Pressemitteilung | AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V.

AGA-Wirtschaftstest / Nur leichte Bremsspuren durch Finanzmarktkrise im Mittelstand

(Hamburg) - "Die Unternehmen planen vorsichtiger, es herrscht aber keine Krisenstimmung. Die internationale Finanzmarktkrise führt bisher nur zu leichten Bremsspuren im norddeutschen Groß- und Außenhandel." Das erklärte Dr. Hans Fabian Kruse, Präsident des AGA Unternehmensverbandes, auf der Basis der jüngsten Konjunkturumfrage seiner Organisation am 06. November 2008 in Hamburg. Dem AGA gehören über 3.000 Unternehmen aus den Bereichen Großhandel, Außenhandel und Dienstleistung mit über 150.000 Beschäftigten in den fünf Küstenländern an. "Unsere Händler beobachten zwar aufmerksam die Entwicklung an den Finanzmärkten und ihren jeweiligen Produkt- und geographischen Zielmärkten. Sie erhalten nach wie vor die notwendigen Kredite zur Finanzierung ihrer Geschäfte. Auch werden bestehende Aufträge bislang nur in Einzelfällen storniert", erläuterte der AGA-Präsident.

Die realen Umsätze des norddeutschen Groß- und Außenhandels lagen im dritten Quartal 2008 um 0,6 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die Gewinnsituation hat sich leicht verschlechtert. 25 Prozent der befragten Unternehmen bewerten ihre Gewinnsituation als gut, 19 Prozent berichten über eine Verschlechterung. Während im Sommer das Gros der Händler noch recht optimistisch in die Zukunft blickte, wurden die Umsatz- und Gewinnerwartungen bis zum Frühjahr 2009 jetzt deutlich nach unten korrigiert. Der AGA-Indikator, der die Einschätzung der gegenwärtigen und der erwarteten Ertragslage zusammenfasst, ist um 17 Punkte gefallen und weist jetzt einen Stand von 107 Punkten auf. Werte über 100 sind Ausdruck einer relativ guten, Werte unter 100 einer relativ schlechten Geschäftslage.

Wachstumsmotor des Binnengroßhandels ist der Handel mit Investitionsgütern und Industriebedarf, der bislang von der hohen Auslastung der produzierenden Wirtschaft profitierte. Steigende Lagerbestände und sinkende Lieferfristen im Einkauf sind erste Anzeichen für eine Abschwächung der Investitionskonjunktur. Nur noch jedes dritte Unternehmen des Produktionsverbindungshandels geht von steigenden Umsätzen in den kommenden sechs Monaten aus, in den vorangegangenen Quartalen waren es regelmäßig zwischen 50 und 60 Prozent.

Gute Geschäfte verzeichnen nach wie vor die baunahen Handelsbereiche, die insbesondere von Sanierungsmaßnahmen zur Energieeinsparung profitieren. Die konsumnahen Handelsbereiche spüren weiterhin die Kaufzurückhaltung der privaten Haushalte. Die gestiegenen Preise für Energie und Lebensmittel haben die Budgets der Verbraucher im abgelaufenen Quartal stark belastet. "Zwar sinken jetzt die Preise auf breiter Front. Die durch die Finanzmarktkrise verursachte Verunsicherung der Verbraucher führt jedoch dazu, dass Neuanschaffungen von langlebigen Gebrauchsgütern wie Autos, Möbel oder Haushaltsgeräte weiterhin zurückgestellt werden", so Kruse. "Statt teurer Konjunkturprogramme, die letztlich als Strohfeuer verpuffen, sollten jetzt die Steuern gesenkt werden. Die sofortige Abschaffung des Solidaritätszuschlages würde die Steuerzahler um 12,5 Milliarden Euro entlasten - der Aufbau Ost gehört in den allgemeinen Haushalt", sagte der AGA-Präsident. Auch sollte die Erbschaftssteuer für das Betriebsvermögen beim Betriebsübergang auf den

Nachfolger gestrichen werden. "Das sichert den Bestand von Familienunternehmen, die vor dem Generationswechsel stehen," betonte Kruse. Die Politik müsse für Verbraucher und Unternehmer ein klares und langfristiges Signal setzen: "Berechenbarkeit und Vertrauen."

Beim Exporthandel sind die Folgen der internationalen Finanzmarktkrise bislang kaum zu spüren. Die leicht abgeschwächte Geschäftsentwicklung im abgelaufenen Quartal ist vor allem auf den Höhenflug des Euro zurückzuführen, der sich mittlerweile in einen Sinkflug verwandelt hat. "Die jüngste Aufwertung des Dollars gegenüber dem Euro bietet neue Marktchancen für den Exporthandel. Wir Außenhändler sind es gewohnt, schnell auf veränderte Preise zu reagieren", sagte Kruse. Entscheidend für den norddeutschen Exporthandel sei der weltweite Bedarf an Investitionsgütern, Ersatzteilen sowie an diversen Vorprodukten, die für die Produktion im Ausland benötigt werden. "Wenn sich die Weltkonjunktur deutlich weiter abschwächen würde, werden wir das aber auch zu spüren bekommen", sagte der AGA-Präsident. Die Geschäftsaussichten für den norddeutschen Exporthandel für die kommenden sechs Monate wurden leicht nach unten korrigiert. Dennoch geht jeder dritte Exporthändler von steigenden Umsätzen bis zum Frühjahr 2009 aus. Der Exportindikator ist lediglich um 7 Punkte gesunken und weist jetzt einen Stand von 118 Punkten auf.

Angesichts wechselkursbedingter Preissteigerungen im Einkauf und schwacher Binnennachfrage hat sich das Geschäftsklima beim Importhandel deutlich verschlechtert. Die Geschäftserwartungen bis zum Frühjahr 2009 lassen viel Pessimismus erkennen. Der Teilindikator für den Importhandel ist um 26 Punkte gefallen und weist nur noch einen Wert von 98 Punkten auf.

In den ersten neun Monaten des Jahres wurden im norddeutschen Groß- und Außenhandel per Saldo rund 860 neue Stellen geschaffen. Das entspricht einem Beschäftigungsplus von 0,7 Prozent. "Damit hat sich schon vor Beginn der Finanzkrise das Beschäftigungswachstum leicht abgeschwächt", sagte Volker Tschirch, Vorstandssprecher des AGA. Zu Jahresbeginn hätten die Personalpläne der Unternehmen vorgesehen, die Belegschaften per Saldo um 1,3 Prozent aufzustocken, das wären 1.400 zusätzliche Arbeitsplätze gewesen. Trotz der Finanzkrise wollen 54 Prozent der befragten Unternehmen Ihre Personalpläne umsetzen und auch weitere Mitarbeiter einstellen. 26 Prozent wollen geplante Neueinstellungen verschieben, 17 Prozent planen Personal abzubauen. Das ergab die aktuelle Blitzumfrage des AGA, die letzten Montag durchgeführt wurde.

Strukturdaten für den norddeutschen Groß- und Außenhandel

Im norddeutschen Groß- und Außenhandel, der die Länder Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und das nördliche Niedersachsen umfasst, gibt es über 10.000 Unternehmen, die mit ihren 116.000 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 182 Mrd. Euro erwirtschaften. Damit haben 12 Prozent der Mitarbeiter im bundesdeutschen Groß- und Außenhandel ihren Arbeitsplatz in Norddeutschland. Der Anteil Norddeutschlands am Gesamtumsatz beträgt 21 Prozent.

Beschäftigtenzahlen in den Regionen:

Hamburg: 47.500

Schleswig-Holstein: 40.300

Bremen: 11.300

Mecklenburg-Vorpommern: 12.300

Nord-Niedersachsen: 4.500

Beschäftigungsentwicklung 2008 (nach Regionen)

In den ersten zehn Monaten des Jahres haben die Groß- und Außenhändler in Bremen ihre Belegschaften per Saldo um 1,4 Prozent aufgestockt, das entspricht rund 160 neuen Arbeitsplätzen. In Hamburg beträgt das Beschäftigungsplus 0,8 Prozent, das sind ca. 360 neue Arbeitsplätze. In Schleswig-Holstein gab es einen Beschäftigungszuwachs von 0,5 Prozent, das entspricht 200 neuen Arbeitsplätzen. In Mecklenburg-Vorpommern wurden die Belegschaften per Saldo um 0,8 Prozent erhöht, das entspricht rund 100 neuen Arbeitsplätzen. Der Beschäftigungszuwachs im nördlichen Niedersachsen beträgt 0,8 Prozent, das sind rechnerisch 40 neue Arbeitsplätze.

Quelle und Kontaktadresse:
AGA Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V. Dr. Holger Eisold, Leiter, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Kurze Mühren 2, 20095 Hamburg Telefon: (040) 308010, Telefax: (040) 30801107

(dh)

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