Armut in Deutschland: Westdeutsche stärker betroffen als Ostdeutsche
(Berlin) - Die Armut hat sich in West- und Ostdeutschland im Zeitraum von 1992 bis 2000 unterschiedlich entwickelt. In seinem aktuellen Wochenbericht 4/2003 zeigt das DIW Berlin, dass in Westdeutschland ein tendenzieller Anstieg der Armutsquote, verbunden mit einer geringen Verschlechterung der Einkommenssituation armer Personen, festzustellen ist. Erheblich niedriger waren in allen Jahren die Armutsquote und die Armutsintensität in Ostdeutschland. Dieses Bild ändert sich, wenn nicht der ostdeutsche, sondern der gesamtdeutsche Mittelwert der Einkommen für die Berechnung der Armutsgrenze herangezogen wird. Danach gleichen sich die Werte für Ost und West gegenseitig an; die Armutsquote bleibt in Ostdeutschland aber in den meisten, die Armutsintensität sogar in allen Fällen - und zwar deutlich - unter dem Wert in Westdeutschland.
Als bemerkenswert bezeichnet das DIW Berlin die Tatsache, dass sowohl das Armutsausmaß als auch die Armutsintensität trotz der zunehmenden Angleichung der ostdeutschen Einkommen an westdeutsche Verhältnisse im Untersuchungszeitraum relativ stabil blieben. Die im Verlauf des Transformationsprozesses zunehmende Spreizung der Markteinkommen in Ostdeutschland hat demnach nicht zu einem spürbaren Anstieg der Armutsbetroffenheit geführt.
Der Anteil der innerhalb des betrachteten Zeitraums (1992 bis 2000) von Armut betroffenen Personen lag deutlich über den jährlichen Armutsquoten ein Indiz für eine relativ kurze Verweildauer in der Armut. Von dauerhafter Armut waren weniger als 2 Prozent der Bevölkerung betroffen. Personen, die in dieser Zeit in Armut gerieten, blieben in Ostdeutschland zu knapp der Hälfte, in Westdeutschland zu mehr als der Hälfte mindestens zwei Jahre arm. Eine längere Armut traf nur einen geringen Teil der Bevölkerung.
Die Wahrscheinlichkeit für ehemals Arme, erneut in eine Armutsphase einzutreten, war in Westdeutschland erheblich höher als in Ostdeutschland. Allerdings nahm die Wahrscheinlichkeit des Wiedereintritts in ganz Deutschland mit jedem weiteren Jahr über der Armutsgrenze ab. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass die Bekämpfung von Armut nicht ausschließlich auf eine Erhöhung der Austrittsraten, sondern auch auf eine Vorbeugung gegen (erneute) Armut zielen sollte.
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