Pressemitteilung | Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

10. Bodensee-Forum im Zeichen von Industrie 4.0

(Frankfurt am Main) - Die Digitalisierung der Wirtschaft schreitet unaufhaltsam voran und fordert auch die Unternehmen der Bodensee-Anrainerstaaten Deutschland, Österreich und Schweiz heraus. Für sie kommt es jetzt darauf an, die mit dem Internet der Dinge verbundenen Geschäftschancen zu nutzen und mögliche Risiken wie das nach wie vor ungelöste Problem der IT-Datensicherheit zu minimieren. Das ist das Fazit des 10. Internationalen Bodensee-Forums für Einkauf und Materialwirtschaft*, das in diesem Jahr unter dem Motto "Transformation - Kurs halten in der Digitalisierung" stand.

Die in Dornbirn ausgerichtete Jubiläumsveranstaltung wurde auch 2017 von der BME-Region Bodensee-Oberschwaben, dem Schweizerischen Fachverband für Einkauf und Supply Management (procure.ch) sowie dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik in Österreich (BMÖ) gemeinsam organisiert. Gastgeber ist traditionell das WIFI - Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Vorarlberg in Dornbirn.

"Als länderübergreifende Plattform gewinnt das Bodensee-Forum für den Meinungs- und Erfahrungsaustausch von Jahr zu Jahr an Bedeutung", betonte Dr. Silvius Grobosch, Mitglied im geschäftsführenden Bundesvorstand des BME, in seiner Grußbotschaft an die 150 teilnehmenden Einkäufer, Logistiker und Supply Chain Manager. Wie in anderen von der fortschreitenden digitalen Vernetzung betroffenen Regionen Europas stelle Industrie 4.0 auch für den Wirtschaftsraum Bodensee eine große Herausforderung dar. Das gelte insbesondere für die Beschaffungsprozesse der Unternehmen. Es bestehe ein enormer Informationsbedarf, dem das diesjährige Internationale Bodensee-Forum einmal mehr Rechnung trage.

"Es freut mich sehr, dass sich die Fachveranstaltung seit ihrer Premiere im Jahre 2008 zu einer festen Größe für Einkäufer, Logistiker und Supply Chain Manager entwickelt hat. Das Bodensee-Forum ist mittlerweile zu einem echten Evergreen geworden", so Grobosch weiter. Es gewinne als länderübergreifende Plattform für den Meinungs- und Erfahrungsaustausch von Jahr zu Jahr an Bedeutung. Das Interesse an diesem Veranstaltungsformat sei ungebrochen. Das belegten die konstanten Teilnehmerzahlen.

"Die Zukunft heißt Digitalisierung. Ist die Ausbildung der kommenden Generation auch schon auf Kurs?", fragte Prof. Dr. Jörg Stratmann von der Pädagogischen Hochschule Weingarten in seiner Keynote. Er verwies auf gesteigerte Anforderungen im privaten und beruflichen Kontext in Bezug auf den Umgang mit eigenen und fremden digitalen Informationen. Dies mache, insbesondere für Auszubildende kompetentes Handeln in zunehmend komplexer werdenden Situationen erforderlich. Sie müssten sich die Frage stellen, "Wer sammelt, wo, welche Daten über mich und wie werden diese, mit welchen Konsequenzen zu neuen Informationen zusammengeführt?". Aus aktuellen Studien geht hervor, dass Schülerinnen und Schüler aus Deutschland und der Schweiz häufig nicht über ausreichende Kompetenzen in Bezug auf digitale Medien verfügen. Zudem haben laut Stratmann auch "viele LehrerInnen in Deutschland Vorbehalte gegenüber digitalen Medien". Daher komme es jetzt darauf an, die Medienkompetenz von Auszubildenden und Ausbildern sowie innovative IT-Projekte an (Hoch-)Schulen zu fördern. Hier könnte sich die Wirtschaft einbringen, die gleichzeitig auch an ihrer eigenen digitalen Kompetenz arbeiten müsse. Zu den möglichen Projekten, an denen sich deutsche Unternehmen im Rahmen von Ausschreibungen beteiligen könnten, zählen laut Stratmann unter anderem das Entwickeln von Algorithmen mit Schülern, die Schulentwicklung in Bezug auf digitale Medien durch die systematische Nutzung der eigenen Hardware der Schüler, der sichere Umgang mit sozialen Medien sowie die wissenschaftliche Begleitung und der Aufbau einer Best-Practice-Datenbank.

"Die digitale Transformation der Wertschöpfungslandschaft bei Swarovski" stellte Stefan Murauer, Vice President IT - Application Services der D. Swarovski KG, Wattens, in Dornbirn vor. Das österreichische Unternehmen arbeite zurzeit an der Fabrik der Zukunft. Sie werde Industrie 4.0 mit Einkauf 4.0 und Logistik 4.0 vereinen. Swarovski entwickle eine digitale Plattform, die alle Glieder der Wertschöpfungskette verbinden soll. Vor allem der Einkauf werde davon profitieren und seine Beschaffungsprozesse "vom Patchwork hin zu einer integrated solution transformieren". Mit der im Aufbau befindlichen Procurement-Cloud-Lösung ließen sich künftig die Glieder der Wertschöpfungskette noch viel enger miteinander verbinden.

"Digitale Supply Chain - Best Practice" war Thema eines Vortrages von Yvonne Baumgartner, Head of External Workforce Management der Swisscom (Schweiz) AG. Mit der Digitalisierung "stehen wir an der Schwelle zur vierten industriellen Revolution", fügte sie hinzu. Das Internet der Dinge und die damit einhergehende Vernetzung hätten einen enormen Einfluss auf die Weltwirtschaft. Die globalen Megatrends beeinflussen Baumgartner zufolge auch die Schweiz. Sie trieben die Digitalisierung voran und würden gleichzeitig von ihr forciert. So verdopple sich das Datenvolumen in der Alpenrepublik alle 17 Monate. Bis 2020 werde es allein in der Schweiz 66 Millionen internetfähige Geräte geben. 84 Prozent der Bevölkerung nutzten das Internet täglich. Rund die Hälfte der Investitionen in Produkte werde 2017 in digital customer experience investiert. Sie sei heute viel mehr als nur bloße Kundenzufriedenheit. Aktuell gehe es darum, dem Kunden noch näher zu sein und dessen persönliches Umfeld besser zu verstehen.

Die Digitalisierung der Wirtschaft verlange eine Neupositionierung des Supply Chain Managements (SCM). Industrie 4.0 verändere insbesondere Fokus und Aufgaben des Einkaufs. Der nahe Bern ansässige Schweizer Telekommunikationskonzern, der 20.000 Mitarbeiter beschäftige und weltweit beschaffe, reagiere darauf mit der Strategie "SCM 2020". Im Zentrum stünden dabei die Digitalisierung und das Wertschöpfungsnetzwerk. Es gehe um die Verbesserung der Kooperation in Netzwerken, Analytics und Innovation. Baumgartner hatte abschließend noch einen Rat für KMU parat. Sie sollten bei der Einführung digitaler Prozesse nicht nur auf festangestellte IT-Experten bauen, sondern auch externe freiberuflich arbeitende Spezialisten rekrutieren. Sie verfügten über große Marktkenntnis und sorgten häufig für neue Ideen in den Unternehmen.

"Lieferantenreduzierung war gestern. Die Zukunft in der Digitalisierung heißt Vielfalt", sagte Siegfried Hakelberg, Vertriebsleiter der Mercateo AG. Auch die Verantwortlichen der in München ansässigen Online-Beschaffungsplattform für Geschäftskunden stellen sich die Frage, ob Industrie 4.0 künftig weniger oder mehr Lieferanten erfordere. Die Beziehungen zu einer vielfältigen Anbieterlandschaft seien schon heute "für innovatives Unternehmertum eine Lebensader". Durch die digitale Vernetzung der Wirtschaft würden "die Wertschöpfungsketten länger und differenzierter". Die durchschnittliche Lieferantenzahl der Unternehmen wird nach Hakelbergs Meinung nicht sinken, sondern stark steigen. Grund für diese Annahme seien kürzere Produktzyklen sowie die Fluktuation von Anbietern. Die Wertschöpfung von Digitalisierung 4.0 erschöpfe sich nicht nur in Normierung und Automatisierung, sondern unterstütze auch die Vielfalt, Differenzierung und Beziehungsfähigkeit all ihrer Glieder. Genau darum drehe sich die nächste Epoche der Digitalisierung im Einkauf. Digitale Geschäftsbeziehungen schadeten dem, der keine habe. Das gilt laut Hakelberg "in Zukunft immer stärker für Einkäufer und Anbieter".

Wenn Geschäftskunden das enorme Potenzial von Einkauf 4.0 heben wollen, müssen sie sich für ein elektronisches System entscheiden. eProcurement-Systeme seien nur etwas für Großunternehmen. Teure Software-Lizenzen erforderten ein Mindestvolumen. Jedes System müsse vom Anbieter einzeln angebunden und operativ bedient werden. Der Prozess erreiche nur einen Bruchteil der tatsächlichen Lieferanten. B2B-eCommerce-Systeme seien für die Anbieter zu teuer; B2B-Marktplätze ebenfalls nur begrenzt attraktiv für Anbieter und Kunden. Mercateo setze daher auf ein Transaktionsnetzwerk. Damit ließen sich alle unstrategischen Bedarfe über eine einzige Schnittstelle decken. Dies sei "neutral und symmetrisch für Einkäufer und Anbieter. Das Transaktionsnetzwerk sei zudem Multi-Party-fähig. So könnten Hersteller, Händler und Berater gemeinsam innovative Wertschöpfungsmodelle abbilden. Es gebe "Vielfalt statt Zwangsnormierung" und "volle Wertschöpfung aus jeder Geschäftsbeziehung". Hakelberg stellte aber auch klar, dass die besten E-Lösungen im Procurement das direkte Gespräch zwischen Einkäufer und Lieferanten nicht ersetzen könnten.

"Das von unserem im August 2016 leider verstorbenen langjährigen Regionsvorstandsvorsitzenden Paul Hofmann entwickelte Veranstaltungsformat genießt weit über die Grenzen des Wirtschaftsraumes Bodensee einen sehr guten Ruf. Wir werden das erfolgreiche Bodensee-Forum im Sinne von Herrn Hofmann fortsetzen und auch 2018 in unseren Terminkalender aufnehmen", kündigte Volkher Lins, Vorstandsvorsitzender der BME-Region Bodensee-Oberschwaben, in Dornbirn an.

Weitere Infos:
http://www.bme.de/bodensee_oberschwaben

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) Pressestelle Bolongarostr. 82, 65929 Frankfurt am Main Telefon: (069) 30838-100, Fax: (069) 30838-199

(wl)

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