Arbeitszeit: Flexibel durch Teilzeit - Wettbewerbsfähigkeit erhalten
(St. Ingbert) - Flexible Arbeitszeitsysteme in den Unternehmen der Metall- und Elektro-Industrie kommen häufig ohne Teilzeitbeschäftigte nicht aus. Auch ohne gesetzliche Regelungen haben viele Modelle bisher bestens funktioniert. Das neue Gesetzt über Teilzeitarbeit stellt viele Unternehmen jetzt vor große Probleme, wie das Beispiel der Festo AG & Co. zeigt.
Für Klaus Utfeld hat die Zeit längst eine andere Bedeutung bekommen. "Das ist natürlich nicht im naturwissenschaftlichen, sondern rein im organisatorischen Sinne gemeint", so der Personalleiter des Festo Produktionswerkes im saarländischen St. Ingbert/Rohrbach. "Die Arbeitszeit als feste Größe gibt es bei uns nämlich nicht mehr wir arbeiten rein zielorientiert."
Das heißt: Wann, wie, wie lange und in welcher Intensität gearbeitet wird, bestimmen die Kunden mit ihren Aufträgen. Die annähernd 5.000 Mitarbeiter in den deutschen Niederlassungen der Festo AG & Co., einem der weltweit führenden Anbieter von Industrie-Automatisierung, praktizieren eine kundenorientierte Fertigung innerhalb von fünf Tagen. "Wir fertigen allerdings auch nur das, was der Kunde bestellt", so Utfeld, "Lagerhaltung fertiger Produkte gibt es bei uns nicht." Die Angebots-Palette reicht dabei von Einzelkomponenten, beispielsweise Ventile, Zylinder und Zubehör, über vormontierte und anschlussfertige Baugruppen bis hin zu kundenspezifischen Lösungen.
"Als ein Global Player", so Utfeld, "müssen wir in kürzester Zeit leistungsfähige Produkte in höchster Qualität zu günstigen Preisen anbieten. Um das auf Dauer leisten zu können, haben wir bereits Mitte der 80er Jahre damit begonnen, ein hochflexibles Produktions- und Arbeitszeitsystem zu entwickeln."
Die zeitliche Basis bildet die tarifvertragliche 35-Stunden-Woche. Plus- und Minus-Stunden fließen auf ein Arbeitszeitkonto mit einem Ausgleichszeitraum von 12 Monaten. Können in dieser Zeit, aus welchen Gründen auch immer, Mehrarbeitsstunden nicht ausgeglichen werden, so können sich die Mitarbeiter diese Stunden entweder auszahlen lassen, oder die Stunden auf einem Langzeitkonto ansammeln. In einer zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung ausgehandelten Rahmenvereinbarung sind all diese Punkte detailliert geregelt.
Die Fertigung bei Festo ist in Leistungseinheiten (Gruppen) aufgeteilt, die entweder produkt- oder prozessorientiert arbeiten. Innerhalb dieser Einheiten gibt es ein sehr hohes Maß an Selbstorganisation. Das reicht von der Auftragsabwicklung, über individuelle Arbeitszeitwünsche bis hin zur Organisation kompletter zusätzlicher Schichten. Gleichzeitig können die Einheiten aber auch Mitarbeiter untereinander austauschen, wenn die Auftragslage es erfordert.
Diese Regelung basiert auf dem Prinzip, dass es mehr produktorientierte Arbeitsplätze als Mitarbeiter gibt. So können auf der einen Seite innerhalb einer Gruppe die Mitarbeiter mehrere Arbeitsplätze bedienen oder bei einem entsprechend großen Auftrag zusätzliche Mitarbeiter aus anderen Gruppen oder Teilzeitkräfte eingesetzt werden.
"Unser hochflexibles Arbeitszeitsystem mit der intensiv genutzten Gleitzeit", so Utfeld, "funktioniert im Grunde genommen nur über den Einsatz von Teilzeitkräften." Insgesamt 16 Prozent der Belegschaft bei Festo sind daher Teilzeitbeschäftigte.
Dieses System, so befürchtet Personalleiter Klaus Utfeld, könnte durch das neue "Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverhältnisse" aus dem Gleichgewicht geraten. Vor allem Betriebspraktiker wie er befürchten, dass die Unternehmen durch das neue Gesetz in ihrer Freiheit der Personalplanung und Vertragsgestaltung in unzumutbarer Weise eingeschränkt werden. "Der vom Gesetzgeber vorgesehene, nahezu unbeschränkte Anspruch auf Teilzeitarbeit", so Utfeld, "stellt uns vor enorme organisatorische und arbeitsrechtliche Probleme. Wir können den Mitarbeitern doch nicht alles anbieten."
Doch gerade das will das Gesetz. So können Arbeitnehmer nach sechs Monaten, in Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten, nach Belieben ihre vertragliche Arbeitszeit verringern. Dass der Anspruch nur dann nicht bestehen soll, wenn betriebliche Gründe dagegen sprechen, führt nicht nur zu Unklarheiten, sondern auch zu einem zusätzlichen bürokratischen Aufwand, da jede Ablehnung einer detaillierten schriftlichen Begründung bedarf. "Damit, so Utfeld, werden wir in unserer Flexibilität massiv eingeschränkt, was klar zu Lasten unserer Wettbewerbsfähigkeit geht."
Quelle und Kontaktadresse:
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