Abschied vom gegliederten Schulwesen heißt Abschied von Privilegien / Gleiche Chancen für alle / Auf dem Weg zu einem integrativen Schulsystem
(Frankfurt am Main) Wer das gegliederte deutsche Schulsystem weiter verteidigt, muss auch erklären, dass es ihm um die Verteidigung gesellschaftlicher Privilegien geht. Hohe Bildungsabschlüsse werden immer noch vererbt. Ein Kind aus einer Facharbeiterfamilie hat bei gleicher Intelligenz und Leistung eine 3,5 mal so geringe Chance, Abitur zu machen wie ein Akademikerkind, sagte Marianne Demmer, Schulexpertin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), zur neu entflammten Kontroverse um die Schulstrukturen in Deutschland.
Die Schulexpertin nannte aktuelle Diffamierungskampagnen schäbig. Sie machte noch einmal deutlich, dass sich die GEW für die Weiterentwicklung der bestehenden Schulen zu einem integrativen Schulsystem einsetzt. Dabei geht es weder um die Zerschlagung bestehender Schulen, noch um Einheitsschulen , erläuterte Demmer. Alle Schulen sollten einen einheitlichen Bildungsauftrag erhalten, sich an denselben Standards orientieren und dieselben Abschlüsse vergeben. Welche Organisationsform sich in den Kommunen schließlich ergebe, sei von vielen Faktoren abhängig und nicht von vornherein festzulegen.
Die modernen Schulsysteme in Finnland oder Schweden, an denen sich die GEW orientiert, seien das Gegenteil von Einheitsschulen. In diesen Schulen werde mit der Verschiedenheit von Kindern und Jugendlichen konstruktiv umgegangen. Die Schüler würden individuell gefördert und zu großer Selbstständigkeit im Lernen angeleitet. So könnten alle Kinder ihre Bildungspotenziale entfalten. Davon profitieren nicht nur die Schwächeren, sondern auch die Leistungsstärkeren, betonte Demmer. Für die soziale Kompetenz sei das gemeinsame Lernen unabdingbar. Für die gesellschaftliche Entwicklung ist wichtig, dass die zukünftigen Ingenieure oder Lehrer in ihrer Schulzeit mit den zukünftigen Facharbeitern oder Reinigungskräften gemeinsam die Schulbank gedrückt haben. An einer sozial dummen Elite kann niemand Interesse haben.
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