Verbände stehen heute vor einer Vielzahl organisatorischer Herausforderungen: komplexe Antragsprozesse, eine Flut von Anfragen, steigende Datenschutzanforderungen und eine starke Fluktuation der Ansprechpartner im Haupt- und Ehrenamt. Die Lösung für diese „Flaschenhals“-Themen kann die Einführung eines Ticketsystems sein. Mit definierten Workflows können Prozesse wesentlich schneller und transparenter gestaltet werden. Die sinnvolle Integration von DSGVO-konformen KI-Komponenten kann die Abläufe zusätzlich beschleunigen.

Die klassische Arbeitsweise mit Formularen, E-Mail-Ketten und Telefonnotizen führt oft zu intransparenten Abläufen, unnötigen Rückfragen und Medienbrüchen. Immer mehr Verbände erkennen zunehmend die Vorteile von Ticketsystemen. Diese führen zu mehr Effizienz und Transparenz, Reduzierung wiederkehrender Arbeiten, weniger Insellösungen, Erhöhung der Antwortgeschwindigkeiten und dadurch insgesamt zur Verbesserung der Servicequalität.
Vorteile eines Ticketsystems
Um eine stabile Basis für die Prozesse einer Organisation zu schaffen, wird ein individualisierbares Ticketsystem benötigt. Um komplexe Schnittstellen und zusätzliche Kosten zu vermeiden, sollte dieses Ticketsystem als Workflow-Management-Lösung direkt in der Mitgliederverwaltungssoftware eingebettet sein. Natürlich braucht es da Mut zur Erneuerung. Workflows sind kein Selbstzweck, sondern heute eine strategische Grundlage für eine digitale, transparente Verbandsarbeit. Ein integriertes Ticketsystem schafft Freiräume für das Wesentliche: Mitglieder betreuen, Ideen entwickeln, Veranstaltungen gestalten.
Das neue Ticketsystem bündelt insbesondere die fallbezogene Kommunikation von Arbeits- und Entscheidungsabläufen und schafft Ordnung. Für jede geeignete Anfrage und Aufgabe wird ein Ticket angelegt, möglichst automatisiert an die zuständigen Teamkollegen weitergeleitet, Fristen werden überwacht und Bearbeitungsschritte umfassend dokumentiert.
Startpunkt aller mitgliederbezogenen Prozesse ist entweder das Serviceportal des Verbands oder der Mitgliederdatensatz in der Verwaltungssoftware. Jedes Mitglied hat seinen eigenen 2FA-Log-in zum Portal. Damit wird sichergestellt, dass es sich um ein autorisiertes Mitglied handelt, welches legitimiert ist, den gewünschten (und ggf. kostenpflichtigen) Prozess zu starten. Es lassen sich auch Prozesse definieren, die nur bestimmten Gruppen zugeordnet sind, beispielsweise den Fördermitgliedern.
Ein modernes Ticketsystem bietet:
Zentrale Bearbeitung: Mitglieder eröffnen Tickets. Themen oder Prozesse können vorab ausgewählt werden, sodass die Anfrage direkt bei der zuständigen Abteilung landet.
Volle Transparenz: Berechtigte Beteiligte können den Ticketstatus jederzeit einsehen.
Fehlerprävention: Pflichtfelder und Prüfmechanismen verhindern unvollständige Anträge.
Auswertungen: Berichte identifizieren Engpässe und Optimierungspotenziale.
Hier drei Beispiele aus der Verbandspraxis:
Praxisbeispiel 1: Bedürfnisnachweis für eine Sportwaffe durch den Landesverband
Für den Erwerb einer Waffe im Schießsport ist die Ausstellung eines Bedürfnisnachweises durch den zuständigen Landesverband erforderlich. Die Antragstellung erfolgt bisher über den Schützenverein. Der Verein prüft, ob die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sind. Nach positiver Prüfung wird der Antrag an den Landesverband weitergeleitet. Der Landesverband stellte dann eine Rechnung über die Bearbeitungsgebühr aus und pausierte die Bearbeitung, bis der Zahlungseingang nachgewiesen ist. Dann erst startete die inhaltliche Prüfung. Bei positiver Entscheidung wird der Bedürfnisnachweis – auch als „Waffenbezugsschein“ bezeichnet – ausgestellt.
Dieser Prozess beinhaltet viel Schreibtätigkeit mit Postversendungen. Für einen Landesverband wurde dies nun digitalisiert und die Abläufe wesentlich vereinfacht:
1. Den Antrag stellt das Sportschützenmitglied jetzt online über das Serviceportal des Landesverbandes. Pflichtfelder prüfen die Vollständigkeit hochgeladener Dokumente. Bereits beim Eingang des Antrags kann KI die Unterlagen automatisch auf Vollständigkeit prüfen, fehlende Dokumente sofort anmahnen und den Vorgang priorisieren. Sie kann zudem den passenden Bearbeiter automatisch bestimmen und so Wartezeiten minimieren.
2. Automatische Rückmeldung: Fehlt ein Nachweis, gibt das System sofort Bescheid. „Bitte reichen Sie das ungültige Dokument erneut per Upload ein.“
3. Rechnungsstellung: Nach Eingang des vollständigen Antrages erfolgt automatisch die Rechnungsstellung, die dem Antragsteller im Portal zur Ansicht hinterlegt und per SEPA-Mandat direkt eingezogen wird.
4. Einbindung des zuständigen Vereins: Nach Geldeingang erfolgt automatisiert die Bitte um Stellungnahme an den zuständigen Verein des Antragstellers. Dies ist möglich, weil der Landesverband allen zugehörigen Vereinen einen Zugriff auf das Verbands-Serviceportal ermöglicht.
Sind alle erforderlichen Unterlagen vorhanden, wird das Ticket abgeschlossen und es erfolgt ein einmaliger und abschließender Postversand, da der Antragsteller den Bedürfnisnachweis derzeit noch im Original beim Ordnungsamt vorlegen muss.
FAZIT: deutlich kürzere Bearbeitungszeiten, klares Feedback für Antragsteller und eine revisionssichere Dokumentation. Mit KI-gestützten Workflows steigert sich dieser Effekt weiter – Tickets werden automatisch priorisiert, zugewiesen und überwacht, während sich Mitarbeiter auf komplexe Anliegen konzentrieren können.
Praxisbeispiel 2: Kommunikation zwischen dem Landesverband Tafel Bayern und seinen zugeordneten Mitgliedern
Die Mitgliedstafeln sandten bisher zahlreiche Anfragen an die Geschäftsstelle des Landesverbandes via E-Mail oder hinterließen Anfragen auf der Mailbox. Dies führte in der Vergangenheit zu hohem personellen Kontrollaufwand, teils unklaren Zuständigkeiten und einem komplexen Abstimmungsbedarf.
Nach Einführung des Ticketsystems:
1. Jede Tafel hat Zugang zum Ticketsystem des übergeordneten Landesverbandes und kann dort verschiedene Prozesse starten.
2. Ticketanfragen und -aufträge werden automatisch der zuständigen Fachabteilung zugewiesen.
3. Kommunikation, Anhänge und Termine werden direkt im Ticket dokumentiert.
4. Alle Beteiligten im Landesverband und in den Mitgliedstafeln sehen den aktuellen Bearbeitungsstand jeder Anfrage.
Tafel-Bayern-Geschäftsstellenleiter Gerd Kermer fasst die Vorteile zusammen: „Schnellere, strukturierte Kommunikation mit klaren Verantwortlichkeiten und deutlich weniger Rückfragen.“
Praxisbeispiel 3: Ehrungsmanagement in Hierarchie-Strukturen
In strukturierten Verbänden mit vielen Ebenen erzeugt die Verleihung von Auszeichnungen im Vorfeld der Ehrung aufwendige Kommunikation mit übergeordneten Verbandsebenen. Dieser Antragsprozess wurde nun beim Kreisfeuerwehrverband Rhein-Neckar-Kreis durch einen Workflow abgelöst, um den Prozess der Ehrungen zu vereinfachen und die Abläufe effizienter zu gestalten.
Dieser Workflow garantiert, dass alle Schritte der Verleihung der Ehrenzeichen korrekt und reibungslos ablaufen.
1. Beantragung: Im ersten Schritt werden Auszeichnungen für Feuerwehrkameraden angefragt.
2. Prüfung und Bewertung: Nun prüft die für Ehrungen im Workflow zuständige Person die eingereichten Anträge. Es werden fehlende Informationen im Ticket eingesammelt.
3. Genehmigung und Urkundenerstellung: Nach der erfolgreichen Prüfung der Beantragung durch die Verantwortlichen erfolgt die Genehmigung der Ehrungen, und die Urkunden werden automatisch erstellt.
4. Abrechnung: Nach dem Erstellen der Urkunden wird automatisch eine Rechnung für die Abzeichen erstellt und an den ursprünglichen Antragsteller versendet.
Natürlich werden alle Informationen und Dokumente gespeichert und sind bei Bedarf leicht zugänglich. Durch die Einführung des Ehrungsworkflows konnte der Kreisfeuerwehrverband Rhein-Neckar-Kreis den Prozess der Ehrungen und Auszeichnungen erheblich verkürzen und verbessern.
„Seit der Einführung dieses Ehrungsworkflows haben ihn bereits vier weitere befreundete Feuerwehrverbände erfolgreich übernommen", ergänzt Thomas Frank vom Kreisfeuerwehrverband Rhein-Neckar-Kreis.
Der Wandel beginnt mit dem Einsatz von Workflows und KI
Ein von der Mitgliederverwaltung getrenntes Ticketsystem ist zwar auch möglich, jedoch erzeugt diese Trennung von Mitgliederverwaltung und Ticketsystem unnötige Schnittstellenprobleme und dauerhafte Wartungsaufwände. In modernen Cloud-Lösungen ist das Ticketsystem, welches optional integriert werden kann, die einfachste Lösung. Alle Module, z. B. Mitgliederverwaltung, Buchhaltung, Events und Workflowsystem, arbeiten miteinander in einer Plattform.
Workflows lassen sich konfigurieren oder erweitern und Updates, Hosting und Datenschutz sind zentral organisiert. Mit Unterstützung von KI geht es noch wesentlich effizienter, z. B. lassen sich „Problem-Tickets“ schneller filtern.
Ein integriertes Ticketsystem ist nicht nur eine technische Lösung – es ist ein strategischer Schritt in Richtung moderner, serviceorientierter Verbandsarbeit. Wer heute beginnt, schafft die Grundlage für effizientere Prozesse, motivierte Teams und zufriedene Mitglieder. Der beste Zeitpunkt, darüber nachzudenken, ist jetzt.

