Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

15 Wochen Wartezeit bei Schulpsychologen / Schulpsychologen und Beratungslehrer fordern bessere Arbeitsbedingungen

(München) - Wenn Schüler oder Eltern beim Schulpsychologen oder Beratungslehrer Hilfe suchen, müssen sie viel Geduld haben. Derzeit betragen die Wartezeiten beim Schulpsychologen durchschnittlich sieben, an den Hauptschulen sogar bis zu 15 Wochen. Wer einen Termin beim Beratungslehrer braucht, muss mit dreieinhalb Wochen Wartezeit rechnen.

Diese Tatsachen sind Ergebnis einer Befragung, die der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) unter 634 Schulpsychologen und Beratungslehrern in diesem Jahr an bayerischen Schulen durchgeführt hat. „Es ist für den BLLV völlig inakzeptabel, dass Schüler und Eltern wochenlang warten müssen, um die Hilfe zu erhalten, die sie dringend brauchen“, erklärte BLLV-Präsident Albin Dannhäuser. In den meisten Fällen müsste deutlich schneller gehandelt werden. „Pädagogische oder persönliche Krisen können nicht warten.“ Wie die BLLV-Studie zeigt, stehen Schulpsychologen und Beratungslehrer unter Dauerstress. „Ihr in vielen Fällen zusätzlich erbrachter dienstlicher Einsatz muss endlich als reguläre Arbeitszeit anerkannt werden“, forderte Dannhäuser. Ebenso müssten die Anrechnungsstunden für schulpsychologische Arbeit erhöht werden. „Schulpsychologen und Beratungslehrer brauchen mehr Zeit, damit sie den Hilfesuchenden angemessen helfen können.“

In einem Schuljahr berät ein Schulpsychologe im Schnitt 100 Schüler/innen, an den Hauptschulen sind es 160. Ein Beratungslehrer ist durchschnittlich mit 75 Fällen pro Schuljahr konfrontiert, an Real- und Berufsschulen sind es über 100, an Gymnasien 80. „Der Bedarf ist groß - das Angebot dagegen verschwindend gering“, beklagte Dannhäuser. Derzeit muss ein Schulpsychologe rund 4700 Schüler/innen betreuen. An Grund- und Hauptschulen müssen sich Schulpsychologen oftmals um Schüler aus bis zu 15 verschiedenen Schulen kümmern. Die Folge ist, dass zu viele Eltern, Schüler und Lehrer mit ihren Problemen zu lange allein gelassen werden. „Angesichts wachsender persönlicher und familiärer Probleme ist dies ein unhaltbarer Zustand“, kritisierte der BLLV-Präsident. „Die Betroffenen brauchen zeitnahe und intensive Hilfe. Deshalb muss die Staatsregierung handeln und den Schulen mehr Zeit für Fachpersonal zur Verfügung stellen.“

Auch die Arbeitsbedingungen von Schulpsychologen und Beratungslehrern müssten deutlich verbessert werden. „Die Vielzahl unterschiedlichster Problemkinder erfordert enorme psychische Kraft“, betonte der BLLV-Präsident. 82 Prozent aller befragten Beratungslehrer fühlen sich durch ihre Beratungs- und Lehrtätigkeit „stark“ oder „sehr stark“ belastet. Bei den Schulpsychologen sind es 75 Prozent. Als Ursache nennen sie neben der „steigenden Zahl der Ratsuchenden“ vor allem den „Zeitdruck“. 83 Prozent der Befragten halten deshalb eine Ausweitung der Anrechnungsstunden für ihre Beratungstätigkeit für „absolut notwendig“ bzw. für „dringend erforderlich“. Schulpsychologen und Beratungslehrer sind Lehrer, die lediglich mit einem Teil ihres Stundendeputates in der Beratung tätig sind. Derzeit müssen Schulpsychologen in der Regel mit sechs Anrechnungsstunden auskommen, Beratungslehrer durchschnittlich mit zwei, wenn nicht noch zusätzliche Koordinierungsaufgaben anfallen.

Auch Lehrer an Realschulen und Gymnasien stufen „Beratungen bei Leistungsproblemen“ als belastend ein (70 Prozent). „Beratungen bei Verhaltensproblemen“ sind für Beratungslehrer wie Schulpsychologen vor allem an Grund-, Haupt- und Förderschulen problematisch. Diagnose und Beratung reichen nicht aus. Es müsste eine gezielte Intervention und Förderung folgen. 54 Prozent der Schulpsychologen und 38 Prozent der Beratungslehrer belastet es sehr, dass sie den Ratsuchenden keine geeignete Unterstützung anbieten können, weil die Personaldecke zu knapp ist. Diese „Ohnmacht“ wird an Grund- und Hauptschulen besonders oft wahrgenommen.

Die BLLV-Befragung zeigt, dass die Aufgabenfülle von Schulpsychologen und Beratungslehrern zunimmt. Sie beraten nicht nur in Einzelfällen, sondern kooperieren immer häufiger mit außerschulischen Einrichtungen. Sie führen Fortbildungen durch, arbeiten mit Schülergruppen oder betreuen einzelne Schulen im Zuge der Schulentwicklung. „Dies alles sind für die Schule äußerst gewinnbringende Arbeiten, aber sehr zeitintensiv. Sie werden häufig zusätzlich in der Freizeit der Berater erbracht“, erklärte der BLLV-Präsident. Die Unterstützung der eigenen Tätigkeit durch Supervision und Fallbesprechungen mit Kollegen ist vor allem den Schulpsychologen dringendes Anliegen und in anderen vergleichbaren Tätigkeiten selbstverständlicher Bestandteil der Arbeitszeit. Beratungslehrer und Schulpsychologen wünschen sich neben der Erhöhung der Anrechnungsstunden „die Rücknahme des Arbeitszeitkontos“ und die „Ausweitung der Altersteilzeit“.

Materielle oder organisatorische Rahmenbedingungen stehen dagegen nicht im Mittelpunkt. Die Beratungsdienste haben sich inzwischen an den Schulen etabliert und nehmen wichtige, von der Schule vor Ort geschätzte pädagogische Funktionen wahr. Sie werden von allen Betroffenen positiv gewürdigt. Dannhäuser: „Aus dem Schulsystem sind sie nicht mehr wegzudenken.“

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Bavariaring 37, 80336 München Telefon: 089/7210010, Telefax: 089/7250324

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