Pressemitteilung | AOK - Bundesverband

"Apps auf Rezept": AOK sieht Mängel bei Datenschutz und Nutzennachweis

(Berlin) - Grundsätzliche Zustimmung zu den neuen "Apps auf Rezept", aber deutliche Kritik an den Regelungen zu Datenschutz und Nutzennachweis - so lässt sich die Stellungnahme des AOK-Bundesverbandes zum Referentenentwurf für die "Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung" (DiGAV) zusammenfassen. "Wir begrüßen die Möglichkeit, dass die gesetzlichen Krankenkassen künftig digitale Gesundheitsanwendungen mit niedrigem Risiko erstatten können", betont der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch. Allerdings sieht die AOK in ihrer Stellungnahme zur morgigen Anhörung im Gesundheitsministerium erheblichen Änderungsbedarf bei einzelnen Regelungen der Verordnung. Das betrifft vor allem den Nutzen der digitalen Anwendungen, die Patientensicherheit und die Sicherheit der in den Anwendungen gespeicherten Gesundheitsdaten, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) überprüft werden soll.

"Die Verordnung legt zwar Anforderungen zum Datenschutz fest, aber es ist nicht vorgesehen, dass das BfArM die Einhaltung dieser Vorgaben auch überprüft", kritisiert Litsch. Das Bundesinstitut solle seine Entscheidungen alleine auf Basis von Eigenangaben der Hersteller treffen. Außerdem seien bei Verstößen gegen die Datenschutz-Anforderungen keine Sanktionen vorgesehen. "Zuletzt haben Gesundheits-Apps immer wieder durch Datenschutzmängel Schlagzeilen gemacht. Deshalb kann es nicht angehen, dass das BfArM bei diesem Thema als zahnloser Tiger agiert", so Litsch. Der AOK-Bundesverband fordert, dass das Institut eine Prüfverantwortung für die Einhaltung der Datenschutz-Regelungen erhält. "Dann könnte es unabhängig überprüfen, dass wirklich keine Daten an Dritte abfließen", so Litsch. Zudem müsse die Verordnung durch Regelungen ergänzt werden, nach denen alle Möglichkeiten der Daten-Minimierung ausgeschöpft werden: "Es besteht ja in der Regel keine Notwendigkeit, dem Anbieter die Identität des Nutzers offenzulegen. Die Übermittlung von Personendaten an die Hersteller und Plattform-Betreiber sollte nach Möglichkeit vermieden werden", fordert Litsch.

Richtig ist aus Sicht des AOK-Bundesverbandes die Klarstellung in der Verordnung, dass die "Apps auf Rezept" frei von Werbung sein müssen. "Allerdings ist es nicht verboten, dass in den Anwendungen In-App-Käufe angeboten werden", kritisiert der Verbandschef. So gibt es auf dem Markt beispielsweise Apps für Patienten mit Diabetes mellitus, in denen Blutzucker-Teststreifen aus dem Mutterkonzern des App-Herstellers verkauft werden. "Die Querfinanzierung einer App durch solche Vertriebswege sollte ausgeschlossen sein, wenn die gesetzlichen Kassen die Kosten für die Nutzung durch die Patienten übernehmen."

Echter medizinischer Nutzen für Patienten entscheidend

Der AOK-Bundesverband begrüßt es, dass die Hersteller von digitalen Gesundheitsanwendungen laut DiGAV-Entwurf verpflichtet werden sollen, die positiven Versorgungseffekte ihrer Anwendung nachzuweisen. "Für die Patienten ist es aber entscheidend, dass medizinische Anwendungen, die von den Kassen erstattet werden, einen echten medizinischen Nutzen bieten. Wenn es nur um ein bisschen mehr Komfort bei möglicherweise schlechterem medizinischem Nutzen geht, sollte das nicht von der Solidargemeinschaft bezahlt werden", stellt Martin Litsch klar. Beim Nutzennachweis sieht die AOK in der Verordnung dringenden Nachbesserungsbedarf: Zum einen könnten auch Studien mit sehr niedriger Qualität mit ungeeigneten Vergleichsgruppen herangezogen werden, um den Nutzen zu belegen. Hier müssten die Anforderungen an die Studien abhängig vom Risiko einer digitalen Gesundheitsanwendung präzisiert werden. Zum anderen können die Hersteller den Nutzen ihre Anwendung laut Verordnung auch durch "patientenrelevante Verfahrens- und Strukturverbesserungen in der Versorgung" begründen. Dazu gehören zum Beispiel eine leichtere Erreichbarkeit des Zugangs zur Versorgung oder die Reduzierung der therapierelevanten Aufwände. Viele dieser "Verfahrens- und Strukturverbesserungen" werden aus Sicht der AOK schon per se von jeder digitalen Anwendung erfüllt. Zudem betrifft dieses Kriterium vor allem Apps, die medizinische Leistungen ersetzen sollen. "Hier wird mit zweierlei Maß gemessen, weil diese Apps nicht nachweisen müssen, dass ihr medizinischer Nutzen mindestens gleich hoch ist wie bei der medizinischen Maßnahme, die sie ersetzen", kritisiert Litsch. Als Beispiel nennt er Frühwarn-Apps bei Hautkrebs. "Eine aktuelle Studie hat gerade erst gezeigt, dass diese Apps der ärztlichen Diagnose unterlegen sind und sogar schweren Schaden verursachen können, weil vier von dreißig Melanomen bei der Anwendung nicht erkannt werden. Dann besteht das Risiko, dass der Nutzer nicht zum Arzt geht und das Melanom Metastasen bildet.".

Quelle und Kontaktadresse:
AOK - Bundesverband Dr. Kai Behrens, Pressesprecher Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin Telefon: (030) 34646-0, Fax: (030) 34646-2502

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