Bayerns Erzieherinnen im Abseits / Sigrid Hepting, Leiterin des Forums Kindertagestätten im BLLV, prangert Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz an / Es muss überarbeitet werden
(München) - Die Situation an bayerischen Kindertagesstätten droht sich dramatisch zu verschlechtern. Ursache ist das vor einem Jahr neu eingeführte Bayerische Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz (BayKiBiG). Die Erzieherinnen haben immer weniger Zeit, die z.B. für die Vorbereitung der Bildungsarbeit oder für Elterngespräche nötig wäre. Dem hohen Anspruch, den der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) stellt, können Erzieherinnen dabei nicht gerecht werden. Das ist, als hätte man einem Kunden einen Luxusschlitten versprochen, ohne ihm zu sagen, dass das Geld nur für einen Kleinwagen reicht, kommentierte die Leiterin des Forums Kindertagesstätten im Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV), Sigrid Hepting. Sie forderte die Staatsregierung auf, das umstrittene Gesetz den hohen Anforderungen, die der BEP stellt, anzupassen und entsprechend zu überarbeiten.
Mit der Kind- und Nutzungszeit bezogenen Förderung können die Träger meist nur noch die Zeit finanzieren, in der die Erzieherinnen mit den Kindern arbeiten, erklärte Hepting. Besuchsarme Zeiten, also Zeiten, in denen von der jeweiligen Einrichtung nur wenige Kinder betreut werden, können von den Erzieherinnen nicht mehr wie bisher für den Austausch mit Eltern, Schule und Nachbareinrichtungen, Therapeuten und Fachdiensten genutzt werden. Eine Erzieherin, die sich z.B. für die Sprachförderung von Kindern vorbereiten will, muss dies jetzt in ihrer Freizeit tun, kritisierte die Forumsleiterin.
Viele Erzieherinnen müssen neben der drastischen Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen auch noch massive finanzielle Einbußen hinnehmen. Die Arbeitsverträge werden mit dem neuen Gesetz je nach Buchungszeit und Kinderzahl gekürzt. Anstatt Erzieherinnen zu stärken, schwächt die Staatsregierung eine ganze Berufsgruppe. Die Leidtragenden sind nicht nur sie - viele Erzieherinnen sind inzwischen in ihrer Existenz gefährdet - sondern auch die Kinder, kritisierte Hepting. Dabei müsste jedem klar sein, welche Bedeutung dem elementaren Bildungsbereich zukommt. Je früher und individueller Kinder gefördert werden, umso besser ihre Zukunftschancen. Das neue Gesetz ist nichts anderes als ein Sparmodell, auch wenn die Familienministerin nicht müde wird, das Gegenteil zu behaupten.
Hepting stellte fest, dass der Verwaltungsaufwand zur Registrierung der individuellen Buchungszeiten für Leiterinnen immens angestiegen ist. In dieser Zeit sollten sie eigentlich bei den Kindern sein. Sie prangerte in diesem Zusammenhang auch an, dass Kindergartenleiterinnen grundsätzlich nicht für ihre Leitungstätigkeit vom Gruppendienst frei gestellt sind. Viele Leiterinnen arbeiten rund um die Uhr, um den Fortbestand ihrer Einrichtung zu sichern. Dass Bayerns Kindertagesstätten überhaupt noch so gut funktionieren, liegt am Einsatz und Engagement der Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen, denen es in erster Linie um die Kinder geht. Ihr Einsatz geht trotz schlechter Bezahlung weit über ihre Arbeitszeit hinaus.
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