Viele Verbände bieten Beratung für ihre Mitglieder an oder vermitteln solche Beratungsleistungen. Die externe Beratung eröffnet dabei oft neue Blickwinkel oder Entscheidungsmöglichkeiten. Auf das Verbandsmanagement spezialisierte Berater können auch Verbänden dabei helfen, sich diese Vorteile für die eigene Verbandsentwicklung zu sichern. Dabei kommt es auf einige wichtige Punkte an.

Themenfelder externer Verbandsberatungen
Schlägt man die aktuelle Ausgabe des „Service-Guide für Verbände und Organisationen – Partner der Verbände“ auf, bekommt man schnell einen Überblick, wie vielfältig die Beratungsangebote für Verbände sind. Neben den klassischen Beratungsfeldern wie Rechtsberatung und Steuerberatung gibt es für nahezu alle Fragen des Verbandsmanagements spezialisierte Berater. Typische Beispiele sind:
- Mitgliedergewinnung und Mitgliederbindung
- Strategie-Entwicklung
- Lobbying-Beratung
- Verbesserung der internen und externen Kommunikation
- Change-Management-Prozesse
- Organisationsentwicklung
Oft geben zu erwartende Veränderungen bei den ehrenamtlichen Führungskräften des Verbandes den Anstoß, die bisherige Ausrichtung der Organisation zu hinterfragen.
Beispiel: In einem Wirtschaftsverband stand ein Wechsel im Vorstandsvorsitz bevor. Dies nahm der Verband zum Anlass, um mit externer Unterstützung die strategische Ausrichtung des Verbandes zu hinterfragen und ggf. neu zu justieren. Die Berater schlugen zunächst eine anonyme Mitgliederbefragung und eine Umfeldanalyse vor. Dabei stellte sich heraus, dass die Mitglieder inzwischen andere Prioritäten für die notwendige Interessenvertretung sahen als der Vorstand. Es folgten zwei Workshops mit dem Vorstand, den voraussichtlich neuen Vorstandsmitgliedern und der Geschäftsführung. Anhand der Umfrageergebnisse und der Umfeldanalyse wurden die Ziele des Verbands neu definiert und ein Plan zur Umsetzung entwickelt.
Vorteile der externen Beratung zeigten sich bei der Entwicklung der Fragen für die Mitgliederbefragung, in der Möglichkeit, diese anonym zu beantworten, sowie in der objektiven Auswertung. Durch die externe Moderation der Workshops durch den Berater konnten sich die Teilnehmer auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren.
Stärken externer Beratung
Einer der größten Vorteile von externer Verbandsberatung ist ihre Objektivität. Berater blicken mit einer objektiven Perspektive auf die Organisation und können ohne Vorurteile die bestehenden Prozesse, Strategien und Probleme analysieren. Ein unabhängiger Blick kann schnell Schwachstellen aufdecken und gezielt Lösungen vorschlagen.
Externe Berater sind nicht in verbandsinterne Positionskämpfe eingebunden. Dadurch können sie sich – anders, als es eventuell Vertretern des Verbandes persönlich möglich ist – auf neutrale und objektive Aspekte bei der Beratung fokussieren. Ein erfahrener Berater wird darauf achten, dass er die wichtige Objektivität wahrt und sich nicht von einzelnen Meinungen innerhalb des Verbandes instrumentalisieren lässt.
Oft führt die Einschaltung eines externen Beraters zu einer Beschleunigung des Prozesses. Der Berater macht es schwerer, Aktivitäten und Entscheidungen zu vertagen.
Die Zusammenarbeit mit Beratern kann verbandseigene Ressourcen schonen. Viele Verbände sind personell knapp ausgestattet. Werden Aufgaben an eine externe Beratung übertragen, sind die eigenen Mitarbeiter damit weniger belastet. Sie stehen weiter für das Tagesgeschäft zur Verfügung.
Beispiel: Es soll eine Mitgliederbefragung durchgeführt werden. Nach Abstimmung des Ziels der Befragung entwickeln externe Berater den Fragebogen und übernehmen die Auswertung der Rückläufe. Verbandseigene Ressourcen werden geschont.
Darüber hinaus spricht ein weiteres wichtiges Argument für den Einsatz von auf Verbände spezialisierten Beratern. Aus Erfahrungen mit anderen vergleichbaren Projekten können sie Ideen einbringen, die den zu beratenden Verband unterstützen. Gleichzeitig wissen erfahrene Berater, welche Probleme in anderen Verbänden mit welchen Maßnahmen gelöst wurden. All diese Informationen geben einen wichtigen Schub bei der weiteren Verbesserung des eigenen Verbands.
Vorbehalte gegen externe Beratung
Es gibt einige Vorbehalte, die immer wieder bei der Diskussion über den Einsatz von externen Verbandsberatern geltend gemacht werden. Natürlich lassen diese sich nicht einfach als unberechtigt zurückweisen. Oft haben sie sogar einen zumindest nachvollziehbaren Ansatzpunkt. Genauso oft gibt es allerdings gute Gegenargumente.
„Der Verbandsberater kennt doch unsere Branche nicht“ ist ein häufig gehörtes Gegenargument. In den meisten Fällen ist das auch richtig. Die Profis im Hinblick auf die Mitgliedergruppe und Interessen der Mitglieder sind die Verbände, nicht die externen Berater.
Es ist aber auch gar nicht erforderlich, dass ein externer Berater die Branche bis ins Detail kennt. Denn seine Aufgabe ist in der Regel nicht die Beratung zu Branchenfragen oder die Verbesserung der Situation der Mitglieder. Sein Fokus liegt auf der Weiterentwicklung des Verbands, damit dieser die Interessen der Mitglieder möglichst schlagkräftig vertreten und sie unterstützen kann.
Ein guter Verbandsberater wird sich selbstverständlich Mühe geben, die Interessen und Besonderheiten der Verbandsmitglieder zu verstehen und nachzuvollziehen. Nur dann wird er in der Lage sein, diese in seine Beratung einzubeziehen. In den meisten Fällen wird er dazu nicht das gleiche Detailwissen zur Situation der Mitglieder benötigen wie die Verbandsvertreter. Er sollte aber in der Lage sein festzustellen, welche Informationen er benötigt, und diese ggf. aktiv bei seinen Ansprechpartnern im Verband abfragen.
Natürlich kostet externe Beratung Geld. Auf der anderen Seite können der objektive Blick von außen und die Arbeit des Beraters erheblich dazu beitragen, dass bisherige Prozesse im Verband optimiert und damit kostensparender und/oder effektiver gestaltet werden. Das relativiert die Kosten. Darüber hinaus müssen Arbeiten, die von externen Beratern geleistet werden, nicht durch interne Mitarbeiter oder Ehrenamtsträger des Verbandes geleistet werden. Dies trägt zur Entspannung bei – sowohl zeitlich als auch hinsichtlich der kalkulatorischen Kosten. Bei der Berücksichtigung der finanziellen Aspekte sollten also nicht nur die Kosten, sondern auch die durch die externe Beratung entstehenden Vorteile für den Verband berücksichtigt werden.
In unseren Beratungen erleben wir es gelegentlich, dass uns Geschäftsführer von Verbänden sagen: „Genau das Gleiche wie Sie habe ich meinem Vorstand/den Mitgliedern auch schon vorgeschlagen, nur ist man meiner Empfehlung nicht gefolgt.“ Für die betroffenen Geschäftsführer ist dies auf der einen Seite enttäuschend, auf der anderen Seite ist die Bestätigung der eigenen Sichtweise durch den externen Berater auch wichtig gegenüber dem Vorstand.
Auswahl externer Verbandsberater
Das Management von Verbänden hat zwar ähnliche Themen wie das Management von Unternehmen, das bedeutet aber nicht, dass jeder gute Unternehmensberater auch ein guter Verbandsberater ist. Das Management von Verbänden bringt eine Vielzahl von Besonderheiten mit sich.
Es beginnt damit, dass bei Verbänden trotz aller Notwendigkeit für solide Finanzen die Gewinnerzielung nicht im Vordergrund steht. Es geht nicht darum, am Ende eines Jahres möglichst viel Gewinn an die Mitglieder ausschütten zu können. Vielmehr geht es einerseits darum, mit den in der Regel limitierten Finanzen eine möglichst erfolgreiche Interessenvertretung zum Nutzen der Mitglieder sicherzustellen, und andererseits darum, der seit Jahren kontinuierlich steigenden Bedeutung von Services auf hohem Niveau gerecht zu werden.
Die Besonderheiten der Entscheidungsprozesse in Verbänden mit ihren Stärken und Schwächen sind ein weiterer wichtiger Aspekt, der bei der Beratung von Verbänden zu berücksichtigen ist. Die Rolle der Mitglieder als Mitwirkende bei der Entscheidungsfindung ist eine andere als die Rolle der Kunden in einem Unternehmen. Das Gefühl, Einfluss auf Entscheidungen nehmen zu können, ist ein wichtiger Aspekt der Mitgliederbindung.
Aufgrund der Besonderheiten des Verbandsmanagements sollte ein Berater unbedingt Erfahrungen aus der Beratung von Vereinen und Verbänden nachweisen können. Nach unserer Ansicht ist es darüber hinaus wichtig, dass der Berater nicht nur über Beratungserfahrung in diesem Kontext verfügt, sondern selbst eigene Erfahrung aus der Mitwirkung in und Führung von Verbänden nachweisen kann. Im Idealfall verfügt er sowohl über Erfahrungen aus ehrenamtlicher Arbeit als auch aus hauptamtlicher Arbeit, da beide Betätigungsformen unterschiedliche Aspekte abbilden. Mit einem solchen Hintergrund wird der Berater eher in der Lage sein, die Besonderheiten des Verbandsmanagements bei seiner Beratung einzubeziehen. Für ein erfolgreiches Projekt ist diese Einbeziehung aus unserer Sicht unerlässlich.
Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass Verantwortliche in Verbänden oft über eine ausgeprägte Lebens- und Berufserfahrung verfügen. Viele verstehen sich selbst als sogenannte „Alphatiere“. Ein Junior-Berater ohne große Berufs- und Beratungserfahrung wird es dann schwer haben, seine Fach- und Methodenkompetenz in den Prozess einzubringen. Das gilt umso mehr, wenn im Rahmen der Beratung angeregt wird, Dinge einmal anders anzugehen, als dies in der Vergangenheit der Fall war.
Niemand kennt den Verband und seine Mitglieder so gut wie seine ehren- und hauptamtlichen Funktionsträger. Nach unserer Erfahrung ist eine Beratung nur dann erfolgreich, wenn diese verbandsinterne Expertise von dem Berater mit einbezogen wird. Ein Beratungskonzept „vom grünen Tisch“, das ohne Integration dieses internen Know-hows entwickelt wurde, wird im Ergebnis nicht tragfähig sein. Daher sollte bei der Auswahl des Beraters darauf geachtet werden, wie er die internen Kenntnisse der Verbandsvertreter in der Beratung berücksichtigen will.
Erfolgsfaktoren in der Zusammenarbeit
Der wohl wichtigste Faktor ist eine klare Ziel- bzw. Aufgabendefinition. Je präziser die durch die externe Verbandsberatung zu erreichenden Ziele definiert sind, desto zielgerichteter kann diese Arbeit durchgeführt werden. Das spart nicht zuletzt auch zeitliche und finanzielle Ressourcen.
Zu welchem Zeitpunkt ein Verband auf externe Beratung setzen sollte, hängt natürlich von den zu bewältigenden Herausforderungen und der gewünschten Unterstützung ab. Generell ist es sinnvoll, den Berater möglichst frühzeitig in den Prozess oder zumindest in die Planung des Prozesses einzubeziehen.
Beispiel: In einem Bundesverband sind verschiedene Landesverbände zusammengefasst. Diese sind zum Teil als e. V. und zum Teil als nicht eingetragener Verein organisiert. Aufgabe des Beraters soll es sein, ein Konzept für die Neustrukturierung der Verbandsarbeit und der Verbandsstruktur zu entwickeln. In einem ersten Workshop haben ehrenamtliche Verbandsvertreter – ohne Unterstützung – allerdings bereits ein Modell entwickelt. Dieses beinhaltet, dass die Landesverbände und der Bundesverband kurzfristig verschmelzen sollen, um Ressourcen zu bündeln. Allerdings sind dabei auch Maßnahmen vorgesehen worden, die rechtlich nicht umsetzbar sind. Hier wäre es sinnvoll gewesen, bereits bei der Entwicklung der Konzepte auf Unterstützung zu setzen, um zu vermeiden, dass Konzepte entwickelt werden, die nicht oder zumindest nicht im gewünschten Zeitraum umsetzbar sind. So musste das bereits von den Verbandsvertretern erarbeitete Konzept im Nachhinein angepasst werden. Durch diese nicht erwartete Verzögerung sank die Veränderungsbereitschaft. Diejenigen, die am liebsten alles so lassen wollten, wie es bisher war, wurden gestärkt.
Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor ist die Offenheit für die Vorschläge seitens der externen Verbandsberatung.
Standardeinwände wie „Das haben wir noch nie so gemacht“ oder „Das funktioniert bei uns nicht“ wird der Berater hinterfragen und zum Anlass nehmen, die dahinterstehenden Vorbehalte aufzugreifen. Oft ist das erfolgreich und es zeigt sich im Nachhinein, dass die als sicher angenommenen Einwände in der Praxis nicht ganz so sicher sind.
Verbandsvertreter können in der Regel davon ausgehen, dass der Berater seine Vorschläge gut durchdacht hat. Besteht im Verband keine Bereitschaft, Anregungen des Beraters zumindest zu überdenken, ist eine Beratung in der Regel sinnlos und stellt eine Ressourcen- und Geldverschwendung dar.
Je nach Inhalt der abgefragten Beratungsleistung ist es mit der Durchführung von Analysen, Erstellung von Konzepten usw. durch den Berater oft nicht getan. Aus Erfahrung wissen wir, dass viele Verbände sich auch Unterstützung bei der Umsetzung wünschen. Sonst besteht die Gefahr, dass die notwendigen Schritte im Tagesgeschäft untergehen. Sofern weitergehender Support bei der Umsetzung gewünscht ist, sollten die Möglichkeiten dazu vor Auftragserteilung mit dem Berater abgestimmt werden. Je nach Situation des Verbandes und Beratungsgegenstand kann diese Unterstützung z. B. durch einen regelmäßigen Jour fixe, durch Workshops oder auch durch die Übernahme operativer Tätigkeiten durch das Beratungsunternehmen erfolgen. Umfang und Kosten hierfür sollten von vornherein bei der Planung des finanziellen und zeitlichen Budgets berücksichtigt werden.