Ein Kongress auf Augenhöhe: Von jungen Pflegenden für junge Pflegende
Der Junge Pflege Kongress Nordwest ist die größte deutsche Veranstaltung für Auszubildende, Studierende und Berufseinsteiger:innen in der Pflegebranche. In diesem Jahr werden erneut mehr als 2.000 Teilnehmende in Bochum erwartet. Veranstalter und Organisator ist die AG Junge Pflege im Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Nordwest e. V. Beeindruckende Bilder und Videos zeigen selbstbewusste junge Menschen, die ihre Belange selbst in die Hand nehmen wollen. „Nur wenn junge Menschen spüren, dass ihr Engagement gewollt ist und Wirkung zeigt, bleiben sie langfristig dabei“, sagt Marina Kauer, stellvertretende Geschäftsführerin des DBfK Nordwest e. V.
Marina Kauer ist stellvertretende Geschäftsführerin des DBfK Nordwest e. V.

Junge Pflege Kongress Nordwest © Thomas Langreder
Verbändereport: Frau Kauer, die meisten Verbände tun sich in Ansprache und Mobilisierung von jungen Leuten für ihre Veranstaltungen eher schwer. Wie schaffen Sie das?
Marina Kauer: Wir haben das große Glück, dass hinter dem Junge Pflege Kongress Nordwest ein hoch engagiertes, ehrenamtliches Team junger Pflegender steht. Die Mitglieder der AG Junge Pflege Nordwest wissen genau, was ihre Kolleginnen und Kollegen bewegt – sie kommunizieren auf Augenhöhe, in der Sprache ihrer Generation und natürlich über die entsprechenden Kanäle. Die Energie und Authentizität, die aus dem eigenen Engagement und Selbstverständnis kommen, spüren auch die Teilnehmenden des Kongresses.
Woher kommen die Impulse für das Kongress-Programm?
Die Ideen kommen direkt aus unserer AG. Sie entwickelt das Motto und die Programm-Inhalte komplett eigenständig – basierend auf aktuellen Themen aus Ausbildung, Studium, Praxis und Berufspolitik. Dabei fließen sowohl persönliche Erfahrungen als auch Rückmeldungen der Teilnehmenden aus den Vorjahren ein. Das Ergebnis ist ein Kongress, der ganz nah dran ist an der Lebens- und Arbeitswirklichkeit junger Pflegender, an ihren Fragen und Herausforderungen. Ganz nach dem Motto der Arbeitsgruppe: Von uns (jungen Pflegenden) für uns (junge Pflegende)!
Ein Blick zurück: Wie hat sich der Kongress entwickelt?
Der Kongress ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen – inhaltlich, organisatorisch und auch hinsichtlich seiner Reichweite. Was einmal mit knapp 300 Teilnehmenden begann, ist heute eine der größten und aktivsten Veranstaltungen für junge Pflegende in Deutschland mit seit einigen Jahren mehr als 2.000 Teilnehmenden.
Haupt- und Ehrenamt müssen gut zusammenarbeiten, um ein solches Projekt zu stemmen. Wie ist die Aufgabenverteilung geregelt?
Für gewöhnlich engagieren sich rund 20 ehrenamtlich aktive Mitglieder der AG Junge Pflege Nordwest im Kongressteam. Dabei entwickelt die AG nicht nur das Programm, sondern übernimmt auch Moderationen, Kongressleitung, Kommunikation und vieles mehr – also mit viel Eigenverantwortung.
Gleichzeitig ist erhebliche Unterstützung aus dem Hauptamt notwendig, vor allem strukturell, inhaltlich und organisatorisch, ohne zu viel zu steuern. Das schafft Freiraum für kreative Ideen, Verbindlichkeit und Selbstwirksamkeit.
Junge Aktive im Ehrenamt benötigen vor allen Dingen ein empowerndes Coaching, um die eigenen Talente und Stärken zu erkennen und wirksam werden zu lassen. Diese Investition lohnt in mehrerlei Hinsicht: Sie ist unmittelbar erlebbar, wenn die Junge Pflege in unserem Verband wieder einen tollen Kongress auf die Beine stellen konnte. Und sie ist nachhaltig, weil Talente über die Phase der Jugendarbeit hinaus gebunden werden können.
Es braucht also Kontinuität und eine wertschätzende Haltung gegenüber jungen Engagierten. Nur wenn junge Menschen spüren, dass ihr Engagement gewollt ist und Wirkung zeigt, bleiben sie langfristig dabei.
Sichtbarkeit, Vernetzung, berufspolitisches Engagement – mit welcher Motivation kommen die Teilnehmenden zum Kongress?
Die Teilnehmenden möchten sich vor Ort informieren, austauschen, netzwerken und sich inspirieren lassen. Der Kongress bietet eine Plattform, auf der junge Pflegende erleben können, dass sie nicht allein sind – dass andere ähnliche Erfahrungen machen, ähnliche Fragen stellen und ähnliche Ziele verfolgen. Gleichzeitig wird deutlich: Pflegende können laut, politisch und selbstbewusst sein. Genau diese Energie bringen die jungen Pflegenden mit. Viele kommen auch als große Gruppe zum Kongress, weil er sich in ihrer Schule oder Ausbildungseinrichtung als fester Termin etabliert hat. Und manche engagieren sich anschließend selbst in der AG Junge Pflege oder im DBfK.
2025 steht der Kongress unter dem Motto „Dinursity – Vielfalt pflegen“. Warum sind Diversität, Inklusion und Vielfalt wichtige Themen für den pflegerischen Nachwuchs?
Weil die Lebensrealität junger Menschen vielfältig ist und professionelle Pflege das in der Praxis abbildet. In Ausbildung, Studium und in ihrer beruflichen Praxis erleben viele Diskriminierung oder strukturelle Ungleichheit – sei es aufgrund von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter, Religion oder körperlichen Einschränkungen. Gleichzeitig sehen junge Pflegende, wie wichtig kultursensible und inklusive Pflege für ihre Patient:innen bzw. Pflegeempfänger:innen ist. Das Motto „Dinursity – Vielfalt pflegen“ bringt auf den Punkt, dass Vielfalt in der Pflege zugleich Realität, Stärke und Chance ist.
„Pflege muss selbstbewusster werden“, sagt ein Mitglied der AG Junge Pflege Nordwest. Was machen Sie im Verband aus dieser Botschaft?
Wir nehmen das als klaren Auftrag: Wir möchten als DBfK Räume schaffen, in denen junge Pflegende selbstbewusst auftreten, mitreden und gestalten und ein professionelles Selbstverständnis entwickeln können – mit mutigen Ideen, klaren Positionen und echtem Gestaltungswillen.
Der DBfK versteht sich als starke, unabhängige Stimme aller beruflich Pflegenden in Deutschland, von der Ausbildung über das Studium bis hin zu hoch spezialisierten Fachrollen. Damit diese Stimme gehört wird, braucht es junge, engagierte Menschen, die wissen: Pflege ist nicht nur Beruf, sondern auch politisch. Und: Pflege braucht eine starke Interessenvertretung. Unser Verband lebt vom Engagement seiner Mitglieder. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass junge Pflegende schon früh erleben: „Wir sind viele, wir sind stark – und wir haben etwas zu sagen.“ Denn: Wenn wir nicht selbst laut werden, wird unsere Stimme nicht gehört. Die Zukunft der Pflege wird nicht für uns gestaltet, sondern von uns.
(KS)
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