Pressemitteilung | Hans-Böckler-Stiftung

Analyse in den aktuellen WSI-Mitteilungen / EU-Strategie für Arbeit und Soziales scheitert an Unverbindlichkeit

(Düsseldorf) - Die Europäische Union hat die in der "Lissabon-Strategie" festgelegten sozial- und beschäftigungspolitischen Ziele bisher verfehlt. Auch in den meisten europäischen Staaten sind trotz vergleichsweise umfangreicher sozialer Transferleistungen mehr als 15 Prozent der Bevölkerung von Armut bedroht. Und lediglich Schweden, Dänemark und Großbritannien erfüllen die beschäftigungspolitischen Vorgaben. Ein wichtiger Grund für den mangelnden Erfolg der Strategie liegt in der geringen Verbindlichkeit des Instruments, das die europäischen Staaten zu ihrer Umsetzung vereinbart haben, der so genannten "Offenen Methode der Koordinierung" (OMK). Dieses Fazit zieht Dr. Armin Schäfer, Wissenschaftler am Kölner Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung (MPIfG), in einem Beitrag für die aktuelle Ausgabe der WSI-Mitteilungen.*

Die Schwäche der OMK ist dabei nach Schäfers Analyse symptomatisch. Sie spiegelt die sozialpolitischen Orientierungsdefizite in der EU wider. Während bei der Durchsetzung des europäischen Binnenmarktes rechtlich bindende Regelungen vereinbart würden, "kommen weiche Verfahren wie die OMK dort zum Einsatz, wo es um die Korrektur der Marktergebnisse gehen könnte", schreibt der MPIfG-Experte. "Der wesentliche Grund, weshalb sich die Mitgliedsstaaten auf ein Koordinierungsverfahren geeinigt haben, liegt in der Uneinigkeit über Politikinhalte. Trotz der Prominenz, die der Begriff `europäisches Sozialmodell´ erhalten hat, existiert ein solches einheitliches Modell nicht."

Schäfer zeigt, dass vermeintliche Anfangserfolge der Offenen Koordinierung in den späten 90er Jahren mit der allgemein guten wirtschaftlichen Entwicklung in dieser Zeit erklärt werden müssen. Trotzdem wurde die OMK auf mehr als zehn Politikbereiche ausgeweitet. Die Unverbindlichkeit der Methode, die den Mitgliedsstaaten vor allem umfassende Berichtspflichten auferlegt, habe letztendlich sogar kontraproduktiv gewirkt, betont der Wissenschaftler: "Die Flut von Berichten, Empfehlungen und neu geschaffenen Prozessen, die die ohnehin schon vorhandenen Empfehlungen anderer internationaler Organisationen oder nationaler Sachverständiger zumindest teilweise duplizierten, verringerte die öffentliche Wahrnehmung erheblich."

*Armin Schäfer: Aufstieg und Grenzen der Offenen Methode der Koordinierung, in: WSI-Mitteilungen 10/2006, Schwerpunktheft "Europa zwischen Markt und Sozialstaat". Mehr zum Heft im Netz: www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/119.html

Quelle und Kontaktadresse:
Hans-Böckler-Stiftung Rainer Jung, Leiter, Pressestelle Hans-Böckler-Str. 39, 40476 Düsseldorf Telefon: (0211) 77780, Telefax: (0211) 7778120

(sk)

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