Alarmierende Zunahme von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen / Wichtigstes Problem der Ernährungspolitik / Jedes fünfte Kind ist betroffen
(Berlin) - Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Stiftung Warentest haben Politik und Ernährungswirtschaft aufgerufen, sich der alarmierenden Zunahme von Übergewicht und Fettsucht bei Kindern und Jugendlichen zu stellen. Bereits jedes fünfte Kind in Deutschland ist betroffen, noch einmal so viele Kinder gelten als gefährdet, so die beiden Verbraucherorganisationen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz zu Beginn der Internationalen Grünen Woche in Berlin. Kinder sind die schwächsten Verbraucher Eltern, die Wirtschaft, aber auch die Politik sind aufgerufen, Kinder besser vor den Folgen der Fehlernährung zu schützen, sagte vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. Als Gegenmaßnahmen forderte der vzbv unter anderem ein Verbot von Werbung bei Kinderprogrammen im Fernsehen und eine klare Kennzeichnung des Nährwertgehalts von Lebensmitteln.
Eine wesentliche Rolle beim Problem der wachsenden Zahl fehlernährter Kinder spielen nach den Untersuchungen der Stiftung Warentest Lebensmittel, die speziell oder überwiegend für Kinder hergestellt werden (Kindermolkereiprodukte, Müsliriegel als Zwischenmahlzeit, Tiefkühlpizzas und Tiefkühl-Pommes Frites, Hähnchennuggets usw.). Diese werden vorwiegend für Kinder beworben und sind in ihrer Zusammensetzung unausgewogen - zu viel Fett, zu wenig Ballaststoffe, zu viel Zucker, zu viele Kalorien, zu wenig Vitamine. Damit tragen sie zur Fehlernährung bei. Lebensmittel, die für Kinder produziert werden oder bevorzugt von Kindern gegessen werden, sind meist unausgewogen zusammengesetzt und tragen zur Fehlernährung bei. Das zeigen unsere Untersuchungen in den vergangenen Jahren", so Dr. Werner Brinkmann, Vorstand der Stiftung Warentest.
Der vzbv und die Stiftung Warentest bezeichneten den hohen Anteil übergewichtiger Kinder als wichtigstes und dringendstes Problem der Ernährungspolitik. Die betroffenen Kinder leiden oft ein Leben lang an den psychischen und physischen Folgen der Fehlernährung. Als Folge davon muss das Gesundheitswesen Kosten in Milliardenhöhe tragen, sagte vzbv-Vorstand Edda Müller. Diese Kosten werden sich in absehbarer Zeit noch erheblich steigern, denn immer mehr übergewichtige Kinder heute bedeuten immer mehr übergewichtige und kranke Erwachsene morgen. Zur Lösung des Problems forderte der vzbv eine gezielte Arbeit in Kindergärten und Grundschulen und ein Verbot von Werbung im Fernsehen, die sich an Kinder unter 12 Jahren richtet.
Die Folgen der Fehlernährung sind erschreckend: Haltungsschäden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, selbst die sogenannte Altersdiabetes sind bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen auf dem Vormarsch. Durch die Folgeerkrankungen kommt auf das Gesundheitswesen eine Kostenlawine zu, so der vzbv.
Müller rief die Ernährungswirtschaft auf, sich ihrer Mitverantwortung für die Problematik zu stellen. Wenn auf der einen Seite der Anteil übergewichtiger Kinder ständig steigt, auf der anderen Seite der Umsatz bei Fast Food, Süßwaren und stark gezuckerten Erfrischungsgetränken ebenfalls ständig zunimmt, ist der Zusammenhang offenkundig, sagte Edda Müller. Sie rief die Werbewirtschaft und die Lebensmittelindustrie zu einem offenen und selbstkritischen Dialog darüber auf, wo das subtile Arbeiten mit kindlichen Wünschen, Ängsten und Bedürfnissen in der Werbung an Grenzen des Verantwortbaren stößt.
Das Grundwissen von Kindern über Lebensmittel und Ernährung geht ständig zurück, berichtete Ulrike von der Lühe, stellvertretende Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz von der Erfahrung der Verbraucherzentralen in der Ernährungsberatung. Die meisten Kinder kennen Fisch nur noch als Fischstäbchen, so von der Lühe. Die Ernährungsberatung bildet seit Jahren einen Schwerpunkt der Arbeit aller 16 Verbraucherzentralen. Unser Problem ist allerdings, dass Ernährungsberatung häufig nur dann von der Politik beachtet wird, wenn es Lebensmittelskandale gibt, so von der Lühe.
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