) und alle Austauschpartner, nur so ist ein Verbandsmarketing auch nachhaltig wirksam.

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