Anwälte fordern Bleiberecht für langjährig "geduldete" Ausländer / Die Innenministerkonferenz am 5./6. Dezember 2002 soll Bleiberechtsregelung schaffen
(Berlin) - Noch immer leben rund 230.000 Menschen behördlich geduldet, also ohne rechtmäßigen Aufenthaltstitel und weitgehend ohne soziale Rechte in der Bundesrepublik Deutschland. Davon sind knapp 51.000 bereits vor 1997 eingereist. Für diese Menschen, jedenfalls für bestimmte Ausländergruppen, ist nach Ansicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) eine Bleiberechtsregelung dringend erforderlich. Die am 5./6. Dezember 2002 in Bremen stattfindende Innenministerkonferenz wird aufgefordert, eine Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete zu schaffen. Durch den jahrelangen Aufenthalt in der Bundesrepublik ist ein hoher Grad an Integration erreicht. Die Kinder gehen zur Schule und verfügen oftmals über wenig Sprachkenntnisse aus dem Heimatland.
Das Erfordernis einer Bleiberechtsregelung lässt sich am Beispiel der Afghanen gut verdeutlichen. Viele von ihnen sind durch die Verfolgung durch die Taliban in das Bundesgebiet eingereist, wurden aber mit dem Argument, dass es sich bei der Verfolgung um eine "nicht-staatliche-Verfolgung" handele, nicht als schutzbedürftige Flüchtlinge anerkannt. Dies war gängige Praxis des Bundesverwaltungsgerichts, der unteren Gerichte und Behörden. Im Sommer 2000 entschied aber das Bundesverfassungsgericht, dass auch "nicht-staatliche-Verfolgung" ein hinreichender Grund für die Gewährung des Asylstatus sein kann. Nach dieser Entscheidung, durch die viele Flüchtlinge Anspruch auf Asyl gehabt hätten, wurde zunächst durch das Bundesinnenministerium ein Entscheidungsstopp verhängt. Dieser hatte zur Folge, dass der an sich berechtigte Asylanspruch nicht umgesetzt werden konnte. Dieser Entscheidungsstopp wurde Ende Mai 2001 aufgehoben. In der Zeit von Juni bis September 2001 wurde ein erheblicher Teil der Verfahren positiv beschieden. Die Ereignisse nach dem 11. September 2001, insbesondere der Krieg in Afghanistan, haben dieser Praxis ein Ende gesetzt. Es wurde ein erneuter Entscheidungsstopp verfügt. Entscheidungen über oft auch berechtigte Asylanträge werden nicht getroffen.
"Dies zeigt beispielhaft, wie Flüchtlingsgruppen durch eine rechtswidrige Praxis von Behörden und Gerichten und einen hierauf folgenden Entscheidungsstopp der Anspruch auf einen gesicherten Aufenthaltstitel verwehrt wurde," so Rechtsanwältin und Notarin Veronika Arendt-Rojahn, Vorsitzende des Ausländer- und Asylrechtsausschusses des DAV, in Berlin. Eine großzügige Bleiberechtsregelung sei notwendig, da viele der betroffenen Familien und Einzelpersonen seit mehr als sechs Jahren in Deutschland lebten, hervorragend ausgebildet und in die deutschen Lebensverhältnisse integriert seien. Kinder hätten einen deutschen Schulabschluss, aber auf Grund der lediglichen Duldung kaum eine Chance, eine Lehrstelle bzw. einen Studienplatz o.ä. zu erhalten.
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