Bayerns Staatsminister Erwin Huber fordert Doppelstrategie gegen Online-Piraterie
(Hamburg) - Vertreter der deutschen Musikindustrie haben die Politik zur Unterstützung im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet aufgefordert. Bei einem vom Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft und der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien initiierten Round-Table-Gespräch zum Thema "Musikrechte im digitalen Zeitalter" kritisierten die Vertreter der Musikwirtschaft am Donnerstag, den 31. August, in München insbesondere das mangelnde Unrechtsbewusstsein bei Urheberrechtsverletzungen im Internet.
Bayerns Staatsminister Erwin Huber sprach sich für eine "Doppelstrategie" aus, um das Raubkopieren im Netz zu unterbinden. Technische Schutzmechanismen müssten fortentwickelt, sowie "die rechtlichen Möglichkeiten konsequent ausgeschöpft werden", sagte Huber. "Musik genießt wie andere künstlerische Darbietungen den besonderen Schutz von Recht und Verfassung". Huber betonte gleichzeitig auch die Chancen, die sich für die Industrie aus dem Erfolg des neuen Mediums ergeben und forderte die Musikwirtschaft auf, "den Herausforderungen des Internets offensiv begegnen". "Dann werden sie genauso wie die Konsumenten von den Möglichkeiten des globalen Datennetzes profitieren", so Huber.
Der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft, Thomas M. Stein, warnte davor, dass durch illegale Praxis im Netz wirtschaftliche Fakten geschaffen werden könnten: Das Unternehmen Napster, mit der von ihm betriebenen sogenannten Internet-Tauschbörse strebe eine Kapitalisierung in einer Größenordnung wie die größten Musikkonzerne an, so der Vorsitzende der Geschäftsleitung von BMG Entertainment Germany. "Ein illegaler Vorgang darf nicht dazu führen, dass letztlich die legale Wirtschaft ausgekauft werden kann". Nach der Verabschiedung der EU-Richtlinie zum elektronischen Geschäftsverkehr und der bevorstehenden Verabschiedung der Urheberrechtsrichtlinie sei es nun von "überragender Bedeutung für den Medienstandort Deutschland, dass die neuen Richtlinien schnell und auf hohem Schutzniveau in deutsches Recht gegossen werden", so Stein.
Der Leiter der Abteilung Handels- und Wirtschaftsrecht im Bundesjustizministerium, Dr. Elmar Hucko wies darauf hin, dass die Gesetzgebung mit der technischen Entwicklung kaum noch Schritthalten könne. Zur Umsetzung der EU-Gesetzgebung sei jedoch der entsprechende Referentenentwurf vorbereitet, so dass nach Verabschiedung der Richtlinie zügig gehandelt werden könne. In wichtigen Einzelfragen, gerade zum Thema der privaten Vervielfältigung, bestehe noch Diskussionsbedarf.
Der FDP-Politiker Hans-Joachim Otto schätzte die Spielräume des Gesetzgebers insgesamt nicht sehr hoch ein: "Das Urhebergesetz kann da ein wenig helfen, aber nicht viel", meinte der kultur- und medienpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Otto empfahl der Musikindustrie, "sich an die Spitze der Bewegung zu setzen", den digitalen Vertrieb ihrer Produkte auszubauen, "und nicht weinerlich am Rande zu stehen". Ein Vorwurf, der von den Vertretern der Tonträgerfirmen entschieden zurückgewiesen wurde. "Wir stehen an der Spitze der Bewegung", so der Vorsitzender der Geschäftsführung des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft, Peter Zombik. Es sei jedoch schwierig "eine Tankstelle zu eröffnen, wenn links und rechts illegale Ölquellen sprudeln".
Auch der SPD-Medienexperte Jörg Tauss zeigte sich skeptisch gegenüber der Wirksamkeit von neuen Gesetzen gegen illegale Downloads im Netz. Das Problem liege vor allem in deren technischer Durchsetzbarkeit. Die Branche selbst müsse Mechanismen für den Kopierschutz, gleichsam "digitale Wegfahrsperren", entwickeln. "Die Lösung dieses Problems steht und fällt mit der Entwicklung digitaler Wasserzeichen", sagte der Vorsitzende des Bundestagsunterausschusses Neue Medien. "Allein mit Gesetzen kommen wir nicht mehr hinterher".
"Digitale Wasserzeichen und geschlossene Sicherungssysteme helfen dort nicht weiter, wo Dateien von bestehenden CDs kopiert und ins Netz gestellt werden," so darauf Dr. Martin Schaefer, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft. Ein technischer Ansatz, wie die Online-Piraterie von Deutschland aus eingedämmt werden könnte, ist nach Ansicht des Bundesverbandes Phono das von der Musikindustrie in Auftrag gegebene "Right Protection System" (RPS). Dieses System sei dem deutschen Grenzbeschlagnahmegesetz nachgebildet und daher eine geeignete Möglichkeit, nationales Recht im internationalem Medium durchzusetzen. Vereinfacht gesagt, sorgt die RPS-Software dafür, dass an den virtuellen Grenzübergängen Internetseiten mit illegalen Musikangeboten gesperrt werden. Grundlage dazu ist eine Negativliste mit den entsprechenden Dateiadressen, die, ständig aktualisiert, an sämtliche deutsche Access-Provider mit Auslandsleitungen überspielt werden müsse. "Wir befinden uns hier in entsprechenden Gesprächen mit den Providern", sagte Schaefer.
BLM-Präsident Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring wies auf die medienpolitische Kontexte hin, die die Fragen von Urheberrechtsverletzungen im Netz auf dem Gebiet der Musik haben. "Diese Fragen sind von einer Bedeutung, die weit über die Grenzen der Musikbranche hinausgeht" geht, sagte Ring. Letztlich gehe es um die Frage, wie überhaupt "Rechtsgrundsätze im Internet umgesetzt werden können". Hier könnten die "Erfahrungen der Musikbranche richtungsweisend sein für die gesamte Medienbranche", auch für noch weitaus komplexere Problemfelder wie Jugendschutz, Daten- und Verbraucherschutz im Netz.
Für den Musiker Frank Dostal, Mitglied des GEMA-Aufsichtsrates, hat das Problem der Musikpiraterie mehr als nur eine wirtschaftliche Dimension. Mit dem "Verfall des Urheberrechts" werde den Musikern ihre Lebensgrundlage entzogen. Nicht allein der Gewinn der großen Musikunternehmen sei in Gefahr, sondern "letztlich unsere kulturelle Identität".
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