Pressemitteilung | Deutscher Caritasverband e.V.

Ausgrenzung Langzeitarbeitsloser befürchtet / Arbeitslosengeld II: Caritas kritisiert mangelnde Förderung

(Bonn) - Der Deutsche Caritasverband sieht im Gesetzentwurf der Bundesregierung eines „Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen auf dem Arbeitsmarkt“ ein deutliches Ungleichgewicht zwischen Fordern und angemessenem Fördern und erwartet die Zunahme von Armut bedingt durch Arbeitslosigkeit.

Die generelle Zielsetzung des Gesetzes, durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe die Doppelzuständigkeit von Arbeits- und Sozialämtern zu beenden und die „Verschiebebahnhöfe“ zwischen den Fürsorgesystemen zu schließen, wird vom Deutschen Caritasverband ausdrücklich begrüßt.

In einer Stellungnahme kritisiert der Verband, dass diese Zusammenlegung eine Absenkung der bisherigen Leistungen der Arbeitslosenhilfe auf das Niveau der bisherigen Sozialhilfe bedeutet. Dies führt für einen erheblichen Teil der heutigen Bezieher von Arbeitslosenhilfe zu deutlichen Einkommenseinbußen, die sich gravierend auf die Lebenslage langzeitarbeitsloser Menschen und ihrer Familien auswirkt. So wird sich nach Auffassung der Caritas die Zahl der Menschen erhöhen, die an der EU definierten Armutsgrenze von 50 Prozent des Durchschnittseinkommens leben muss. Selbst bei einer guten Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes wird der Anteil der Bevölkerung, der dauerhaft in Armut lebt, deutlich steigen.

Ebenso kritisiert der Wohlfahrtsverband, dass der Gesetzentwurf verschärfte Zumutbarkeits- und Sanktionsregelungen vorsieht, erwerbsfähige Arbeitslose aber keine Ansprüche auf Eingliederungshilfen haben. Der Gesetzentwurf bleibt hier äußerst vage. Angesichts der Tatsache von rund sechs Millionen fehlenden Arbeitsplätzen und einer Langzeitarbeitslosigkeit, die ein Drittel aller Arbeitslosen betrifft, wobei die Hälfte von ihnen seit über zwei Jahren vom Arbeitsmarkt ausgegrenzt ist, sieht die Caritas das Problem primär im Mangel geeigneter Arbeitsplätze. In dieser arbeitsmarktpolitischen Situation sind nach Auffassung der Caritas Einkommensverluste und verstärkte Anforderungen an Eigenleistung und Eigenverantwortung nur dann zu vertreten, wenn gleichzeitig individuelle Förderung und bedarfsdeckende Eingliederungshilfen zur Verfügung stehen.

Der Deutsche Caritasverband schlägt zudem vor, höhere Freilassungsbeträge beim Vermögen älterer Arbeitsloser als auch die Einführung eines allgemeinen Zuschlags von zehn Prozent zur Regelleistung bei allen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu ermöglichen, die sich an Eingliederungsmaßnahmen beteiligen.

Besonders kritisch ist aus Sicht der Caritas die Situation für Jugendliche unter 25 Jahren. Bei Ablehnung einer zumutbaren Arbeit bzw. Eingliederungsmaßnahme sieht der Gesetzentwurf eine Streichung sämtlicher Leistungen für drei Monate vor. Diese Sanktion ist nur dann gerechtfertigt, wenn konkrete Arbeits- und Ausbildungsplätze bzw. Qualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Selbst unter der Voraussetzung, dass das für Juli 2003 angekündigte Sofortprogramm JUMP Plus flächendeckend umgesetzt werden sollte, wird dies nicht für alle Jugendlichen gelingen. Die Verlierer in der aktuellen Situation sind mehrfach benachteiligte Jugendliche.

Angesichts der äußerst angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt hält es der Deutsche Caritasverband für unumgänglich, auch zukünftig öffentlich geförderte Beschäftigung für arbeitslose Menschen mit so genannten Vermittlungshemmnissen (Alter, Behinderung, geringe Qualifikation) anzubieten. Zudem ist öffentlich geförderte Beschäftigung ein zentrales Integrationsinstrument, um die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitslosen zu sichern. Ebenso wichtig ist es, ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Diensten und Einrichtungen zur beruflichen Eingliederung zur Verfügung zu stellen. Dabei sollte der Gesetzgeber die vorhandene Infrastruktur der Kommunen und Wohlfahrtsverbände nutzen.

Die Ankündigung einer individuellen passgenauen Betreuung ist zu begrüßen. Die Umsetzung sollte aber nicht ausschließlich durch die Einstellung von zusätzlichem Personal bei der Bundesagentur für Arbeit erfolgen (11.800 zusätzliche Stellen sind hier geplant). Beim Auf- und Ausbau der Personalressourcen ist es aus Sicht der Caritas aus fachlichen und wirtschaftlichen Gründen geboten, insbesondere die bestehenden Strukturen und Kompetenzen bei Kommunen und bei Freien Trägern zu nutzen. Um sicherzustellen, dass diese Vielfalt erhalten bleibt, muss die geplante Agentur für Arbeit verpflichtet werden, für ein ausreichendes Angebot zu sorgen.

Der Deutsche Caritasverband fordert ebenso, dass die Funktion der Wohlfahrtsverbände nicht nur als Dienstleister der Bundesagentur für Arbeit, sondern auch als Mitgestalter der Arbeit in den Job-Centern herausgestellt wird. Der Deutsche Caritasverband sieht sich in der Pflicht, seine Kompetenz und sein Erfahrung in dieser schwierigen Situation im Interesse arbeitsloser Menschen zur Verfügung zu stellen.

Der Text der Stellungnahme „Grundsicherung für Arbeitssuchende und Sozialhilfereform“ findet sich unter http://www.caritas.de/2340.asp, Kontakt: Elise Bohlen, Arbeitsbereich Jungendsozialarbeit, Tel.: 0761/200-639, E-Mail: Elise.Bohlen@caritas.de (Grundsicherung für Arbeitssuchende); Dr. Frank Brünner, Stabsstelle Recht, Telefon: 0761 / 200-576, E-Mail: Frank.Bruenner@caritas.de (Sozialhilfereform); Dr. Peter Lenninger, Referat Berufliche Bildung, Tel.: 0761/200-588, E-Mail: Peter.Lenninger@caritas.de (Grundsicherung für Arbeitssuchende).

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Caritasverband e.V. Karlstr. 40, 79104 Freiburg Telefon: 0761/2000, Telefax: 0761/200541

NEWS TEILEN: