Presseinterviews bieten Chancen und Risiken. Chancen, die eigene Haltung einer breiteren Öffentlichkeit verständlich darzulegen; Risiken, weil die Fragen des Journalisten Schwachstellen offen legen können, über die man nicht oder nicht in der von der Presse gewünschten Weise reden möchte. Wie man Presseinterviews richtig führt, hat jetzt Viola Falkenberg in ihrem Buch „Interviews meistern“ dargelegt. Verbändereport stellt die wichtigsten Tipps vor.
Vorbereitung ist alles
Gerade bei Presseinterviews gilt die Erkenntnis: Wer fragt, führt das Gespräch. Gleichwohl gibt es bewährte Erfahrungsregeln, wie man Interviews erfolgreich bestehen kann.
Die richtige Vorbereitung des Interviews ist der halbe Erfolg. Zur Vorbereitung gehört zunächst einmal, dass man sich ein Bild von dem interviewenden journalistischen Gesprächspartner verschafft. Ist er beispielsweise freier Mitarbeiter oder fest angestellter Redakteur eines Mediums? Aus welchem Grund will er das Interview führen? Soll das Interview nur zur Beschaffung von Informationen dienen oder veröffentlicht werden? Wo soll es veröffentlicht werden? Soll es ausschließlich in dem angegebenen Medium veröffentlicht werden oder sind weitere Verwendungen möglich oder vorgesehen?
Vorbereitung des Interviews
Vor dem Interview sollten eine Reihe von Fragen geklärt werden, die es erlauben, das Interview gründlich vorzubereiten.
- Wann soll das Gespräch stattfinden?
- Wie und wo soll das Gespräch stattfinden?
- Wie lange wird voraussichtlich das Gespräch dauern?
- Wo soll der Beitrag veröffentlicht werden?
- Soll der Beitrag – wie dies insbesondere bei freien Mitarbeitern häufig der Fall ist – auch in anderen Medien publiziert werden?
- Passen diese Medien für das vorgesehene Interview?
- Was ist das genaue Thema des Beitrags?
- Um welche Einzelaspekte geht es?
- Wer werden die weiteren Informanden sein?
- Wie lang soll der Beitrag werden?
- Wann soll der Beitrag veröffentlicht werden?
Diese Fragen vor dem Interview mit dem Journalisten zu erörtern, verrät kein Misstrauen, sondern gehört zur professionellen Vorbereitung eines solchen Gesprächs. Das verletzt nicht das journalistische Selbstverständnis. Stellt man bei diesem informellen Vorgespräch fest, dass man – aus welchen Gründen auch immer – für das genannte Medium lieber nicht zur Verfügung stehen möchte, kann man dies durchaus in einer nicht verletzenden Weise dem Journalisten erklären. So wird jeder dafür Verständnis haben, dass ein Caritas-Kreisverband kein Interview für eine Sexpostille geben wird. Allerdings sollte man hierbei nicht zu kleinlich sein. So wird beispielsweise ein Wirtschaftsverband schlecht beraten sein, einem bekanntermaßen kritischen Verbrauchermagazin nur deshalb ein Interview zu verweigern, weil dieses in der Vergangenheit sich außerordentlich kritisch und für den Verband schmerzhaft über bestimmte Fragen geäußert hat. Im Gegenteil: Durch den Interviewwunsch wird dem Verband die Chance geboten, der Zielgruppe dieses Mediums, die im Zweifel eher kritisch eingestellt ist, erstmals die Argumente der eigenen Seite darzustellen. Damit wird man möglicherweise keine gefestigten Überzeugungen ändern, aber möglicherweise die Überzeugungsgrundlagen in Frage stellen können.
Wie sich der Interviewpartner auf das Gespräch vorbereiten sollte
Sie sind auf ein Interview gut vorbereitet, wenn Sie bei der Vorbereitung alle Fragen zum Interviewthema zusammenstellen, die naiv, frech, ärgerlich, dumm, provokant, fachkundig, polemisch oder einfach nur kritisch sind. Versuchen Sie auf alle Fragenarten eine sachliche und fundierte Anwort vorzubereiten, die eindeutig, klar und vor allem für die Zielgruppe verständlich ist
Bei der Vorbereitung Ihres Interviews sollten Sie sich fragen, ob die von Ihnen präsentierten Fakten und Ansichten für die Leser, Zuschauer oder Zuhörer bedeutsam sind. Dabei kann die folgende Checkliste helfen:
- Wie viele Menschen betrifft Ihre Information?
- Gehören diese zur Zielgruppe des Mediums, für das der Journalist arbeitet?
- Welche Konsequenzen werden Ihre Äußerungen haben?
- Welche Informationen sind für die Region bedeutsam, in der das Medium erscheint?
- Welche Informationen sind neu?
Die Beantwortung dieser Fragen läßt Sie die thematischen Schwerpunkte bei der Beantwortung der Fragen richtig setzen.
Zielgruppengerecht argumentieren
Bei jedem Interview und bei jeder Presseerklärung sollte man sich stets vor Augen halten, dass es drei Gruppen von Adressaten unter den Lesern, Hörern oder Zuschauern gibt:
- Solche, die aufgrund ihrer festen Ansicht nicht überzeugt werden können,
- solche, die ohnehin schon der eigenen Ansicht sind,
- und schließlich – und das ist die wichtigste Zielgruppe – solche, die sich in ihrer Meinung noch nicht endgültig festgelegt haben.
Die letzte Gruppe ist erfahrungsgemäß die zahlenmäßig größte Gruppe. Jedes Interview und jede Presseerklärung sollte vorzugsweise diese Zielgruppe ins Visier nehmen.
Interviewregel: Argumentieren Sie nicht gegen Ihre Gegner oder für Ihre Befürworter, sondern versuchen Sie die Unentschiedenen zu überzeugen!
Die Interviewmotive verstehen
Auch im Umgang mit Journalisten sollte man Fehler vermeiden. Diese Fehler sind um so eher einsehbar, je besser man die Motive des Interviewpartners versteht. Warum bittet Sie ein Journalist überhaupt um ein Interview? Dafür gibt es im Grunde nur drei Motive:
- Er ist sachlich an Ihrer Stellungnahme interessiert.
- Er möchte Sie persönlich einmal kennen lernen.
- Er möchte zitierfähige Aussagen erhalten, die er in anderen Zusammenhängen verwenden kann.
Neben diesen expliziten Zielen gibt es natürlich auch noch persönliche Überlegungen des Journalisten, die ebenfalls in der Vorbereitungsphase des Interviews in Rechnung gestellt werden müssen: Der Journalist könnte beispielsweise Interesse daran haben, persönliche Kontakte zu Ihnen aufzubauen, die er später anders wirtschaftlich verwerten wird. Er könnte durch das Interview mit Ihnen seinen Wert in der Redaktion erhöhen und schließlich auch sein Selbstbildnis stärken, indem er ein Interview mit Ihnen geführt hat.
Vermeidbare Interview-Fehler
Egal, ob Sie sich für ein Interview entscheiden oder nicht, sollten Sie auf jeden Fall einige tödliche Fehler vermeiden, die erstaunlicherweise immer wieder begangen werden:
Sagen Sie die Wahrheit! Nicht alles was wahr ist, müssen Sie sagen, aber alles, was Sie sagen, muss wahr sein! Im englischen Jornalismus gilt die Regel: Facts are sacred, opinion is free.
- Vertuschen Sie keine Fehler oder Missstände!
- Drohen Sie Journalisten nicht mit Vorgesetzten oder sonstigen Hierarchien!
- Vermeiden Sie im Vorgespräch Pauschalurteile über Journalisten!
- Versuchen Sie nicht vorzuschreiben, was der Journalist zu tun und zu lassen hat!
Journalistensprache richtig verstehen
Häufig beginnt ein Interviewwunsch mit einem kurzen telefonischen Kontakt. Schon hierbei können erhebliche Missverständnisse entstehen. Nicht immer, wenn Sie ein Journalist um ein Gespräch bittet, hat er im formellen Sinne ein Interview im Sinn. Es kann auch sein, dass er lediglich ein Hintergrundgespräch führen will oder bereits anderswo erhaltene Informationen „gegenchecken“ will. Deshalb ist es nützlich, die Sprache von Journalisten zu verstehen. Nachstehend eine Reihe typischer Formulierungen, die ebenfalls dem Buch „Interview meistern“ entnommen sind:
- „Wir würden gerne zu einem Gespräch vorbeikommen.“
Bedeutung: Wir wollen ein ausführliches Gespräch, um Hintergrundinformationen zu bekommen und Sie kennen zu lernen. Eine Veröffentlichung ist derzeit konkret nicht geplant. - „Wir würden Sie/Ihre Organisation gerne porträtieren.“
Bedeutung: Es soll ein ausführlicher Beitrag über Sie/Ihre Organisation erscheinen. - „Wir würden gerne ein Interview mit Ihnen veröffentlichen.“
Bedeutung: Die Veröffentlichung in Form eines Interviews ist geplant, also im Wechsel von Frage und Antwort. - „Wir würden gerne ein Interview mit Ihnen machen.“
Bedeutung: Die Bitte erlaubt keine eindeutige Aussage über die geplante Form der Veröffentlichung. Klarheit schafft hier nur eine entsprechende Nachfrage. - „Ich hätte da ein paar Fragen.“
Bedeutung: Der Anrufende benötigt Fakten und Informationen von demjenigen, der für dieses Thema zuständig ist. Eine Veröffentlichung als Interview ist nicht geplant, wohl sind aber wörtliche Zitate in dem Beitrag möglich. - „Ich würde gerne von Ihnen wissen …“
Bedeutung: Sie werden um Ihre Meinung und Stellungnahme gebeten. Vermutlich werden Sie mit Ihrer Äußerung in dem Beitrag zitiert werden. - „Ich plane einen Beitrag zum Thema XY und würde hierzu gerne einen Termin mit Ihnen vereinbaren.“
Bedeutung: Sie werden um ein Gespräch gebeten. Dabei geht es sowohl um Fakten als auch um Ihre persönliche Bewertung zum Thema. Ob dies nur Hintergrundinformationen schaffen soll oder auch Zitate von Ihnen veröffentlicht werden, ist bei dieser Frage noch unklar. Auch hier hilft eine entsprechende Nachfrage. - „Wollen Sie das Interview autorisieren?“
Bedeutung: Sie werden gefragt, ob Sie die schriftliche Fassung des Interviews vor der Veröffentlichung sehen und gegebenenfalls ändern wollen.
Zur „Choreografie“ eines Interviews
Jedem Presseinterview liegt ein bestimmtes Kommunikationsmuster zugrunde. Dieses lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Das Gespräch wird von dem Journalisten geleitet.
- Der Journalisten fragt stellvertretend für das Publikum.
- Der Interviewpartner beantwortet die journalischen Fragen daher in erster Linie für das Publikum.
- Pressegespräche sind einseitige Frage-Antwort-Gespräche.
- Dabei geht es nicht um einen privaten Meinungsaustausch, sondern um eine Bewertung, Aussage oder Meinung der Institution, für die der Interview-Partner spricht. Es ist unprofessionell, wenn der Interviewte durchblicken lässt, dass er „privat ganz anderer Meinung sei“.
- Alles, was während des Gesprächs mit dem Journalisten gesagt wird, darf grundsätzlich veröffentlicht werden – außer es wird ausdrücklich Vertraulichkeit vereinbart.
- Interviewpartner sind weder persönliche Feinde noch Freunde.
- Können oder wollen Sie bestimmte Fragen nicht beantworten, so nennen Sie hierfür Gründe.
- Brisante Themen und Fragen werden meist am Ende des Gesprächs angesprochen. Bleiben Sie also bis zur letzten Sekunde aufmerksam und wachsam.
Besonderheiten bei Live-Interviews im Hörfunk und Fernsehen
Live-Interviews bieten den großen Vorteil, dass Ihre Stellungnahme nicht gekürzt werden kann. Gerade bei Live-Interviews besteht allerdings auch die Gefahr, dass sie vor Mikrophon oder laufender Kamera mit unfairen Fragen überfallen werden. Weisen Sie unpassende Fragen, insbesondere Fragen zu Ihrem Privatleben ruhig, aber bestimmt zurück. Sprechen Sie den Journalisten auch direkt an, wenn er sich nicht an Absprachen hält. Bitten Sie gegebenenfalls den Journalisten, Abstand zu wahren, wenn er Sie durch eine übertriebene körperliche Nähe in die Bredouille bringt. Und schließlich: Verlassen Sie mit einer kurzen, sachlichen Begründung das Studio, wenn sich der Journalist wiederholt und grob fehlverhält.
Besonderheiten bei vorab aufgezeichneten Interviews
Wenn Sie vermeiden wollen, dass wichtige Teile Ihrer Aussage geschnitten werden, wie dies bei dem 90-Sekunden-Journalismus oft der Fall ist, dann sollten Sie Ihre Aussage mit einem Aufzählungspunkt beginnen (also: erstens, zweitens, drittens). Dann fällt es den Journalisten sehr viel schwerer, den ersten Teil Ihrer Aussage zu schneiden. Allerdings sind Sie nicht dagegen gefeit, dass die nachfolgenden Punkte dann geschnitten werden. Deshalb sollten die wichtigsten Aussagen in den ersten Punkten enthalten sein. Denn wenn Sie erstens sagen, wird auch der Zuschauer wissen, dass Sie noch mindestens einen weiteren Punkt hatten, den er nicht zu Gehör oder zu Gesicht bekommt.
Nutzen der online-Pressearbeit
Das Internet bietet auch den Verbänden neue Möglichkeiten für die Pressearbeit. Um die Chancen des Mediums zu nutzen, müssen dabei einige Regeln beachtet werden. Die verbandliche Pressearbeit via eigene Web-Site kann Sie von täglicher Routinearbeit entlasten, indem Sie Standard-Presseanfragen nicht mehr per Telefon oder per Fax bearbeiten müssen. Dazu sollten Sie die wesentlichen Verbandsinformationen ins Netz stellen und dort auch die aktuellen Presseinformationen für recherchierende Journalisten bereithalten. Desgleichen empfiehlt es sich, immer wieder gestellte Fragen (FAQ: frequently asked questions) als anklickbares Informationsangebot auf Ihrer Web-Site zu haben.
Online-Pressearbeit ist Teil der Corporate Identity
Um die Wiedererkennbarkeit des Verbandes zu erhöhen und einen geschlossenen Gesamteindruck zu vermitteln, ist es notwendig, dass die gesamte Außenpräsentation des Verbandes ein einheitliches Erscheinungsbild aufweist (Corporate Identity). Dazu gehören nicht nur Briefbögen, Visitenkarten, Imagebroschüren und Presseinformationen, sondern auch Ihr Internet-Auftritt in der eigenen Web-Site. Dabei sollte die Web-Site nicht nur grafisch sympathisch, sondern vor allem funktional gestaltet sein und einen schnellen Zugriff erlauben. Lange Wartezeiten für das Runterladen („Download“), die vor allem durch grafisch zu aufwendig gestaltete Elemente verursacht werden, sollten vermieden werden. Journalisten sind in der Regel unter Zeitdruck und haben daher für lange Wartezeiten wenig Sinn.
Website
Eine übersichtlich gestaltete Verbände-Website sollte Journalisten gleich auf der Hauptseite auf die aktuellen Pressemeldungen des Verbandes hinweisen. Die Pressemeldungen selbst sollten vollständig abgefasst sein, also den Absender mit Anschrift, Telefon, Fax und eMail erkennen lassen sowie eine Kontaktperson angeben. Oft empfiehlt sich auch der Hinweis „Copyright-Abdruck in Printmedien frei – Belegexemplare erbeten“.
Damit Journalisten überhaupt Ihre Verbands-Web-Site finden, müssen Sie diese bekannt machen. Dafür bieten sich die Verbandsbriefbögen an, aber auch gelegentliche Hinweise in der Fachpresse. Desgleichen sollte bei allen Presseverlautbarungen Ihres Verbandes stets auf Ihre Verbands-Web-Site hingewiesen werden.
Mailinglisten
Das Internet bietet aber noch mehr Möglichkeiten. Wenn Sie für jeden Journalisten, der Ihre Seite besucht, ein Anmeldeformular bereithalten, in das er sich eintragen kann, können Sie die Daten automatisch in Ihre Mailingliste aufnehmen, so dass Sie Ihre Pressemitteilungen zielgenau per eMail versenden können. Damit entwickeln Sie sich ohne großen Aufwand eine nützliche Adressendatei.
Die Deutsche Gesellschaft für Verbandsmanagement (DGVM) bietet Verbänden elektronisch den direkten Zugang zu den bundesweit wichtigsten Redaktionsterminals. Die Kosten sind um ein vielfaches geringer als bei einem Versand mit der normalen Post („Schneckenpost“). Hierdurch lässt sich eine wirkungsvolle und vor allem kostengünstige Verzahnung mit der verbandseigenen Online-Pressearbeit erzielen.