Pressemitteilung | (bvse) Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V.

2. Europäischer Recyclingtag des bvse / Chancen des Mittelstandes wahren

(Timmendorfer Strand) - Die geplante Ausweitung der Andienungspflichten auf Hausmüll verhindern, einer weiteren Konzentration in der Entsorgungswirtschaft entgegenwirken und die Chancen der mittelständischen Wirtschaft im europäischen Binnenmarkt wahren - dies bezeichnete der Präsident des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse), Hans Jürgen Cierzon, als die wichtigsten Herausforderungen für die mittelständische Entsorgungswirtschaft im neuen Jahrtausend.

Beim 2. Europäischen Recyclingtag des Verbandes in Timmendorfer Strand machte er deutlich, dass der bvse sich mit seinen mehr als 600 Mitgliedsunternehmen, die rund 50.000 Mitarbeiter beschäftigen und jährlich mehr als 20 Milliarden Mark umsetzen, auch weiterhin für faire Marktchancen für den Mittelstand national und europaweit einsetzen werde.

"Eine Ausweitung der Überlassungspflicht auf hausmüllartige Gewerbeabfälle ist für die mittelständische Recyclingwirtschaft nicht hinnehmbar", betonte er dabei mit Blick auf die von der Umweltministerkonferenz geplanten Gesetzesänderungen beim Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz. Danach solle unter Hinweis auf eine Entsorgungs- und Planungssicherheit der Kommunen sichergestellt werden, dass Hausmüll und hausmüllähnlicher Gewerbeabfall überlassungspflichtig werden soll; unabhängig von der Verwertbarkeit solle über alle Restabfälle eine Andienungspflicht "gestülpt werden".

"Angesichts der Tatsache, dass schon heute die Abfallentsorgung überwiegend durch private Unternehmen gewährleistet wird und sogar einige Gerichte von einer ausdrücklichen Korrektur ihrer bisher beseitigungsfreundlichen Rechtsprechung reden, erscheint die Argumentation der Umweltministerkonferenz sehr dünn", sagte Cierzon. Eine baldige praxisorientierte Präzisierung der Abgrenzungskriterien zwischen Abfall zur Beseitigung und Abfall zur Verwertung sei deshalb "sehr wichtig".

Cierzon sprach sich entschieden gegen eine völlige Liberalisierung der Abfallentsorgung auch im Hausmüllbereich aus. Dadurch würde der gesellschaftspolitische Konsens aufgegeben. Es müsse eine Lösung gefunden werden, die allen Wirtschaftsbeteiligten "Luft zum Atmen" lasse, forderte er.

"Durch die hohen technologischen Anforderungen an die Abfallentsorgung sind die Investitionsanforderungen und somit die Konzentrationstendenzen in der Entsorgungswirtschaft verstärkt worden", erläuterte der bvse-Präsident weiter. Vor diesem Hintergrund würden die Großkonzerne der Versorgungs- und Energiewirtschaft versuchen, sich zunehmend im Entsorgungsmarkt "beherrschend zu etablieren".

So hätte zum Beispiel die Fusionsabsicht der beiden großen Versorgungsunternehmen RWE und VEW das Bundeskartellamt veranlasst, sich insbesondere mit den Auswirkungen auf den Entsorgungsmarkt zu befassen. Es bleibe zu hoffen, dass das Kartellamt auch weiterhin den eingeschlagenen Weg beschreite und in seiner Entscheidungspraxis die Ziele anderer Politikbereiche einbeziehe. Der bvse werde jedenfalls auch weiterhin von der Politik fordern, mehr für den Mittelstand zu tun statt den Großkonzernen Vorfahrt zu gewähren.

"Welche Chancen gibt es noch für die mittelständische Entsorgungswirtschaft im Spannungsfeld zwischen nationaler Kommunalwirtschaft und europäischer Harmonisierung"", fragte Cierzon weiter. Der Binnenmarkt seit "auf dem Papier" längst vollendet und die nächste Phase der Erweiterung werde angestrebt. Gleichzeitig werde nachgedacht über das Subsidiaritätsprinzip und wie verhindert werden könnte, dass Europa "zu einer Veranstaltung der Großkonzerne" werde.

"Mit der Harmonisierung der Rahmenbedingungen der Recyclingbranche in der Europäischen Union muss Ernst gemacht werden", forderte der bvse-Präsident eindringlich. Es dürfe nicht dazu kommen, dass der Europäische Gerichtshof Deutschland im Bereich der Altölentsorgung aus "sturem Beharrungsvermögen" wegen fehlender Umsetzung einer EU-Richtlinie verurteile und die EU-Kommission gleichzeitig feststelle, dass es in allen anderen EU-Mitgliedstaaten wirtschaftliche, technologische und organisatorische Gründe gebe, die gegen die Umsetzung genau dieser Richtlinie sprächen.

Cierzon wies darauf hin, dass sich in der Europäischen Gemeinschaft immer mehr Bereiche, die ursprünglich aus der Verpflichtung der öffentlichen Hand zur Daseinsvorsorge entstanden seien, aus der öffentlich-rechtlichen Verwaltungswirtschaft entfernen würden. Als Beispiele nannte er Post, Bahn, Sparkassen, Autobahn, Energieversorgung und Abwasser.

"Diese Tätigkeitsfelder wurden ursprünglich von der öffentlichen Hand als Bereich der Daseinsvorsorge entwickelt, weil sie nicht unter wirtschaftlichen Bedingungen betrieben werden konnten und weil sie zu den Grundbedürfnissen der Bürger zählen", betonte er. Zur Daseinsvorsorge gehöre eben auch, dass Leistungen zur Verfügung gestellt würden - selbst wenn sie nicht wirtschaftlich betrieben werden können.

"Nach unserer Auffassung gehört zum Begriff der Daseinsvorsorge nicht zwangsläufig, dass sie ausschließlich in staatlicher Eigenregie betrieben werden muss", sagte er. Es könnten zum Beispiel zukünftig auch über die Drittbeauftragung im öffentlichen Vergabewettbewerb marktwirtschaftliche Elemente eingeführt werden.

Die veränderten Rahmenbedingungen, die der Gesetzgeber durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz vorgegeben hat, würden langfristig den Entsorgungsmarkt verändern, sagte der bvse-Präsident voraus. Neue Wettbewerber mit großen Eigenmitteln und einem breiten Angebot würden auf diesen Markt drängen; neue Anforderungen würden an die Erfassung, Behandlung, Verwertung und die Beseitigung von Abfällen gestellt.

Auch die Bedürfnisse des Kunden hätten sich gewandelt und die steigenden Entsorgungskosten würden die Aufmerksamkeit des Kunden erhöhen, der eine marktgerechte Entsorgung bei Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen vorziehe. Eine Gesamtentsorgungsdienstleistung, die von einem Ansprechpartner angeboten werde und die anschließend von einem Unternehmen oder einer Kooperation von Firmen durchgeführt werde, erhalte in der Regel den Zuschlag.

Hier könnten die traditionellen Stärken des Mittelstandes, wie Flexibilität und Schnelligkeit in der Umsetzung neuer Ideen aufgrund flacher Entscheidungsstrukturen, Qualitätsbewusstsein und Innovationsfähigkeit umgesetzt werden. "Es bieten sich auch für den Mittelstand Chancen, wenn dessen Stärken optimal ausgeschöpft werden und der stofflichen Aufbereitung durch politische Vorgaben ein Vorrang eingeräumt wird", betonte Cierzon abschließend.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (BVSE) Hohe Str. 73, 53119 Bonn Telefon: 0228/988490 Telefax: 0228/9884999

NEWS TEILEN: