Auskunftsrechte der Bürger / Verwaltungsakten bleiben weiter geschlossen / Anlagebetrüger, Mogelpackungen: Behörden müssen schweigen
(Berlin) - Der Verbraucherzentrale Bundesverband sieht deutliche Defizite beim Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz. Er rief den Bundestag dazu auf, die Auskunftsansprüche der Bürger gegenüber dem Staat zu stärken und nicht durch zahlreiche Ausnahmeregelungen zu verwässern. "Wenn das Gesetz genauso löchrig ist wie der Entwurf, wird sich an der Intransparenz der Verwaltung wenig ändern", sagte Prof. Dr. Edda Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands.
Nach dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen wird es für Verbraucher weiterhin praktisch ausgeschlossen sein, Informationen über rechtswidriges Verhalten von Unternehmen zu erhalten. Das Beispiel der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zeigt, dass das Informationsfreiheitsgesetz kaum greifen wird: So verfügt die BaFin zwar über Informationen zu Unternehmen, die Kapitalanleger durch bewusste Falschinformationen geschädigt haben. Dennoch dürfte die BaFin diese Informationen auch nach dem neuen Gesetz nicht veröffentlichen.
Dazu vzbv-Chefin Edda Müller: "Das Beispiel des Kapitalmarkts zeigt, wie widersinnig die Ausnahmen von der Informationspflicht sind. Im Kapitalmarkt geht es ja gerade darum, dass Unternehmen gegenüber Anlegern Informationspflichten haben. Wer dagegen verstößt, darf nicht noch durch Hinweis auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geschützt werden."
Der Entwurf für das Informationsfreiheitsgesetz sieht vor, dass jedermann einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen der Bundesbehörden erhält, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Die zahlreichen Ausnahmevorschriften lassen jedoch befürchten, dass es nicht zu einer signifikanten Erweiterung der Informationsrechte der Bürger kommen wird. So soll der Anspruch auf Informationszugang von vornherein nicht bestehen,
- wenn das Bekanntwerden der Information "nachteilige Auswirkungen" haben könnte auf Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden
- wenn es geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes zu beeinträchtigen.
- Zugang zu "Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen" darf nur gewährt werden, wenn der Betroffene eingewilligt hat.
In diesen und anderen Ausnahmefällen dürfen die Behörden nach der jetzigen Fassung den Informationszugang sogar verweigern, ohne die berechtigten Interessen des Antragstellers dabei berücksichtigen zu müssen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband fordert dagegen, dass eine konkrete Interessenabwägung im Gesetz vorgesehen wird, die dem Informationsanspruch des Einzelnen wirklich gerecht wird. "Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen darf nicht dazu führen, dass unlauteres oder rechtswidriges Verhalten von Unternehmen durch Behörden gedeckt wird," sagte Edda Müller.
Mogelpackungen: Auch die Länderbehörden schweigen
Das geplante Informationsfreiheitsgesetz soll nur für Bundesbehörden gelten. Die aus Verbrauchersicht wichtigsten Behörden sind jedoch Landesbehörden - Informationsfreiheitsgesetze auf Landesebene gibt es bislang allerdings nur in vier Bundesländern.
Das Beispiel der Mess- und Eichbehörden zeigt, dass die Kontrolltätigkeit bisher weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Zwar zeigt eine gerade veröffentlichte Statistik des Bundeswirtschaftsministeriums, dass es bundesweit weiterhin zu systematischen Unterfüllungen bei Lebensmittelverpackungen kommt. Nahezu unmöglich ist es jedoch, die Namen von Unternehmen zu erfahren, die Verbraucher durch zu gering befüllte Verpackungen prellen.
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