Viele Wege führen bekanntlich nach Rom. Wer nicht nach Rom will, sondern vielmehr eine PR-Agentur für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit seines Verbandes finden möchte, dem stehen ähnlich viele Wege offen. Welche Wege es gibt, welche davon für welche Aufgabenstellungen geeignet sind und wie ein klassischer „Pitch“ funktioniert, zeigen die folgenden Seiten.
Gleich vorweg: Agentursuche bedeutet immer Investition. In finanzieller, personeller und zeitlicher Hinsicht. Hinter der Entscheidung für eine PR-Agentur steht eine längerfristige Zusammenarbeit. Andernfalls sind die beidseitigen Reibungsverluste, der Zeitaufwand und nicht zuletzt die Kosten, die durch „Agentur-Hopping“ entstehen, einfach zu hoch. Ein Fehlgriff schadet zudem meist auch der Kontinuität in der PR-Arbeit und dem damit verbundenen Außenauftritt.
Vier Wege zur Agentur
Grundsätzlich gibt es verschiedene Wege, zu einer geeigneten PR-Agentur zu finden. In der Praxis kommen sie alle zum Einsatz:
Weg 1: Per Empfehlung oder aufgrund früherer Kontakte. Aber: Die Agentur, die für Ihren Geschäftspartner die richtige ist, muss nicht unbedingt auch die ideale für Ihre Aufgabenstellungen sein.
Weg 2: Über unverbindliche Agentur-Präsentationen (Hearings): Hier stellt die Agentur hauptsächlich sich, ihr Leistungsspektrum und Referenzprojekte vor. Wichtig: Lösungsansätze zur Kommunikationsaufgabe des Auftraggebers gehören an dieser Stelle noch nicht hinein. Dieser Weg eignet sich bei der Vergabe von Einzelprojekten oder, wenn Sie bereits über viel Erfahrung im Umgang mit Agenturen verfügen und deren Arbeitsweise gut kennen.
Weg 3: Der Projektauftrag: Hierbei können Sie die konkrete Arbeitsweise der Agentur „live“ am Projekt testen und erfahren, ob Auftraggeber und Agentur effizient zusammenarbeiten können und ob die „Chemie“ stimmt. Für standardisierte Einzelmaßnahmen, wie z.B. das Erstellen und die Distribution von Pressemitteilungen, ist dieser pragmatisch orientierte Weg geeignet. Handelt es sich aber um die Vergabe eines komplexeren Kommunikationsetats, sollte die Auswahlmethode umfassender sein.
Weg 4: Das klassische Auswahlverfahren, neudeutsch „Pitch“. Hier werden eine handvoll Agenturen eingeladen, ihre Vorstellungen zur Lösung einer spezifischen Aufgabenstellung des Auftraggebers zu präsentieren. Auf dieser Basis trifft der Auftraggeber seine Entscheidung für eine Zusammenarbeit.
Pitch
Der gesamte Auswahlprozess der Agenturfindung gliedert sich in fünf Schritte, wie die Abbildung „Auswahlprozess“ zeigt. Wer diesen Prozess nicht aus eigener Kapazität heraus steuern kann oder möchte, kann die Hilfe eines Pitch-Beraters in Anspruch nehmen. Pitch Berater begleiten, steuern und koordinieren den gesamten Such- und Auswahlprozess nach einer geeigneten Agentur. Sie strukturieren den Entscheidungsprozess, sorgen für Neutralität und sprechen ggf. eine Empfehlung aus. Externe Pitch-Berater sorgen für zusätzliche Kapazität und Sachverstand im Auswahlprozess, z.B. bei der richtigen Formulierung eines aussagekräftigen Briefings als Grundlage für den Pitch.
Grundsatzüberlegungen
Zu den Grundsatzüberlegungen gehört, dass sich der Agentursuchende Klarheit über die konkrete Aufgabenstellung, die eigenen Ziele und Kriterien, die eine PR-Agentur erfüllen muss, verschafft. Eine individuelle Kriterienliste, z.B. nach Standort, Größe und Art der Agentur, Branchen-Know-how, Reputation, Leistungsspektrum, schränkt die in Frage kommenden Agenturen bereits ein und sorgt dafür, dass die eigenen Prioritäten deutlich werden. Im Rahmen der Vorüberlegungen sollte man zunächst den eigenen PR-Bedarf benennen und das tatsächlich verfügbare Budget ermitteln. Meist ist danach bereits klarer, für welche Aktivitäten eine Agentur gebraucht wird bzw. welche Kriterien Priorität haben werden. Überlegen Sie, ob Sie einen Dienstleister suchen, der primär „abwickelt“ und für zusätzliche Kapazität sorgt. Oder ob Sie die Unterstützung einer Agentur benötigen, deren Stärke in der Beratung liegt. Beides hat Einfluss auf Ihre Kriterienliste und damit auf die in Frage kommenden Agenturen. Der nächste Schritt innerhalb der Vorüberlegung ist die Entwicklung eines Briefings.
Das Briefing: Entscheidende Weichenstellung
Im Auswahlprozess ist das Briefing (engl. to brief – instruieren) das wichtigste Element. Es versetzt einen Anderen in die Lage, ein gewünschtes Ergebnis zu bringen, wobei ihm Freiräume in der Umsetzung gelassen werden. Es lohnt sich, das Briefing sorgfältig und vor allem schriftlich auszuarbeiten und auch intern „absegnen“ zu lassen, denn es ist die Basis für die spätere Kommunikationslinie des Verbandes. Je präziser es formuliert und je aussagekräftiger es ist, desto größer ist die Chance, dass die Vorschläge seitens der Agenturen realistisch, praktikabel, bezahlbar und doch kreativ sein werden. Ein gutes Briefing enthält Angaben zu folgenden Elementen: Es beschreibt die Aufgabenstellung und die geplanten Ziele – beides möglichst präzise und messbar. Im Briefing werden die Zielgruppen genannt, ggf. mit Unter- und Nebenzielgruppen und der Status quo der bisherigen Verbands-PR beschrieben. Fakten zu Verband, Mitgliedern, Branchendaten gehören ebenfalls dazu und werden meist als Informationspaket als Anhang zum Briefing gegeben. Schließlich sollten feststehende Vorgaben (z.B. Hausfarben, Logos) und freie Elemente genannt werden, damit klar ist, was „unberührbar“ ist und wo Kreativität walten darf. Ein gutes Briefing nennt immer auch das Budget und den Zeitrahmen (Beginn) der Zusammenarbeit. Wird das Budget nicht genannt, mindert der Auftraggeber die Chancen auf ein akzeptables und realistisches „Komplett-Paket“, das seinem Verfügungsrahmen entspricht, erheblich.
Die Vorauswahl: “Long list”
Auch bei den Agenturen gibt es inzwischen Spezialisten für alle möglichen PR-Disziplinen, genauso, wie es Generalisten unter ihnen gibt. Sich einen Marktüberblick zu verschaffen, ist daher unerlässlich, um eine Vorauswahl treffen zu können. Das gilt nicht nur für die Variante Pitch, sondern auch, wenn Sie sich für eines der anderen Auswahlverfahren entscheiden. Für eine erste Übersicht über den Agenturmarkt haben sich folgende Quellen bewährt:
- www.pr-guide.de - Gemeinsamer Webauftritt von DPRG und GPRA.
- Beraterindex der DPRG – Deutsche Public Relations Gesellschaft. www.dprg.de
- Mitgliederliste der GPRA – Gesellschaft Public Relations Agenturen. www.gpra.de
- PR Compendium, das vom PR Report und der GPRA zusammen jährlich herausgegeben wird. PR Compendium Deutschland, Hamburg 2002.
Für die Long list stellt man eine Auswahl von 10-15 Agenturen zusammen, die dem eigenen Kriterienkatalog weitestgehend entsprechen. Dabei helfen die o.g. Quellen, die Selbstdarstellungsbroschüren und die Internetauftritte der einzelnen Agenturen. Eigene Recherchen und das Lesen von Fachpublikationen (z.B.: pr report, pr magazin, w&v, Horizont) geben Auskunft über Rankings, Ruf und Auszeichnungen und runden die Marktübersicht ab. Aus dieser Informationssammlung lassen sich bereits zahlreiche Schlüsse zu Kundenportfolio, Leistungsspektrum, Spezialkenntnisse, Ranking, Standorte und Honorarumsätze der einzelnen Agenturen ziehen. Nun gilt es, diese Liste zu verdichten.
Die engere Wahl: „Short list“
In der sog. Short list verbleiben die Agenturen, die in die engere Wahl kommen und zur Wettbewerbspräsentation eingeladen werden. Es sind in der Regel nur 3 bis 5 Agenturen, die die eigene Kriterienliste tatsächlich erfüllen und bei denen man schon bei Beginn „einen guten Eindruck“ hat. Diesen Agenturen stattet man entweder selbst einen Besuch ab (empfehlenswert!) oder lädt sie zu einem Kennenlern-Termin ein, bei dem die Aufgabenstellung besprochen wird und das erarbeitete Briefing zum Einsatz kommt. Wichtig: Die Agenturen sollten das Briefing alle zum gleichen Zeitpunkt erhalten, um die Chancengleichheit zu wahren. Meist wird dabei gleich ein Termin für ein De-Briefing vereinbart, eine Art „Schulterblick“, bei der noch offene Fragen geklärt werden und überprüft wird, ob die Aufgabenstellung deutlich geworden ist.
Die Wettbewerbs-Präsentation
Die eigentliche Präsentation, der Auftritt der Agenturen, sollte wann immer möglich, an einem einzigen Tag stattfinden. Das hilft, den Überblick zu behalten und verhindert, dass sich Eindrücke oder Erwartungshaltungen „über Nacht“ verfestigen oder verflüchtigen. Sinnvoll ist eine Dauer von 45 Minuten Präsentation und 30 - 45 Minuten für Diskussion und Rückfragen. Legen Sie bereits einige Wochen zuvor den genauen Teilnehmerkreis aus Ihren eigenen Reihen fest. Er beeinflusst die Entscheidung über die notwendige Technik, Raumgröße und Art der Präsentation. Fordern Sie von allen Agenturen ein Handout / Booklet mit der Präsentation / Konzeptideen ein, um im Nachhinein Anhaltspunkte für Ihre Bewertung an der Hand zu haben und nachschlagen zu können.
Entscheidung und Auswahl
Hier schließt sich der Kreis zum Briefing, denn: Je präziser und aussagekräftiger das zu Beginn des Auswahlprozesses geschriebene Briefing war, desto leichter wird die Beurteilung nun fallen. Ziel ist es, so sachlich und objektiv wie möglich zu entscheiden und sich nicht emotional von den häufig effektvollen Auftritten der Agenturen mitreißen zu lassen. Dabei hilft es, folgende große Bewertungsblöcke eingehender zu betrachten:
- Informationsverarbeitung
- Umsetzung
- Präsentation durch das Team
- Formalia
- „Chemie“
Zu diesen Blöcken sollten Sie vor der Präsentation die für Sie wichtigsten Einzelaspekte zusammenstellen und während der Präsentation bereits Ihre Eindrücke notieren. Haben Sie sich nach dem „Schaulaufen“ für eine der Agenturen entschieden, so können Sie Stil und Professionalität beweisen, indem Sie:
- Die Agenturen zeitgleich über Zu- oder Absage informieren;
- Diese Botschaft in persönlicher Form weitergeben und die Gründe (für die Absage) kurz erläutern;
- Zwischen Präsentation und Entscheidung nur wenig Zeit verstreichen lassen (eine Woche gilt als ideal);
Pitch-Honorierung
Um Missverständnisse zu vermeiden: Kurzpräsentationen von Agenturen sind honorarfrei. Verschiedene Alternativen zum Pitch sind es auch, und nicht alles, was als Pitch bezeichnet wird, ist auch tatsächlich einer. Generell aber gilt: Sobald die Agentur gebeten wird, Lösungen für eine spezifische Kommunikationsaufgabe zu entwickeln und vorzustellen, ist es nur fair, diesen Aufwand mit einem frei auszuhandelnden Honorar zu vergüten. Ob Sie dies nun im Rahmen eines Pitches tun oder es „Konzeptionsentwurf“ nennen und verschiedene Agenturen damit beauftragen, ist einerlei. Mitgliedsagenturen der GPRA haben sich gar verpflichtet, an nicht honorierten Pitches nicht teilzunehmen. Warum ist eine Honorierung ein Zeichen der Fairness? Zum einen bringt sie ein Stück Chancengleichheit für kleine und große Agenturen. Zum anderen riskiert man, auf Dauer nur die gleichen Standardlösungen präsentiert zu bekommen. Und: In ein Konzept oder einen Lösungsvorschlag fließt das gesamte Know-how einer Agentur ein – von keinem anderen Dienstleister würde man erwarten, dass er sein Wissen anderen kostenlos zur Verfügung stellt. Eine angemessene Höhe von Präsentationshonoraren festzulegen ist Ermessenssache und richtet sich nach Etat, Umfang, Aufgabenstellung und Schwierigkeitsgrad der Aufgabe. Branchenkenner nennen eine Spanne zwischen 1.000 und 7.000 Euro. Abweichungen nach oben und unten sind möglich. Ein Pitch ist, wie gezeigt, eine von mehreren Möglichkeiten, eine geeignete Agentur zu finden. Für welches Auswahlverfahren Sie sich auch entscheiden: Viel Erfolg dabei!
Pitch – Wettbewerb mehrerer Agenturen um einen Kommunikationsetat. Meist ein mehrwöchiger Prozess, dessen „Höhepunkt“ die Präsentation der teilnehmenden Agenturen ist.
Screening – Vorauswahl von Agenturen, Dienstleistern oder Geschäftspartnern, die darüber entscheidet, ob sie in die engere Wahl kommen oder ausscheiden.
Hearings – Kurzpräsentationen von Agenturen zu Leistungsspektrum, Referenzkunden / -projekten und Arbeitsweise.
Wettbewerbspräsentation – Genaugenommen nur der Präsentationsteil innerhalb eines Agentur-Auswahlprozesses.
Checkliste „Agenturpräsentation“
- Vorüberlegungen
- Welche Aufgaben soll die Agentur übernehmen?
- Welche Kriterien (Standort, Internationalität, Branchenkenntnis) sind für den Auftraggeber relevant ?
- Wie lautet das Briefing?
- Welches PR-Budget steht zur Verfügung?
- Welche Qualitäten (Umsetzung, Beratung, Know-how-Transfer etc.) werden von der Agentur erwartet? Agenturauswahl
Durch Empfehlung?
- Durch Agentur-Vorstellungen (Hearings)?
- Durch einen Projekt- oder Probeauftrag?
- Durch eine Wettbewerbs-Präsentation / Pitch?
- Wer organisiert und steuert den Auswahlprozess?
Bewertung der Agenturpräsentation (Auswahl)
- Hat die Agentur das Kundenproblem verstanden?
- Sind die Anforderungen des Briefings erfüllt worden?
- Erscheint das vorgestellte Konzept realistisch?
- Wie ist die Präsentation gestalterisch aufgebaut?
- Hat die Agentur „visionäre“ Vorschläge oder nur Standardmaßnahmen vorgestellt?
- Wie häufig bzw. regelmäßig sind Bewertungen eingeplant?
- Auf welchen Zeitrahmen ist das PR-Programm angelegt?
- Wurden die Budgetvorgaben über-/unterschritten?
- Ist das spätere Beratungsteam vorgestellt worden?
- Wie geht die Agentur mit Kritik um?
- Wie plant die Agentur, PR-Erfolge zu messen?
- Möchten wir mit dieser Agentur gerne zusammenzuarbeiten?
Literaturtipps:
DPRG, Deutsche Public Relations Gesellschaft e.V. (Hrsg.): Der DPRG-Index: PR-Berater in Deutschland 2002. Bonn 2002.
Redaktion PR Report (Hrsg.), in Kooperation mit GPRA: PR Compendium Deutschland, Hamburg 2002.
Hanstein, Christiane: Geschäftspartner PR-Agentur. Handbuch für die praktische Zusammenarbeit. Essen 2002.
Ballhaus, Jörg / Seibold, Michael: „Agenturauswahl als Service“ in: Absatzwirtschaft Heft 8, 2002.