Andere Länder müssen nachziehen / WTO-Verhandlungen: EU hat umfangreichen Beitrag längst geleistet
(München) - In dieser Woche haben die USA erstmalig ansatzweise Bereitschaft gezeigt, sich bei den WTO-Verhandlungen zu bewegen. Dies ist längst überfällig, stellt der Generalsekretär des Bayerischen Bauernverbandes, Hans Müller, fest. Denn während die USA 2002 mit ihrem aktuellen Agrarprogramm (Farm Bill) eine 180-Grad-Wende vollzogen und den Agraretat um über 70 Prozent erhöht hätten, habe die EU in den letzten Jahren massive Vorleistungen für die aktuelle Verhandlungsrunde bei WTO erbracht.
Mit den 49 ärmsten Entwicklungsländern hat die EU in 2001 das so genannte Alles-Außer-Waffen-Abkommen geschlossen. Damit erhalten diese Länder zollfreien Zugang zu dem für die Entwicklungsländer wichtigen europäischen Markt. Überhaupt ist die EU bereits seit vielen Jahren alles andere als ein abgeschotteter Markt, sagt Müller. Die EU sei weltweit Spitzenreiter im Agrarimport aus Entwicklungsländern: 73 Prozent der landwirtschaftlichen Exporte aus den ärmsten Entwicklungsländern gehen in die EU, in die USA hingegen gehen nur 10 Prozent.
Auch bei der Exportförderung habe die EU enorme Anstrengungen unternommen. Innerhalb der letzten zehn Jahre wurden rund zwei Drittel der bestehenden EU-Exporterstattungen abgebaut.
Mit der im Jahr 2003 beschlossenen und in den meisten EU-Staaten 2005 umgesetzten EU-Agrarreform wurde die europäische Agrarpolitik einem Systemwechsel hin zu entkoppelten und damit nicht handelsverzerrenden Ausgleichszahlungen unterzogen, der nach Ansicht des Bauernverbandes für die Bauernfamilien weitreichende Veränderungen und schmerzhafte Einschnitte bedeutet.
Die EU habe damit mehr zu einem erfolgreichen Abschluss der WTO-Runde geleistet als notwendig sei. Es seien nun andere Länder, wie die USA gefordert, ebenfalls einen angemessenen Beitrag einzubringen. Dies gelte insbesondere für die bislang bei WTO sträflich vernachlässigten Exportförderungen, die sich in Form von Exportkrediten oder unter dem Deckmantel der Nahrungsmittelhilfe verstecken.
Produktionsstandards verankern
Darüber hinaus müssten im Sinne von fairen Handelsregeln endlich auch Standards in Umwelt-, Tierschutz und Lebensmittelsicherheit ernsthaft Eingang in die WTO-Verhandlungen und in die WTO-Beschlüsse finden. In einer globalisierten Welt darf dieses Thema nicht nur bei nationalen und europäischen Entscheidungen eine Rolle spielen, sondern muss von Bundesregierung und EU-Kommission mit Nachdruck bei WTO eingebracht und verankert werden, macht der BBV-Generalsekretär deutlich.
Den Bauernfamilien sei sehr viel abverlangt worden als Vorbereitung auf die WTO-Runde. Wenn nachhaltige bäuerliche Land- und Forstwirtschaft in Europa eine Zukunft haben solle, dann dürfe der Bogen nicht überspannt werden.
Im übrigen sei entgegen mancher Unkenrufe der Bereich Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Bereichen wie Industriegüter und Dienstleistungen in den bisherigen Verhandlungen am weitesten fortgeschritten. Die letzte Ministerkonferenz 2003 in Cancun ist hauptsächlich wegen der mangelnden Kompromissbereitschaft der Gruppe der 22 Nettoexporteure (G 22) wie Brasilien, Argentinien, China, Philippinen und Indien bei Industriethemen abgebrochen worden, stellt Müller klar. Im Agrarbereich hätte es Bewegung gegeben. Wer hier der Landwirtschaft eine Blockadepolitik vorwerfe, habe keine Ahnung von den Fakten und betreibe gezielte Desinformation.
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